Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Scholz zur Taurus-Debatte

Wo er recht hat, hat er recht, der Bundeskanzler.

Die Diskussion darüber, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Marschflugkörper überlassen sollte, kennt schon eine ganze Reihe von peinlichen Momenten. Doch wer trägt die Schuld daran? (.) Wenn diese Debatte an Lächerlichkeit nicht überboten werden kann, (.) dann müsste der Kanzler sich (.) zuerst selbst fragen, wie es so weit kommen konnte. (.) ohne die Unterstützung des gelernten Friedenswissenschaftlers an der Spitze der SPD-Fraktion wären Scholz' Tage als Kanzler gezählt. Und Mützenich will, die Meinungsumfragen im Blick, lieber über Verhandlungen mit Putin reden als darüber, "wo die Schrauben beim Taurus sitzen". Wer bloß hatte mit diesen lächerlichen technischen Fragen angefangen und behauptet, dass nur deutsche Soldaten wüssten, was man am Taurus wie drehen muss?.


«Stuttgarter Zeitung» zu Mützenich

Ein Motiv, das "Einfrieren" dieses unwillkommenen Krieges ins Spiel zu bringen, war womöglich auch das Kalkül, so dem billigen Pazifismus der Wagenknechte und deren rechtsradikaler Konkurrenz das Wasser abzugraben. Auch diese Absicht ist politisch opportun - die von Mützenich benannte Option ist es freilich nicht.

Friedenssehnsucht herrscht ja nicht nur in der SPD, auf ostdeutschen Marktplätzen und bei den politisch randständigen Kräften abseits der etablierten Parteien. Sicher denken die Ukrainer seit zwei Jahren an nichts anderes als daran, wie dieser Krieg beendet werden könnte. Freilich steht dabei mehr auf dem Spiel als das viele Geld, mit dem wir ihnen Waffen liefern und die eigene Bundeswehr aufrüsten. Es geht vor allem darum sicherzustellen, dass Putin am Ende nicht Europas Freiheit einfriert.


Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

«Frankfurter Rundschau» zu Bericht des Europarats über die wachsende soziale Spaltung

Auf den ersten Blick erscheint der Bericht des Europarat über die wachsende soziale Spaltung in Deutschland wie Kritik an der Ampelpolitik.

Der Kampf gegen Kinderarmut mangelhaft, die Anstrengung im Wohnungsbau ungenügend - so beschreibt es die Menschenrechtskommissarin. Doch der Bericht lässt sich auch anders lesen: als Rückenwind für Projekte, die sich die Koalitionsparteien auf die Fahnen geschrieben haben. Beispiel Kinderrechte: Die Koalition hat sich vorgenommen, diese Rechte im Grundgesetz zu verankern. Beispiel Wohnungsbau: Die Ampel plant einen "Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungslosigkeit", weil sie die steigende Zahl wohnungsloser Menschen als Herausforderung erkannt hat. Ihren Ankündigungen muss die Bundesregierung Taten folgen lassen. Insbesondere auf dem Wohnungsmarkt und beim Mietrecht muss sie sich engagieren und für mehr bezahlbare Unterkünfte sorgen. Es ist beschämend, wenn in einem reichen Land 600.000 Menschen pro Jahr zeitweise ohne Wohnung sind.


«Handelsblatt» zum fulminanten Aufstieg des Chipherstellers Nvidia

Nvidia zeigt wie unter dem Brennglas, welche Wucht KI entfalten kann.

Binnen weniger Monate hat sich eine Nischentechnologie für Computerspieler und Kryptowährungen zu einem der wichtigsten Werkzeuge der Tech-Welt gewandelt. Dieses Jahr wird Nvidia erstmals Samsung und Intel als umsatzstärkste Chiphersteller der Erde überholen. Der Siegeszug der KI und mithin der GPUs von Nvidia hat aber eine Schattenseite: Die leistungsstärksten Chips der Erde verbrauchen enorm viel Energie. Wenn alles so weitergeht wie bisher, schluckt die KI Ende des Jahrzehnts zehn Prozent der weltweiten Stromproduktion.


«WSJ»: Bidens «rote Linie» nährt Zweifel an Verlässlichkeit der USA

NEW YORK: Die USA erhöhen den Druck auf Israel, eine Bodenoffensive in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah zu unterlassen. Der Grund für die harte Kritik aus der US-Regierung liegt in der Innenpolitik, schreibt das «Wall Street Journal» am Dienstag:

«Was Henry Kissinger einst über Israel sagte - dass es keine Außenpolitik, sondern nur Innenpolitik betreibt - sagen die Israelis jetzt über die USA. Wie sonst lässt sich Bidens «rote Linie» in Bezug auf Rafah, die letzte Hochburg der Hamas, erklären? (...) Die Hamas in Rafah an der Macht zu lassen bedeutet, den Krieg zu verlieren. Die Hamas durch die Fatah zu ersetzen bedeutet, den Frieden zu verlieren. Das ist ein israelischer Konsens (...).

