Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu "Letzte Generation"

(.) Eine "Letzte Generation", die sich an die Gesetze hält, können sich die Aktivisten vermutlich selbst nicht mehr vorstellen.

Entsprechend reagierten sie auf die Hausdurchsuchungen am Dienstag. In ihrer Stellungnahme verwendete die Gruppe nicht besonders viel Mühe darauf, den Tatvorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zu entkräften. Stattdessen prangerte sie die Hausdurchsuchungen als überzogen an. Doch dafür, dass das Agieren der Ermittler tatsächlich unverhältnismäßig war, lieferten die Aktivisten keine plausiblen Argumente. Ihre pauschale Behauptung, der Staat wolle sie "mundtot" machen, ist realitätsfern. Kein staatlicher Akteur verbietet der "Letzten Generation", sich an der Klimadebatte zu beteiligen. Wer aber meint, nur durch Straftaten überzeugen zu können, nimmt sich selbst aus dem Diskurs.


«Stuttgarter Zeitung» zur Razzia gegen die Klimaaktivisten

Nach putschbereiten "Reichsbürgern" haben nun die Klimadesperados der "Letzten Generation" Besuch von der Polizei bekommen.

Recht und Gesetz gelten für alle gleich, ob sie den Aufstand proben oder den Weltuntergang mit illegalen Methoden zu verhindern suchen. Die zufällige Ähnlichkeit der beiden Ereignisse sollte aber nicht zu falschen Schlüssen führen - im einen Fall wurden Waffen beschlagnahmt, im anderen Handys und Plakate. So abwegig es ist, die braune Prinzengarde zu verharmlosen, so verwegen wäre es, Sabotageakte rechtfertigen zu wollen, nur weil die Tatverdächtigen ein hehres Motiv reklamieren. Anschläge auf eine Raffinerie haben mit "zivilem Ungehorsam" nichts mehr zu tun - auch wenn man das nicht gleich zu Taten einer "grünen RAF" stilisieren muss. So verständlich die Beweggründe der "Letzten Generation" sein mögen - wenn sie sich von Linksextremisten kapern lässt oder sich deren Methoden bedient, diskreditiert sie ihr eigentlich berechtigtes Anliegen.


«Lidove noviny»: Harry und Meghan gehören zu privilegierter Kaste

PRAG: Zur neuen Netflix-Dokumentation über Harry und Meghan knapp drei Jahre nach ihrem Bruch mit dem britischen Königshaus schreibt die Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Dienstag:

«Die Telenovela «Harry und Meghan», mit der Netflix seine Zuschauer in der Vorweihnachtszeit beglückt, ist ein vielsagendes Dokument über eine privilegierte Schicht von Menschen. Diese Leute hatten in ihrem Leben niemals ernsthafte Sorgen und glauben dennoch, dass sie ungeheuer leiden mussten und Erniedrigungen ausgesetzt waren. Es wirkt fast komisch, dass sich dieses Paar so scharf gegenüber der britischen Königsfamilie abgrenzt und diese des Rassismus, der Indoktrination und der Manipulation beschuldigt. Dabei ist der einzige Grund, warum sich überhaupt jemand für Harry und Meghan interessiert, dass sie zu dieser Kaste gehören. (...) Die Netflix-Doku ist ein Beispiel dafür, mit was für inhaltsleeren und nutzlosen Dingen wir uns - manchmal sogar mit Freude - befassen, statt die wirklichen Probleme unseres Planeten zu lösen.»


«Financial Times»: EU muss Achtung des Rechts gewährleisten

LONDON: Zum Korruptionsskandal im EU-Parlament meint die Londoner «Financial Times» am Dienstag:

«Das Problem ist, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments zwar gerne andere kontrollieren, aber auch weitgehend für ihre eigene Kontrolle verantwortlich sind. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) kann Korruptionsverdachtsfälle, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Spesen der Europaparlamentarier, untersuchen, die Beweise aber nur an nationale Staatsanwälte weiterleiten, die dann über weitere Maßnahmen entscheiden. Die ausgesprochen laxen Vorschriften für die Offenlegung von Vermögenswerten und Lobbyinteressen müssen verschärft und mit angemessenen Möglichkeiten der Durchsetzung untermauert werden. (...)

Die Achtung des Rechts ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger für das Selbstverständnis der EU geworden, während sie versucht, Rückschritten bei der Demokratie innerhalb der Union entgegenzuwirken und sich zugleich mit einem revisionistischen Russland in unmittelbarer Nähe ihrer Grenzen konfrontiert sieht. Wenn sie andere zur Rechenschaft ziehen will, muss die EU zeigen, dass sie dies auch mit ihren eigenen Institutionen und allen, die in ihnen arbeiten, tun kann.»


