Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Freitag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Samstag

«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu CDU und dem Ergebins der Briefwahl vom Parteitag

Dass die CDU ...

gezwungen war, ihren Parteitag in digitaler Form abzuhalten, erweist sich immer mehr als ein Segen ... Mit dem nahezu pannenfreien Verlauf hat sie digitale Kompetenz belegen können. Auch der Zwang, der digitalen Abstimmung eine Briefwahl folgen zu lassen, führte zu keinem Unglück, ganz im Gegenteil. Dass nun mehr als achtzig Prozent für Laschet stimmten, ist gut für den neuen Vorsitzenden und gut für die Partei. Dieses sehr respektable Ergebnis zeigt, wie groß der Wille in der CDU ist, den auf allen Seiten ergangenen Aufruf zur Geschlossenheit zu befolgen. ... Die CDU hat Ruh - erst einmal. In ein paar Wochen aber wird schon wieder abgestimmt, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Mindestens bis da-hin sollte der Burgfrieden halten. Und wer weiß: Vielleicht gehen auch diese Wahlen besser aus als gedacht.


«Frankfurter Rundschau» zu Debatte über offene EU-Grenzen trotz Corona

Zwar mag Einigkeit darüber bestehen, den Binnenmarkt offen zu halten, damit Lieferketten nicht unterbrochen werden.

Auch Pendler sollen es nicht mehr so schwer haben wie im vergangenen Jahr, zu ihren Arbeitsplätzen im Nachbarland zu gelangen. Doch der große Rest der Europäerinnen und Europäer wird sich noch lange gedulden müssen. Denn eine Langfriststrategie für das Reisen in Corona-Zeiten haben die EU-Staaten nach wie vor nicht. Belgien denkt darüber nach, nicht unbedingt notwendige Reisen vorläufig ganz zu verbieten. Frankreich macht von Sonntag an negative Tests zur Bedingung für die Einreise. Und schließlich mag auch die Bundesregierung nicht ausschließen, dass es wieder zu Grenzkontrollen kommt. Natürlich ist die Pandemie ein Stresstest für die Solidarität unter den EU-Staaten. Natürlich ist die mögliche Verbreitung hochansteckender Virusmutationen eine zusätzliche Belastung. Dennoch: Koordiniertes Handeln sieht anders aus.


«Münchner Merkur» zu sinkenden Inzidenzzahlen

Nach einem Jahr Pandemie brauchen die Menschen ein wenig Hoffnung! Schon klar: Wir müssen weiter vorsichtig bleiben.

Doch wichtig ist auch: Wenn die Zahlen weiter sinken, muss über vorsichtige Öffnungen gesprochen werden. Vereinsamung, psychische Probleme, Fettleibigkeit und Alkoholismus tauchen in keiner RKI-Statistik auf. Doch die Politik darf die heftigen Nebenwirkungen der radikalen Virologen-Therapie nicht übersehen.


«Lidove noviny»: Reagiert Deutschland hysterisch?

PRAG: Zur Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie könne Grenzkontrollen zu den Nachbarländern wegen der Corona-Pandemie im Notfall nicht ausschließen, schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Freitag:

«Über die Deutschen sagt man bei uns, dass sie manchmal einer Herdenmentalität oder Hysterie verfallen. Manch einer dürfte auch die aktuellen deutschen Befürchtungen vor der Ausbreitung des Coronavirus und insbesondere seiner neuen Varianten in diese Schublade schieben. Berlin könnte Tschechien bald zum Hochrisikogebiet erklären und insbesondere den grenzüberschreitenden Berufspendlern das Leben mit noch mehr Tests und Kontrollen versauern.

Interessant ist, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst mit der Möglichkeit von Grenzkontrollen droht. Normalerweise sind die Rollen so verteilt, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder den bösen Polizisten spielt und Merkel die Gutmütige. Doch man muss sich fragen: Wenn die Inzidenzwerte in beiden Staaten umgekehrt verteilt wären, würde man bei uns in Tschechien Überlegungen zu neuen Grenzkontrollen dann auch für Hysterie halten?»


