Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zu Verpflichtung Bruno Labbadias

Der VfB muss sich im Zusammenhang mit der Verpflichtung ein paar grundsätzliche Fragen stellen.

Auf dem eingeschlagenen Weg mit jungen Spielern, einem offensiven Spiel- und innovativen Trainingsansatz legt der Club eine 180-Grad-Kehrtwende hin. Um konkret zu werden: Labbadia und sein Gespann um Assistenztrainer Bernhard Trares werden ihren Fokus in der täglichen Trainingsarbeit wohl weniger auf den richtigen Winkel der Fußstellung beim Spannstoß legen. Sondern auf das, worauf es ihrer Meinung nach jetzt ankommt: der Mannschaft Beine zu machen. Der VfB muss sich bewusst sein, dass er mit der Verpflichtung des Bundesliga-Dauerbrenners Labbadia viele Prinzipien über Bord wirft und den eingeschlagenen sportlichen Kurs nur schwer wird halten können. Die nächste Kehrtwende wird womöglich nicht lange auf sich warten lassen.


«Berliner Morgenpost» zu Deutsche Bahn

Mehr als 300.000 Menschen sind für ihren Job zwischen Berlin und Brandenburg unterwegs.

Zuletzt hatte die Pendlerzahl laut Arbeitsagentur wieder zugenommen. Umso wichtiger ist es, dass das Verkehrsangebot nun nachzieht und die Kapazitäten in Regionalbahnen mit dem anstehenden Fahrplanwechsel deutlich ausgebaut werden. Die Deutsche Bahn und die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (Odeg) stehen jetzt vor einer großen Bewährungsprobe: Die erheblichen Ausweitungen im Fahrplan durch neue Linien oder dichtere Takte, dazu veränderte Aufteilungen der Linien zwischen den Verkehrsunternehmen bringen auch Herausforderungen mit sich. Die Verkehrsunternehmen müssen nun beweisen, dass sie den neuen Fahrplan stemmen können.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu EU-Aktionsplan für den Westbalkan

(...) Nicht nur der griechische Patient und der Balkan lassen die EU-Asylpolitik in Aktionspläne zerbröseln.

Die Härten an der EU-Außengrenze sind die Kehrseite der Großzügigkeit, mit der sich Kernstaaten wie Deutschland zu Magneten machen. Po-len, Ungarn und Österreich gehen ihre eigenen Wege, teils aus Überzeugung, teils aus Trotz. Auflösen ließe sich dieser Kno-ten nur, wenn die EU mit Nachbarn und Herkunftsländern stabi-le Abkommen über Anwerbung, Qualifizierung und Rückführungen schließen könnte. Dafür müsste in den Aktionsplänen der Kom-mission die Betonung aber nicht auf Aktion, sondern auf Plan liegen.


«Frankfurter Rundschau» zu Resultate von Umfragen zum Krieg in der Ukraine

Es ist eine ernüchternde Parallelität: Die Meldungen aus den Kriegsgebieten in der Ukraine werden dieser Tage schlimmer und schlimmer.

Russland nutzt den hereingebrochenen Winter und die Minusgrade in seinem einstigen «Bruderstaat», um dort weiter gezielt Strom- und Wärmeversorgung, Straßen und andere Infrastruktur zu zerstören. Zugleich, und das ist die ernüchternde Gegenbewegung, ergeben Umfragen in Europa, und auch in Deutschland, dass die Solidarität mit der Ukraine abnimmt. Schon warnen die Sozialforscher in den nächsten Monaten komme ein Stresstest für die Solidarität mit der Ukraine auf Deutschland zu. Vieles spricht aber dafür, dass wir das schaffen. Man kann das nur hoffen, denn dass die Ukrainerinnen und Ukrainer dem Wunsch entsprechen und sich doch noch ergeben, ist unwahrscheinlicher geworden, seit die Folter- und Vergewaltigungsberichte ihnen klargemacht haben, was sie unter russischer Besatzung zu befürchten haben.