Israelische Regierungsvertreter sagen, dass das US-Militär versteht, dass Rafah fallen muss, aber Bidens Umfeld nicht. (...) Doch keine ihrer politischen Lösungen für den Gazastreifen kann erfolgreich sein, wenn die Hamas-Bataillone intakt bleiben. Es wird keine Politik geben, wenn die Hamas ihren palästinensischen Rivalen Kugeln in den Kopf jagen kann. (...) Hinter dem Gezanke dämmert in Israel die Erkenntnis, dass man sich vielleicht nicht auf die USA verlassen kann. (...) Im Moment setzen sich die Republikaner, die die Ukraine im Stich lassen würden, noch für Israel ein. Wird das für immer so sein?»


«Nesawissimaja»: Putin-Wahl zwischen Glückwunsch und Nichtanerkennung

MOSKAU: Zur Diskussion um den Sieg von Kremlchef Wladimir Putin bei der russischen Präsidentenwahl schreibt die Moskauer Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Dienstag:

«Putin hat 67 Millionen Stimmen erhalten von 112 Millionen Wählern. Was die «ausländischen Akteure» angeht, so begann der 18. März mit Erklärungen der EU-Führung über die bevorstehende Nichtanerkennung des Ergebnisses der russischen Wahl - also Putins - sowohl durch die gesamte Union als auch durch jedes einzelne Land. Inmitten der Glückwünsche der größten nichtwestlichen Mächte an den russischen Präsidenten äußerte sich Deutschland am negativsten und kündigte an, die Wahl nicht anzuerkennen. Auch einige osteuropäische Länder reagierten so, aber Frankreich hat bereits erklärt, dass es die Ergebnisse zur Kenntnis nimmt, obwohl es das Verfahren nicht für demokratisch und fair hält. Es scheint so, dass sich der Prozess der massiven Leugnung von Putins Sieg durch den Westen aus irgendeinem Grund verlangsamt. Vielleicht wird erst abgewartet, was die USA dazu sagen.»


«Kommersant»: Putin kann nun auch unpopuläre Entscheidungen treffen

MOSKAU: Zur Diskussion um den erklärten Sieg von Kremlchef Wladimir Putin bei der russischen Präsidentenwahl schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Dienstag:

«Das Rekordergebnis von Wladimir Putin bei der Präsidentschaftswahl ist das Ergebnis der anhaltenden öffentlichen Konsolidierung, die dem Staatschef die Möglichkeit gibt, alle Entscheidungen zu treffen, auch unpopuläre. (...) Obwohl einzelne EU-Staaten erklärten, dass sie die Ergebnisse der dreitägigen Abstimmung in Russland nicht anerkennen, sahen sie auf der Ebene der gesamten Gemeinschaft von einem solchen Schritt ab. Stattdessen bedauerte die EU die Abwesenheit von OSZE-Beobachtern bei der Wahl und betonte, dass der Prozess «unter starken Einschränkungen» stattgefunden habe. Moskau bezeichnete die europäischen Kommentare und Erklärungen als «absurd» und äußerte wiederum selbst Zweifel an der Existenz der Demokratie in der EU.»


«Nepszava»: Putin ist nur durch Putsch oder Bürgerkrieg zu beseitigen

BUDAPEST: Zu den Aussichten nach dem Wahlsieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin schreibt die linksliberale ungarische Tageszeitung «Nepszava» am Dienstag:

«Viele russische Analysen kommen - auch wenn sie einander widersprechen - zu dem Schluss, dass die Russen Angst vor dem Unbekannten haben, dass sie sich eher für das bekannte Übel entscheiden als für das Ungewisse. Dennoch muss die im Westen lebende Opposition durchhalten und eine Art Zukunftsvision präsentieren, ein gemeinsames Programm für eine Welt nach Putin, ohne Putin.

Diese Vision wird offensichtlich nicht das Volk erreichen, aber früher oder später doch jemanden aus Putins Umfeld. Dieses Regime kann nur durch einen Bürgerkrieg oder einen internen Putsch gestürzt werden. Die vielen seltsamen Todesfälle in den Reihen der Macht, die Zunahme der Zahl der Bleisärge, die Beschleunigung der Kriegswirtschaft auf Kosten des täglichen Bedarfs sind alles Faktoren, die diese 87,3 Prozent (der Wählerstimmen für Putin) untergraben. Die Frage ist nur, ob der Boden darunter friedlich zusammenbricht oder ob er explodiert.»


«La Stampa»: Idee von Demokratie ist auch in Autokratie stark

TURIN: Zur Präsidentenwahl in Russland und deren Bedeutung schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Dienstag:

«Es gibt auch eine gute Nachricht über den Wahltag am Sonntag in Moskau und im Rest des Landes: Die Tatsache, dass der Tag überhaupt stattfand, dass selbst in Form einer Farce Wahlen organisiert werden mussten. Und die Wahllokale öffneten, Kabinen eingerichtet, die Stimmzettel vorbereitet, die Wahlurnen gefüllt wurden. Kurzum, die Idee der Demokratie ist so stark, dass selbst ein Autokrat, dessen Macht auf Gewalt beruht, sich in einer Demokratie widerspiegeln muss, zumindest in der Fassade. (...) Wie man in Russland sehen kann, ist niemand, nicht einmal ein Zar, bereit zuzugeben, dass sein Recht nur auf Gewalt beruht. (...)