«Wall Street Journal»: Auch Gewalt von Links hart bestrafen

NEW YORK: Gewalttätige Proteste linker Demonstranten in zwei US-Städten trotz des Aufrufs des neuen Präsidenten Joe Biden zur Einheit kommentiert das «Wall Street Journal» am Freitag:

«Präsident Trump ist nicht mehr im Amt, doch Frieden und Harmonie sind nicht über das Land gekommen. Linke Randalierer tobten am Mittwoch in den Straßen von Portland (US-Bundesstaat Oregon) und Seattle (US-Bundesstaat Washington), ungeachtet Joe Bidens Appell zur Einheit.

Die Randalierer in beiden Städten identifizierten sich als Anarchisten oder Antifa-Mitglieder, die behaupteten, gegen Rassismus, Faschismus und Polizeigewalt zu protestieren. Als sie jedoch ein Bundesgericht und ein Hauptquartier der Demokraten beschädigten, griffen sie die Justiz und die demokratischen Institutionen an. (...)

Die Staatsanwälte wollen zu Recht diejenigen auf der rechten Seite so streng wie möglich bestrafen, die das Kapitol am 6. Januar gestürmt haben. Gleiches sollte für diejenigen auf der linken Seite gelten, die am Mittwoch Chaos angerichtet haben. Wenn politische Gewalt toleriert wird, breitet sie sich unweigerlich aus.»


«L'Alsace»: Die EU kann in der Pandemie nicht viel ausrichten

MÜLHAUSEN: Über den Corona-Gipfel der EU- Staats- und Regierungschefs schreibt die ostfranzösische Regionalzeitung «L'Alsace» am Freitag:

«Der EU-Gipfel, der diesen Donnerstag zwischen den 27 Staats- und Regierungschefs stattgefunden hat, hatte zum Ziel, einen Konsens für die Koordination im Kampf gegen die Pandemie zu finden. Dieser wird auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert: Einschränkung des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs oder die Beschleunigung der Impfung (...) sind die zentralen Themen.

In Wahrheit handelt jedes EU-Land seit fast einem Jahr nach den Dringlichkeiten des Moments und damit unkoordiniert. Die Interessen und Umstände unterscheiden sich je nach Land und kein europäisches Oberhaupt ist in der Lage, den anderen diese oder jene Maßnahme aufzuzwingen. Während man auf die Wirkung der Impfung wartet, wird die EU also in den Hintergrund gedrängt, dazu verdammt, ihre Stimme zu erheben, ohne darauf hoffen zu können, gehört zu werden.»


«Guardian»: Britisch-amerikanische Beziehungen müssen erneuert werden

LONDON: Der Londoner «Guardian» kommentiert am Freitag die britisch-amerikanischen Beziehungen nach dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden:

«Über Jahrzehnte neigten britische Politiker dazu, die Bedeutung Großbritanniens für die USA zu übertreiben. Premierminister Boris Johnson, ein unverbesserlicher Wahrheitsverdreher, ist genauso. Die erforderliche Bescheidenheit hinsichtlich dessen, was realistischerweise in der Ära nach Donald Trump machbar ist, wird ihm nicht leicht fallen. (...)

Dies muss eine Phase des Wiederaufbaus der britisch-amerikanischen Beziehungen sein. Nach den zurückliegenden vier Jahren ist keines der beiden Länder in einer Position, um anderen Predigten über demokratische Institutionen und Werte zu halten. Die USA haben eben erst einen potenziellen Coup mit dem Ziel der Aufhebung eines Wahlergebnisses überlebt, der von einem bedeutenden Teil ihrer Bürger unterstützt wurde. Und Großbritannien hat erst kürzlich Abstand genommen von der Drohung, seinen Willen in den Beziehungen zu Europa durchzusetzen, indem es internationales Recht bricht.»