«Münchner Merkur» zu Bundeswehr/Lambrecht

Der Ärger um den Kauf des Kampfjets F-35 entpuppt sich als Musterfall deutscher Dusseligkeit.

Erstens: Die deutsche und europäische Rüstungsindustrie versäumt, ein vergleichbares eigenes Kampfflugzeug zu entwickeln. Zweitens: Wir bestellen für zehn Milliarden Euro welche aus den USA, nur leider fehlt da im 13. Spiegelstrich eine Genehmigung im Instrumentenflug für deutschen Luftraum, und das wird leider auch nicht zeitnah zu klären sein. Drittens: Es wird alles teurer als gedacht. Viertens: Falls der Jet doch kommt, kriegen wir den Flugplatz nicht fertig. Sind ja nur noch vier Jahre Zeit! Kein Scherz. Sondern die Realität einer Rüstungspolitik, die in Kriegszeiten in Europa zum Sicherheitsrisiko wird. Zugrunde liegt nicht nur Geldmangel, sondern vor allem ein massives Struktur-, und schon auch ein Bräsigkeitsproblem.


«La Repubblica»: Ende der Sittenpolizei im Iran öffnet neues Kapitel

ROM: Zur Ankündigung des Generalstaatsanwalts im Iran schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Montag:

«Der Iran hat die Sittenpolizei abgeschafft. Die Ankündigung kam (...) von Generalstaatsanwalt Mohammed-Dschafar Montaseri in einer Rede in Ghom bei einem Treffen mit Geistlichen. Nach zwei Monaten Volksaufstand, 400 Toten und 14.000 inhaftierten Demonstranten stellt die Ankündigung den ersten Riss in der Mauer der iranischen Theokratie dar. Nun ist der Weg zur Abschaffung der Verschleierungspflicht frei (...).

Die Ankündigung des Generalstaatsanwalts schlägt ein neues Kapitel für das Regime der Ajatollahs auf, das nicht mehr in der Lage ist, sich des starken Wunsches nach Veränderung zu enthalten, der in vielen Bereichen der Gesellschaft auftaucht. «Frau, Leben, Freiheit» ist der tausendfach von Millionen von Demonstranten gerufene Spruch, der die gegenwartsfremden Mauern der Ajatollah-Diktatur zittern lässt und den Weg für einen Regimewechsel im Iran ebnen könnte.»


«The Telegraph»: Viele Iraner wollen eine andere Führung

LONDON: Der Londoner «Telegraph» kommentiert am Montag Berichte über die Auflösung der Sittenpolizei im Iran:

«Herrscher, die an absolute Macht gewöhnt sind, bieten solche Zugeständnisse nicht aus Wohlwollen an. Sie tun dies vielmehr, um den Volkszorn zu besänftigen und ihre eigene Macht zu sichern. Sollte sich die Auflösung der Sittenpolizei bestätigen, so müsste dies nicht unbedingt zu den Ergebnissen führen, die sich die Ajatollahs wünschen. Wenn die Demonstranten - angeführt von Frauen, von denen viele ihre Kopfbedeckung verbrannt haben - erst einmal einen Vorgeschmack auf die Freiheit bekommen, die sie so sehr ersehnen, könnten sie durchaus mehr verlangen, anstatt zufrieden nach Hause zu gehen.

Was diesen Aufstand von früheren Unruhen im Iran unterscheidet, ist, dass er klassen- und regionenübergreifend ist. Er ist weit verbreitet und bündelt etliche Frustrationen - hinsichtlich der Sitten, der Politik und der Wirtschaft. Beunruhigend für das Regime ist, dass viele Iraner offensichtlich zu dem Schluss kommen, dass es ihrem Land unter einer anderen Führung viel besser gehen würde.»


