Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Impfdebatte

Die Politik will nicht von Impfpflicht sprechen, weil sie nicht das Bild einer Corona-Herrschaft an die Wand malen will, in der hilflosen Bürgern mit Gewalt die Spritze gesetzt wird.

Doch davon kann keine Rede sein. Wohl aber werden Impf-gegner nicht auf Kosten der Allgemeinheit alle Freiheiten in Anspruch nehmen können. Wer überzeugen kann, braucht keinen Zwang. Die Bundesjustizministerin, die eine Impfpflicht rechtlich nicht für möglich hält, weist darauf hin, dass die Corona-Impfung noch nicht lange auf dem Markt sei. Wenn sie aber den Stoff für unsicher hält, sollte die Bundesregierung dafür auch nicht werben. Zum Schutz der Allgemeinheit sind drastische Einschränkungen erlaubt - wenn die Lage danach ist. Der Staat, vor allem jeder Einzelne, hat es selbst in der Hand, wie die Impfdebatte weiterläuft.


«Trud»: Biden kapituliert vor Nord Stream 2

SOFIA: Zur Einigung zwischen Deutschland und den USA im Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schreibt am Montag die bulgarische Zeitung «Trud»:

«Die USA haben in der Frage um Nord Stream 2 endgültig aufgegeben. Sie verpackten ihre Niederlage als «Deal» mit Deutschland, der eine Vielzahl Wunschbedingungen für einen möglichen Druck auf Russland umfasst, sollte es ihn als «Energiewaffe» missbrauchen. Einen Deal um Nord Stream 2 gibt es aber schon lange. Der ist zwischen Russland und Deutschland, aber auch zum Nutzen der anderen Staaten in Westeuropa. Es ist kein Zufall, dass ein Rohr bereits fertig ist und nur auf Zulassung zur Inbetriebnahme wartet. Nach der Kapitulation von (US-Präsident Joe) Biden wird das zweite innerhalb von Monaten gelegt werden.»


«de Volkskrant»: Ukraine fühlt sich betrogen

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Montag die Verständigung zwischen den USA und Deutschland zur Gaspipeline Nord Stream 2:

«Der deutsch-amerikanische Kompromiss zu Nord Stream 2 ist eine doppelt schlechte Nachricht. Präsident Biden, der China fest im Visier hat, beugt sich hier Berlin, weil er nach den verheerenden Trump-Jahren die Beziehungen zu diesem wichtigen europäischen Verbündeten wiederherstellen will. (...)

Russland hat offen gesagt, dass die Ukraine mit der Fertigstellung von Nord Stream 2 ihre Position als Durchleitungsland verlieren wird. Und der Kreml wird sich nun in der Vorstellung bestärkt fühlen, dass die Ukraine ein Hinterhof ist, in dem er sich frei austoben kann. Erst kürzlich leugnete Putin zum wiederholten Male das Existenzrecht der Ukraine indem er betonte, dass Russen und Ukrainer ein Volk seien.

Es gibt also allen Grund zur Sorge - auch wegen Deutschlands falsch ausgerichteter geopolitischer Antenne. Es ist ein Signal westlicher Schwäche, in dessen Folge sich die Ukraine, die bei den deutsch-amerikanischen Verhandlungen nicht mit am Tisch saß, zu Recht (und nicht zum ersten Mal) stark betrogen fühlt.»


«La Repubblica»: Illiberale Demokratie in Ungarn verwirklicht

ROM: Zum Verhältnis zwischen der EU und Ungarn schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Montag:

«Polen und Ungarn haben mit ihrem Veto den Haushalt der Europäischen Union und die 750 Milliarden des Recovery Funds mit dem unglaublichen Grund als Geisel genommen, dass die Unterstützung für einzelne Länder nicht an die Achtung der Rechtsstaatlichkeit gebunden sein sollten. Eine implizierte Forderung der Befreiung von den gemeinsamen Werten der Freiheit und eine ausdrückliche Weigerung, die wenigen Regeln zu respektieren, die die Länder der Union in demokratischen Werten verankern. Eine Erpressung, um eine tyrannische Lizenz zu erhalten und zu vermeiden, dass die europäische Regelung den täglich praktizierten Machtmissbrauch stört.

Heute fasst das Tauziehen um Grundrechte alle Elemente dieser Herausforderung zusammen und belebt sie neu. (...) Alle fragen sich, ob am Ende dieses Weges Orbans Bruch mit der EU stehen wird, um Ungarn als Mitgift in die antieuropäische Strategie von Moskau und Peking zu bringen (...). Aber zunächst müssen wir uns fragen, wie und bis zu welchem Punkt sich die EU zu verteidigen weiß. Denn darum geht es. Die von Putin theoretisierte «illiberale Demokratie» hat sich in Budapest bereits verwirklicht.