«La Repubblica»: Mythos von Trumps Wirtschaftserfolg lebt weiter

ROM: Zum Erbe des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» aus Rom am Freitag:

«Die USA und die Welt haben einen Alptraum hinter sich gelassen. Dennoch denken viele Amerikaner weiter, dass Trump mindestens eines richtig gemacht hat: Wenn Covid-19 nicht zugeschlagen hätte, wäre die US-Wirtschaft in den Himmel geschossen. Für viele eine Bestätigung, dass zum Steuern der Wirtschaft ein erfolgreicher Unternehmer besser geeignet ist als ein professioneller Politiker. (...) Warum also dieser Mythos von Trumps wirtschaftlichem Erfolg?

Wahrscheinlich, weil die Börsen mit der Realwirtschaft verwechselt werden. Die US-Indizes explodierten während der gesamten Amtszeit Trumps: Die (technologielastige) Nasdaq stieg um 140 Prozent, fast doppelt so viel wie in Obamas zweiter Amtszeit; im gleichen Zeitraum stieg die Frankfurter Börse um 20 Prozent, der Euro-Stoxx-50-Index europäischer Aktien um 10 Prozent. (...) Wenn wir in den vergangenen Jahren eines gelernt haben, ist es, dass die Börsen weitgehend unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung sind. (...) Darüber hinaus ist für die überwiegende Mehrheit der Amerikaner irrelevant, was an der Wall Street passiert: 84 Prozent des Aktienwertes gehören den reichsten 10 Prozent der Bevölkerung.»


«Jyllands-Posten»: Italien macht es sich selbst schwer

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) kommentiert am Freitag die von Ministerpräsident Giuseppe Conte im italienischen Senat überstandenen Vertrauensabstimmung:

«Die ohnehin schon hart geprüften Italiener müssen extra hart in den Mundschutz beißen, den Atem anhalten und hoffen, dass das Chaos, das sich derzeit im Parlament von Rom abspielt, bald ein Ende hat. Wenn die Instabilität eine Neuwahl auslöst, würde sie zum annähernd schlechtesten Zeitpunkt kommen. Italien ist immer noch stark von der Coronapandemie betroffen, und es wurde noch kein Plan verabschiedet, wie das Geld aus dem EU-Hilfsfonds verwendet werden soll. (...) Wenn Giuseppe Conte keine etablierte Mehrheit erhält, könnte dies dramatische Folgen nicht nur für Italien, sondern auch für Europa haben.»


«Kommersant»: Scharfe Resolution gegen Russland

MOSKAU: Zu den drohenden neuen EU-Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny schreibt die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» am Freitag:

«Der Fall von Alexej Nawalny wurde außer der Reihe behandelt auf dem Gipfel der EU zum Coronavirus am Donnerstag. Radikale Schritte ergriffen die Chefs zunächst nicht, weil die grundlegende Diskussion der Vertreter der EU-Staaten dazu am Montag geplant ist, wenn in Brüssel die Außenminister der 27 EU-Staaten zusammenkommen. Gleichwohl dringt das Europaparlament auf entschlossene Handlungen.

Am Donnerstag beschlossen die Abgeordneten mit überwältigender Mehrheit eine scharfe Resolution, in der sie auch den Stopp der Ostseepipeline Nord Stream 2 fordern. Und sie verlangen, Sanktionen zu erlassen gegen russische Oligarchen, die dem «Regime» nahestehen, sowie gegen das Umfeld von Präsident Wladimir Putin.

Die Europäische Union hat sich also einer Ausweitung der Strafmaßnahmen gegen Russland angenähert (...) Die EU-Abgeordneten riefen außerdem dazu auf, dass der russische Oppositionelle Alexej Nawalny freigelassen wird und das Verhältnis zu Russland insgesamt auf den Prüfstand kommt.»