Aber die wirklich entscheidende Lehre aus der Wahl ist eine andere: Die Gefahr für die Demokratie geht nicht von Putin aus. Die wirkliche Bedrohung geht vielmehr von uns selbst aus, aus dem Herzen unserer Demokratien, die von Enthaltung und Verdrossenheit geplagt sind. Wenn nur die Hälfte der Wähler ihre Stimme abgibt, bleibt zwar die Legitimität ganz erhalten, aber das reale politische Gewicht wird halbiert und geht letztlich leer aus. Putin weiß das und stellt auf Biegen und Brechen Rekorde bei der Wahlbeteiligung auf. Wir haben das vergessen und lassen leider zu, dass das Spiel der Politik immer weiter schrumpft.»


«The Telegraph»: Putin wird Angriffe auf die Ukraine verstärken

LONDON: Zum weiteren Vorgehen Putins gegen die Ukraine nach seinem Wahlsieg meint der Londoner «Telegraph» am Dienstag:

«Putin hatte nie vor, die Macht abzugeben, und die aus der Wahl abgeleitete Scheinautorität ist eine besonders schlechte Nachricht für die Menschen in der Ukraine. Trotz des Mutes von Putin-Gegnern, die am Sonntagmittag an Mahnwachen teilnahmen, wird er dieses Ergebnis als Aufforderung interpretieren, die Militäraktionen in der Ukraine zu verstärken und zu versuchen, aus den von Russland besetzten Teilen des Landes auszubrechen.

Mehr als zwei Jahre sind vergangen, seit die Invasion dazu führen sollte, dass die Russen innerhalb weniger Tage in den Kiewer Cafés sitzen würden. Dann wurde von einigen erwartet, dass das klägliche militärische Scheitern ein schnelles Ende Putins herbeiführen würde. Doch viele Tausende von Opfern später ist er immer noch da, und nach der Zerschlagung jeglicher innerer Opposition wirkt er stärker denn je. Die beste Antwort auf diese Farce ist, dass sich die Nato uneingeschränkt hinter die Ukraine stellt und ihr die Waffen liefert, die sie braucht, um Putins Wahltriumph durch eine militärische Niederlage zu untergraben.»


«NZZ»: Putin hat Russland auf einen Irrweg geführt

ZÜRICH: Zur Zukunft Russlands nach dem Wahlsieg Putins schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Ob sich der heutige Kremlherr bis ins nächste Jahrzehnt halten kann, bleibt offen. Beantwortet ist für den Moment lediglich die Frage, ob sich das russische Regime personell von innen her erneuern kann oder nicht. Es gibt in der Logik des Regimes und seiner Profiteure keine Alternative zu Putin. (.) Die Stärke des Regimes ist jedoch nicht mit der Stärke Russlands zu verwechseln. Putin hat im Gegenteil sein Land auf einen Irrweg geführt, der es zunehmend schwächen wird. (.)

Im Zuge des Krieges ist Russlands Wirtschaftsmodell noch primitiver als früher geworden: Im Wesentlichen besteht es darin, Rohstoffe zu verkaufen und den Erlös in den Sicherheitsapparat und in Sozialtransfers zu stecken. Innovation ist damit kaum verbunden. Nicht zuletzt verschärft der Krieg mit seinen immensen Opfern die demografische Krise des Landes. All dies wird sich rächen und birgt den Keim für den Untergang des Regimes. Doch Irrwege können lange dauern. Noch kann sich Putin der Hoffnung hingeben, dass die Sintflut erst nach ihm kommt.»


«Die Presse» zur Signa-Pleite: mehr Geld und weniger Transparenz

WIEN: Bei einem Konkursverfahren im Fall des implodierten Immobilienimperiums Signa wäre die Aufklärung über etwaige Missstände einfacher gewesen als beim jetzt beschlossenen Treuhandverfahren, kommentiert die österreichische Zeitung «Die Presse»:

«Vereinfacht gesagt könnte man nun erklären, dass sich die Gläubiger für mehr Geld und weniger Transparenz ausgesprochen haben. Das ist auch ihr gutes Recht, schließlich sind sie die Geschädigten. Dennoch wäre es wichtig, trotz der nun gewählten Option weiterhin darauf zu achten, dass am Ende nicht nur der Schaden möglichst gering ausfällt, sondern auch, dass die Gründe für die rasante Implosion des Immobilienkonzerns ans Tageslicht kommen. Dabei geht es nicht nur darum, dass etwaige strafrechtlich relevante Verfehlungen auch geahndet werden, sondern vor allem auch darum, ähnlich gelagerte Fälle in der Zukunft bestmöglich zu vermeiden.»

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