«NZZ»: Kubas Geheimdienst zieht Kontrollschrauben an

ZÜRICH: Zur Lage in Kuba schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Montag:

«Es wäre tollkühn, die Frage, ob die Proteste vom 11. Juli der Anfang vom Ende des Regimes waren, mit einem Ja zu beantworten. Seit 1959 wird der kubanischen Revolution ihr Untergang vorhergesagt. Mehr als sechzig Jahre und zahlreiche amerikanische Präsidenten später lebt sie noch immer. (...)

Kubas Wirtschaft mag am Rande des Kollapses stehen, sein Überwachungsapparat gehört jedoch bis heute zu den besten der Welt. Es ist davon auszugehen, dass dieser im Nachgang der Proteste die Kontrollschrauben weiter anziehen wird. Denn nur so ist das sozialistische Modell, aufrechtzuerhalten. Um sich dem Geheimdienst nicht auszusetzen, können Protestaktionen deshalb nur unorganisiert stattfinden.

Ohne koordinierten Widerstand wird es wiederum schwierig, dem Regime ernsthaft gefährlich zu werden. Denn nur Massenaufstände, die nicht mehr kontrollierbar sind, könnten es in die Knie zwingen. Damit die Machthaber von selber einen Wandel einläuten, müssten sie zunächst überhaupt anerkennen, dass die Revolution gescheitert ist. Davon sind sie noch immer weit entfernt.»


«Kommersant»: USA setzen auf Indien zur Rettung Afghanistans

MOSKAU: Zur Lage in Afghanistan nach dem US-Truppenabzug schreibt die russische Tageszeitung «Kommersant» am Montag:

«Die sich weiter aufheizende Lage in Afghanistan ist das Hauptthema einer Reise von US-Außenminister Antony Blinken, die am Montag beginnen sollte und ihn nach Indien und Kuwait führt. Vor dem Hintergrund der Taliban-Angriffe mobilisieren die USA nun ihre westlichen und östlichen Verbündeten, um die afghanische Regierung zu unterstützen und eine gewaltsame Machtübernahme durch die Taliban in Kabul verhindern. In der Region setzen die USA vor allem auf Indien, für das eine Rückkehr der aus dem verfeindeten Pakistan unterstützten Taliban die größte Bedrohung ist. Zur Rettung von Afghanistan setzen die USA auf Indien.»


«La Vanguardia»: Covid-19 wird endemisch

MADRID: Zum Anstieg der Corona-Infektionszahlen in vielen Ländern und der zum Teil hohen Zahl von Impfskeptikern schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Montag:

«Die Staaten müssen ihre Informationskampagnen verstärken, damit sich noch mehr Menschen impfen lassen. Das starke Ungleichgewicht bei Impfstoffen zwischen reichen Ländern, in denen es Überschuss gibt, und armen Ländern, in denen Mangel herrscht, verschiebt die Prognose der Weltgesundheitsorganisation für die weltweite Herdenimmunität auf 2023 oder sogar später. Bei jeder Impfkampagne wird zudem irgendwann ein Punkt erreicht, an dem die Herausforderung nicht nur darin besteht, Dosen zu produzieren und zu verabreichen, sondern die Menschen von der Notwendigkeit der Impfung zu überzeugen.

Bisher haben wir es nicht geschafft, genügend Impfstoffe nach Afrika, Asien und Lateinamerika zu bringen, und wir schaffen es auch nicht, alle Bürger von der Notwendigkeit von Impfungen zu überzeugen. Dieses doppelte Versagen macht es fast unmöglich, eine Herdenimmunität zu erreichen. Covid-19 ist also auf dem Weg, endemisch zu werden.»


«Tages-Anzeiger»: Superverdiener könnten ins All umziehen

ZÜRICH: Zu den Raumfahrtplänen der Milliardäre Richard Branson und Jeff Bezos heißt es am Montag im Zürcher «Tages-Anzeiger»:

«Die Rockefellers unserer Zeit, Richard Branson und Jeff Bezos, liefern sich gerade einen tragikomischen Wettstreit: nicht darum, wer den jeweils anderen, sondern wer sich selber als Erster ins Weltall schießt. Dagegen kann man eigentlich nichts haben, doch das Problem dabei ist: Sie kamen beide schon nach zehn Minuten wieder zurück, um hier auf Erden weiterhin daran zu arbeiten, dass dieser Planet in nicht allzu ferner Zeit kollabiert und für Menschen unbewohnbar wird.