«El Mundo»: Kleiner demokratischer Triumph im Iran

MADRID: Zur angeblichen Auflösung der Sittenpolizei im Iran nach wochenlangen Massenprotesten gegen den Tod der jungen Mahsa Amini schreibt die spanische Zeitung «El Mundo» am Montag:

«Soziale Revolutionen können mit einer einfachen Geste beginnen. Aber eine einzige Geste wird nicht ausreichen, um die dringend notwendigen Veränderungen im Iran, dem Land mit einem der totalitärsten und korruptesten Regimes der Welt, herbeizuführen (...)

Die Auflösung dieser absurden Institution ist zwar eine gute Nachricht, aber es ist Vorsicht geboten. Man muss jetzt abwarten und sehen, wie sich die Ereignisse weiter entwickeln. Zwischen 200 und 448 Menschen haben bereits bei Protesten, die von der Regierung blutig niedergeschlagen wurden, ihr Leben verloren. Die Demonstranten fordern ein Ende der Theokratie. Und so weit wir wissen, bleiben die Vorschriften von 1983, die eine Bestrafung wegen eines falsch sitzenden Kopftuchs zulassen, noch in Kraft. Und man weiß, dass die Justiz weiter dafür sorgen wird, dass die Vorschriften eingehalten werden. Wir stehen vor einem kleinen demokratischen Triumph. Doch der Weg in die Freiheit ist im Iran noch lang.»


«De Standaard»: Europa geht ein kalkuliertes Risiko ein

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Montag die Ölsanktionen der EU und der G7 gegen Russland:

«Dies sind vielleicht die schärfsten Sanktionen, die bisher gegen Russland verhängt wurden. Europa geht ein kalkuliertes Risiko ein, um das Heft des Handelns wieder im Griff zu haben, ohne sich dabei noch mehr selbst zu schaden. Gleichwohl steht hier viel auf dem Spiel. Es ist ein Test, wie groß die weltweite Allianz tatsächlich ist, die helfen will, Putin in die Schranken zu weisen. (...)

Putin bleibt unberechenbar. Er hat bereits unter Beweis gestellt, dass er russische Interessen auf eigensinnige Weise wahrnimmt. Seine Marktmacht ist groß genug, um zum Beispiel eine Million Barrel Rohöl weniger auf den Markt zu bringen. Dann schießen die Preise in die Höhe und die geopolitischen Verhältnisse geraten ins Wanken. Die Spannungen in Europa nehmen dann weiter zu. (...)

Es gibt jedoch keine andere Wahl, als die Ölsanktionen fortzusetzen. Dass sie nicht härter wirken, mag bitter sein, entspricht aber den Realitäten. Die Annahme, dass die EU nun einen Weg gefunden hat, Putin zu treffen, ohne selbst Schaden zu nehmen, ist allerdings optimistisch. Wer den Kampf aufnehmen will, muss sich trauen, mutig zu sein. So wie die Ukrainer es vormachen.»


«Svenska Dagbladet»: Großbritannien mit voller Fahrt in die Krise

STOCKHOLM: Die konservative schwedische Tageszeitung «Svenska Dagbladet» (Stockholm) meint zur Lage der britischen Wirtschaft:

«Der britische Weg aus der EU 2016 war gepflastert mit Nationalismus und der Sehnsucht nach dem verlorenen Imperium. Leider hat Boris Johnsons Versprechen, den Brexit zu vollenden, zum schlechtesten möglichen Ergebnis geführt. Es gibt bis heute nichts, was auf eine kraftvolle britische Wirtschaftsstrategie hindeutet, die der Margaret Thatchers und ihres Finanzministers Nigel Lawson ähnelt. Es wird erwartet, dass der politische Nach-Brexit-Kampf heftiger wird. Aber für einen grundlegenden Kurswechsel fehlt es in beiden großen Parteien an Unterstützung. Mit Vollgas in eine sich verschärfende Krise hinein - das scheint daher wieder der Weg für «Europas kranken Mann» zu sein.»