«de Volkskrant»: Das Regime im Iran schlägt hart zurück

AMSTERDAM: Zu den Protesten im Iran meint die niederländische Zeitung «de Volkskrant» am Dienstag:

«Angesichts der Proteste gegen das iranische Regime fällt es schwer, sich nicht von einem vorsichtigen Gefühl des Optimismus beeinflussen zu lassen. (...) Doch das Regime bleibt hart und schlägt brutal zurück. Auf Demonstranten wird scharf geschossen, Tausende sitzen im Gefängnis. Zwei Demonstranten sind bereits hingerichtet worden, und es wird eine ganze Welle von Hinrichtungen befürchtet.

Das Regime mag einige Risse aufweisen, aber der harte Kern ist geeint. Hunderttausende von Mitgliedern der Revolutionsgarden (eine eng mit der Wirtschaft verflochtene Elitetruppe) werden das System verteidigen, dem sie alles verdanken.

Niemand sollte also mit einem schnellen Umbruch rechnen, auch wenn die vorsichtige Hoffnung besteht, dass die Proteste schließlich zu einem Wandel führen könnten. Der Widerspruch zwischen den Hardlinern an der Regierungsspitze und den Überzeugungen derjenigen, die sich ihnen entgegenstellen, wird mit jeder Verhaftung und jedem Toten deutlicher.»


«NZZ»: Orban wird «Katar-Gate» für sich ausschlachten

ZÜRICH: Zum Korruptionsskandal im Europaparlament meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Im EU-Politikbetrieb ist an Normalität nicht zu denken. Abgeordnete rätseln, ob die Ermittlungen noch weitere Kreise ziehen werden. Wen könnte das Emirat noch mit Geld und Geschenken bezirzt haben? (...) Tatsächlich geht in Europa wohl niemand sonst so scharf mit den Korrupten und Semi-Autoritären, den Orbans und Kaczynskis dieser Welt ins Gericht wie die einzigen gewählten Volksvertreter der EU.

Seit Jahren machen sie sich dafür stark, dass die Gewaltenteilung funktioniert und europäische Mittel nicht in dunklen Kanälen verschwinden; stolz haben sie dafür während der Pandemie den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus auf den Weg gebracht. Räumt Orban nicht mit der Günstlingswirtschaft im eigenen Land auf, so das Prinzip, droht Brüssel, die Milliardenhilfen einzubehalten. Derzeit steuern Ungarn und die EU in genau dieser Frage auf einen Showdown zu.

Dass nun Ungarns Regierungschef das «Katar-Gate» ausschlachten wird, liegt auf der Hand. Warum aber sollte man annehmen, dass dies nicht auch alle anderen Skeptiker des europäischen Projekts tun werden? Die Europaabgeordneten wären jetzt gut beraten, schleunigst ihr Haus in Ordnung zu bringen - und vor allem von ihrem hohen Ross abzusteigen. Die schlichte Wahrheit ist, dass sich Geld überall Einfluss erkauft.»


«El País»: «Reichsbürger» alles andere als harmlos

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Dienstag die Gefahren für die Demokratie durch «Reichsbürger»:

«Die Ausbreitung radikalisierter und antidemokratischer Gruppen in Demokratien ist beunruhigend. Obwohl die Verschwörung der Reichsbürger operettenhaft anmutet, mit bombastischen Titeln und Pässen eines imaginären Reiches, halten die deutsche Polizei und Geheimdienste sie für hochgefährlich. Nicht nur wegen ihrer antisemitischen Ideen und Sympathien für den Nationalsozialismus, sondern wegen der Putschpläne, die die Ermordung von Politikern, den Angriff auf demokratische Institutionen und die Abschaffung der Republik zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches vorsahen.

Der Anführer der Putschisten stammt aus einer Adelsfamilie, seine Ideen und Sprache aber gehören zum anti-elitären Populismus einer radikalisierten, rassistischen und fremdenfeindlichen extremen Rechten. Dabei handelt es sich nicht um eine kleine Gruppe harmloser Verschwörer, sondern um ein breites Netzwerk. Die Sympathien dieser Kreise für (Russlands Präsident) Wladimir Putin sind Teil der langen Tradition der Affinität zwischen dem Autoritarismus der deutschen Rechten und dem Zarismus und machen auf die Fragilität der Demokratie sogar in solchen Ländern aufmerksam, in denen sie fest verankert ist.»

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