Aus unternehmerischer Sicht ist das nur folgerichtig: Erst heizt man die Atmosphäre mit Trilliarden Amazon-Paketen und Raketentriebwerken ordentlich auf, und wenn es dann richtig ungemütlich wird, können sich ja die oberen 10.000 Superverdiener ins All absetzen, um dort ein paar neue Planeten oder auch nur frei fliegende Edelstahlstädte zu besiedeln. Spitzenplan!»


«De Tijd»: Impfung in aller Interesse

BRÜSSEL: Zur Debatte um eine Corona-Impfflicht meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Montag:

«Immer mehr europäische Länder machen die zweifache Impfung zum Kriterium für die Teilnahme am sozialen Leben. Damit wollen sie nicht nur die hochinfektiöse Delta-Variante eindämmen, sondern auch die Impfrate erhöhen. (...) Die Einführung eines Corona-Passes ist vertretbar, weil vollständig Geimpfte besser gegen das Virus geschützt sind und es auch viel weniger verbreiten. Es gibt eigentlich keinen Grund, sich nicht impfen zu lassen. Es sei denn, es bestehen schwerwiegende medizinische Einwände.

Dieses Virus hat die Welt schon ein paar Mal mit heimtückischen Mutationen unangenehm überrascht. In diesem Teil der Welt ist die Impfung kostenlos und reichlich vorhanden. Nur eine ausreichend geimpfte Bevölkerung wird zu Herdenimmunität führen. Solange diese nicht erreicht ist, werden unangenehme Maßnahmen notwendig bleiben. In unser aller Interesse.»


«Hospodarske noviny»: Biden schenkt Putin politischen Sieg

PRAG: Zur Einigung zwischen den USA und Deutschland im Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schreibt die tschechische Wirtschaftszeitung «Hospodarske noviny» am Montag:

«Man kann sich nur schwer gegen den Eindruck erwehren, dass sich wieder einmal die großen Staaten zulasten der kleinen Staaten auf etwas geeinigt haben. Die Gasleitung ist ein politisches Projekt, kein wirtschaftliches, wie die russische Regierung gern behauptet. Die Länder Mittelosteuropas und die Ukraine haben das berechtigte Gefühl, dass US-Präsident Joe Biden dem Kreml unter Wladimir Putin umsonst zu einem politischen Sieg verholfen hat. In den nächsten Jahrzehnten kann Russland nun seine Erdgaslieferungen als politische Waffe einsetzen, was es zweifellos auch tun wird.»


«Financial Times»: Irritation der EU über Briten verständlich

LONDON: Zum Streit zwischen Großbritannien und der EU um das Nordirland-Protokoll meint die Londoner «Financial Times» am Montag:

«Man kann der EU kaum verdenken, dass sie irritiert ist über den jüngsten britischen Versuch, das Nordirland-Protokoll ihres Brexit-Deals neu zu verhandeln. Dies ist ein Schlamassel, der komplett vom Premierminister verursacht wurde. Er hat den Brexit ohne Rücksicht auf die Folgen in der Provinz befürwortet und ohne zu bedenken, dass es die gemeinsame Mitgliedschaft in der EU war, die das Karfreitagsabkommen ermöglicht hat.

Sein neuester Schachzug ist die Forderung nach einer substanziellen Neuverhandlung des Abkommens unter Androhung der Aktivierung einer Bestimmung, die es Großbritannien erlaubt, einseitig bestimmte Schlüsselbestimmungen des Protokolls aufzugeben, sofern sie sich auf Warenkontrollen im Verkehr zwischen Großbritannien und Nordirland beziehen. Obwohl diese Drohung ernst genommen werden sollte, sind EU-Vertreter verständlicherweise nicht gewillt, das zu belohnen, was sie als Arglist einer Regierung ansehen, die versucht, ein Abkommen neu zu verhandeln, von dem sie sich wünscht, es nicht unterzeichnet zu haben.»


«Jyllands-Posten»: Ukraine jetzt in Nato aufnehmen

AARHUS: Die dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) kommentiert am Montag die deutsch-amerikanische Vereinbarung zur Gaspipeline Nord Stream 2:

««Realpolitik» ist eines der wenigen deutschen Wörter, die in die englische Sprache aufgenommen wurden. Falls jemand nach der Bedeutung fragt, kann die jüngst eingegangene Abmachung zwischen den USA und Deutschland über die Fertigstellung von Nord Stream 2 als anschauliches Beispiel dienen. Europa liefert Präsident Putin mit offenen Augen eine goldene Möglichkeit, die europäische Energieversorgung zu kontrollieren.