«DNA»: Auflösung der Sittenpolizei nur Trick

PARIS: Zur angekündigten Auflösung der iranischen Sittenpolizei schreibt die ostfranzösische Regionalzeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace» am Montag:

«An solchen Entscheidungen merkt man, dass einem Regime die Luft ausgeht. Kein Rückzieher, nein, nicht einmal eine Flucht nach vorn, sondern ein erster Verzicht, der das erste Zeichen der Schwäche einer Macht ist, die nie anders als mit Gewalt zu reagieren wusste. Wenn sie bestätigt wird, markiert die Auflösung der «Sittenpolizei» (...) einen bedeutenden Wandel in der Strategie der iranischen Junta, die mit einem Volksaufstand konfrontiert ist, der alles von einer Revolution hat. (...)

Doch die Ankündigung, die Sittenpolizei aufzulösen, täuscht niemanden. Sie ist ein Trick, ein Sündenbock, der in einigen Wochen oder Monaten wieder unter einem anderen Namen aktiviert wird. Denn die Unterdrückung und Beherrschung der Frau sind Teil des Fundaments des Regimes. Doch davon wollen die Demonstranten nichts mehr wissen. Dieses «Zugeständnis» ist unzureichend, um die Millionen Iraner, die sich mutig über die Sicherheitskräfte und Milizen hinwegsetzen, um auf die Straße zu gehen. Es braucht mehr. Es braucht alles oder das Volk muss beseitigt werden.»


«Washington Post»: Xi nicht der einzige relevante Akteur in China

WASHINGTON: Über die größte Protestwelle in China seit Jahrzehnten und die neue Generation von Dissidenten schreibt die «Washington Post»:

«Die Demonstranten, die sich am Abend des 26. November in Shanghai versammelten, waren meist in ihren 20ern, geboren nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989. Ihre Sprechchöre auf der Straße waren kühn. (...) Dies ist nicht normal für China und könnte ein Hinweis auf eine neue Generation von Dissidenten sein, die bereit ist, die Grenzen des mächtigen chinesischen Polizeistaates auszutesten. Sie stehen vor beängstigenden Hindernissen. (...)

Dennoch deuten die Ereignisse des letzten Monats darauf hin, dass die Welt Xi und die Kommunistische Partei nicht als die einzigen relevanten Akteure in China betrachten sollte. Auch das Volk hat Wege gefunden, sich mit Nachdruck zu Wort zu melden, was darauf hindeutet, dass staatliche Unterdrückung Dissens und Meinungsverschiedenheiten nicht auslöschen kann, genauso wenig, wie die Null-Covid-Strategie Covid-19 auslöschen kann - sie kann sie nur vertuschen, bis ein Funke den Volkszorn entfacht. Es wäre klug, wenn Xi ausnahmsweise zuhören würde, anstatt zu bestrafen.»


«Der Standard»: Auflösung der Sittenpolizei als Spaltungsversuch

WIEN: Die angebliche Auflösung der Sittenpolizei im Iran als Entgegenkommen für die Demonstranten kommentiert die Wiener Zeitung «Der Standard»:

«Es sind noch genug andere da, der ganze Sicherheitsapparat und das Freiwilligenheer, aus dem sich die Moralwächter rekrutieren. Und vor allem bleibt das Prinzip bestehen, das zu den Grundpfeilern des Systems gehört: die Durchsetzung der «islamischen Moral». (...) Man kann davon ausgehen, dass der aktuelle Schritt nicht allen im Regime recht sein wird. Ein Konkurrenzverhältnis zwischen Justiz und anderen Instanzen, die für die Moral der Bevölkerung zuständig sein wollen, gibt es auch. Den jungen Menschen vermeintlich etwas entgegenkommen zu wollen, ist auch ein Versuch, einen Keil zwischen sie und andere Gruppen zu treiben, die sich aus anderen Gründen den Demonstrationen angeschlossen haben. Es wird nicht gelingen.»

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