«NZZ»: Atomvertrag bringt mehr Schaden als Nutzen

ZÜRICH: Der umstrittene Vertrag zum Verbot von Atomwaffen ist in Kraft getreten. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Freitag:

«Für die kernwaffenfreien Länder, gerade in Europa, könnte es verlockend sein, mit einem Beitritt zum Verbotsvertrag wenigstens «ein Zeichen zu setzen». Doch dies hieße, vor der sicherheitspolitischen Realität auf unserem Kontinent die Augen zu verschliessen. Die europäischen Nato-Länder können dies nicht tun, da sie in die transatlantische Sicherheitsarchitektur eingebunden sind. Diese beruht letztlich auf der nuklear abgestützten Sicherheitsgarantie der USA. Aber auch die Neutralen wären gut beraten, nicht aus der Reihe zu tanzen. (...)

Wer allen Ernstes einen Beitritt fordert, sollte zuerst erklären, welchem Interesse es dient, wenn Europa sich von Atomwaffen lossagt, während im Osten ein feindselig auftretendes Russland mit immer neuen Raketen auftrumpft. Hier zeigt sich ein weiterer Konstruktionsfehler dieses Vertrages: Die moralisierende Kampagne der Befürworter erreicht in erster Linie die offenen Gesellschaften des Westens. Die Autokratien unter den Atommächten sind dagegen jedoch immun. Sie können gelassen zusehen, wie der Westen seinen sicherheitspolitischen Konsens zu verlieren droht.»


«El País»: Strenge Anti-Corona-Maßnahmen, bevor es zu spät ist

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» befasst sich in einem Kommentar am Freitag mit der kritischen Corona-Lage im Land:

«Daten zu Inzidenz und Krankenhauseinweisungen deuten darauf hin, dass sich die Pandemiesituation in Spanien weiter verschlechtert. Die am Donnerstag gemeldeten 44.000 Neuinfektionen sind ein weiterer trauriger Tagesrekord. Angesichts dieser kritischen Lage haben mehrere Regionen neue Beschränkungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten angeordnet. Neun von ihnen fordern von der Regierung eine Änderung dieses Rahmens, um nächtliche Ausgangssperren ausweiten zu können, und einige erwägen sogar noch weitergehende Ausgangsbeschränkungen auch tagsüber. Die Zentralregierung hat diese Forderungen zurückgewiesen und gefordert, die vorhandenen Möglichkeiten erstmal auszuschöpfen und auf die Ergebnisse zu warten. Das ist eine riskante Wette.

Wie die Daten zeigen, verbessert sich die Situation aber nicht. Daher erscheint es notwendig, neue Einschränkungen anzuordnen, die eine schnellere Eindämmung der Pandemie ermöglichen und einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems vermeiden. Zudem zwingt die Ausbreitung der britischen Corona-Variante in unserem Land, die viel ansteckender ist, zu noch mehr Entschlossenheit.»


«de Volkskrant»: Europa darf keine Geschäfte mit Autokraten machen

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Freitag die Beziehungen des Westens zu Russland:

«Dass russische Oligarchen - oft Freunde des Präsidenten Wladimir Putin aus dessen KGB-Zeiten - ebenso wie ihr aus Korruption stammendes Geld in Europa weiterhin willkommen sind, wundert (den Kreml-Kritiker Alexej) Nawalny. Tatsache ist, dass der Westen in gewisser Weise längst Anteilseigner der Kleptokratie im Kreml und dessen Umfeld geworden ist.

Von dem gerade gewählten neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, der während der russischen Annexion der Krim 2014 einen «Anti-Putin-Populismus» kritisierte, ist kein Kurswechsel zu erwarten. (...) Der Hang, sich rauszuhalten, ist verständlich, aber das ist keine Strategie in Zeiten der machtpolitischen Konkurrenz. Europa wird in diesem Jahrhundert seine Position nicht aufrechterhalten, wenn es weiter blindlings Geschäfte mit autokratischen Regimen macht. Man sollte nicht versuchen, Beschwichtigungspolitik als Realpolitik zu verkaufen.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.