Energiepolitik ist mehr denn je auch Sicherheitspolitik, und das gilt nicht zuletzt für die Ukraine, die sich nun von der Einbindung in eine europäische Gemeinschaft verabschieden muss, für die die bisherige Gaslieferung durch die Ukraine ein Ausdruck war. Das Fazit des Nord-Stream-2-Deals ist nicht zuletzt, dass die Ukraine im Stich gelassen wird. Darauf gibt es zum Glück eine passende Antwort: Die Ukraine muss schnellstmöglich in die Nato aufgenommen werden.»


«Libération»: Auch Impfmobilisierung in Frankreich steigt weiter an

PARIS: In Frankreich waren am Samstag mehr als 160.000 Menschen auf der Straße, um gegen die Verschärfung von Corona-Regeln zu demonstrieren. Dazu schreibt die französische Tageszeitung «Libération» am Montag:

«Die Gewerkschaften können beim Anblick der Demonstrationszüge von Samstag neidisch werden. Sie wären oft überglücklich, mit nur einem Fingerschnippen so viele Menschen auf die Straße zu bringen. Jedoch muss man diese Mobilisierung mit der Zahl der Franzosen vergleichen, die am selben Tag losgezogen sind, um sich impfen zu lassen. Letztere waren doppelt so viele. Sie waren weniger laut, manchmal ein bisschen schmollend oder resigniert. Aber sie waren entschlossen, die Impfzahlen zu erhöhen. Das Ziel von 40 Millionen Franzosen, die mindestens eine Impfung erhalten haben, sollte heute überschritten werden.»


«Los Angeles Times»: Fehler im Corona-Krisenmanagement aufarbeiten

LOS ANGELES: Die fehlerhafte und unzureichende Reaktion der USA auf die Corona-Pandemie sollte nach Ansicht der «Los Angeles Times» von einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden:

«Amerikaner lieben die Erzählungen von spitzbübischen Helden, aber diese hier geht nicht gut aus. Eine Nation mit enormem Reichtum und Ressourcen wurde unerwartet und unvorbereitet von der schwersten gesundheitlichen Bedrohung in mehr als einem Jahrhundert erwischt. Und auch wenn die Geschichte sich weiter entwickelt und die Delta-Variante einen neuen Anstieg der Erkrankungen und Todesfälle bewirkt, müssen sich Präsident Biden und der Kongress nun zu einer ehrlichen und klarsichtigen Untersuchung der nationalen Antwort auf die Pandemie durchringen. Gemäßigte Demokraten im Kongress haben in einem Brief an die Vorsitzenden des Repräsentantenhauses und des Senats Anfang des Monats auf die Einsetzung eines unabhängigen parteiübergreifenden nationalen Ausschusses zur Covid-19-Reaktion gedrungen, nach dem Vorbild des 9/11-Ausschusses. (...) Der Zeitpunkt für eine solche Forderung mag unangemessen erscheinen, da ja die Führer im Kongress immer noch um die Zusammensetzung eines Ausschusses ringen, der die Unruhen am US-Kapitol vom 6. Januar untersuchen soll, aber es ist zwingend, dass die Arbeit jetzt beginnt, bevor die Dringlichkeit und die Erinnerung schwinden.»


«Die Presse»: Klimawandel wird in jedem Fall teuer

WIEN: Über die Folgen des Klimawandels schreibt die Wiener Zeitung «Die Presse»:

«Das große Problem des Klimawandels ist, dass es sich um eine extrem langsame Entwicklung handelt. Politik und Gesellschaft müssen daher wie bei einem Öltanker bereits zu einem Zeitpunkt am Ruder drehen, zu dem die Gefahr noch lang nicht in der Nähe ist. (...)

Keine guten Voraussetzungen für ein politisches System, das auf Wahlen in relativ kurzen Abständen beruht. Denn die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels werden ebenfalls in jedem Fall teuer. (...) Unter dem Strich bleibt, dass wir entweder für die Prävention oder für die Anpassung an Extremereignisse und die Beseitigung der Schäden zahlen werden müssen. Das heißt nun nicht, dass unter dem grünen Mäntelchen jedes Öko-Projekt finanziert werden muss. Im Zweifelsfalls ist es aber intelligenter, das Geld heute in die Hand zu nehmen.»

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