Versalzen

Nimm keine dreimal Geschiedene zur Frau

Es waren einmal zwei Eheleute. Lange Zeit hatten sie zusammengelebt, so dass sich viele Kinder schon um sie geschart.

Der Mann war ein Murrkopf und schwierig dazu. War seine Suppe zum Beispiel nur ein wenig stärker gewürzt, so schimpfte und schalt er drauflos, und es war kein Ende.

Eines Tages hatte die Frau Fischcurry bereitet. Versehentlich hatte sie ein wenig zuviel von der würzigen Fischsosse beigemischt. Dadurch war der Curry ziemlich scharf geworden. Als der Mann gekostet, schimpfte er los:

„Was bist du für ein Mensch! Nicht hinunter zu würgen ist deine Kost fast an jedem Tag. Wer kann so etwas schlucken Es ist zum Verrücktwerden!” Die Frau konnte die ewigen Vorwürfe nicht mehr ertragen. Sie erwiderte:

„Nur ein ganz klein wenig würziger als sonst ist das Essen ausgefallen, und das verzeihst du mir nicht! Wer kann es dir schon recht machen Wenn du etwas essen möchtest, was dir schmeckt, dann mach’ es dir doch alleine. Den ganzen Tag muss ich mir deine Vorwürfe anhören. Ich kann tun, was ich will, nichts ist dir recht. Arbeiten muss ich für dich, bis ich umfalle vor Müdigkeit.”

Der Mann wurde zornig. Er schrie: „Oey, morgen bin ich der Koch, du wirst schon sehen!”

Die Frau war gespannt. Sie wollte wissen, wie ihr Mann es anstellen würde, eine Mahlzeit fertig zu bringen. Am nächsten Tag ging der Mann tatsächlich als erstes auf den nahen Markt und kaufte ein Huhn. Von der Arbeit kam er zeitig heim und sputete sich, den Reis zu garen und die Zutaten zu richten. Das würde ein Curry werden, sagte er zu sich selbst, so schmackhaft wie noch nie. Als die Mahlzeit fast fertig war, fiel ihm ein, dass er das Gewürzpuder vergessen. Er eilte aus dem Haus, um im Kaufladen in der Nähe zu besorgen, was ihm fehlte.

Während seiner Abwesenheit, ging die Frau ins Küchenhaus und raspelte ein gutes Stück von dem Korken ab, mit dem die Flasche mit der scharfen Sosse verschlossen. Mit dem Rest des Stopfens korkte sie die Flasche wieder zu. Dann kehrte sie ins Wohnhaus zurück und setzte ihre Hausarbeit fort.

Der Mann hatte das Gewürzpulver bekommen. Er streute es über die Mahlzeit im Topf und schmeckte sie dann ab. Es schien ihm, dass der Curry noch immer etwas nüchtern war. Um den Geschmack noch ein wenig zu verfeinern, wollte er ein paar Tropfen Würzsosse hinzufügen. Er nahm die Flasche, drehte sie, und indem er den Inhalt darin ein wenig schüttelte, löste sich der Verschluss, und die Sosse ergoss sich in den Currytopf. Die Flasche war so gut wie leer.

Zur Essenszeit ging ihm die Frau zur Hand und trug die Mahlzeit auf. Sie kostete von dem Curry und schrie auf:

„Was ist denn das Wer es schluckt, dem zerreisst es das Gedärm!”

Der Mann schämte sich. Mit belegter Stimme brachte er hervor: „Das ist mir gründlich missraten. Versalzen ist unsere Speise und ungeniessbar. Darüber brauchen wir kein Wort mehr zu verlieren.”


Die Alten haben gesagt: Wenn eine Frau schon dreimal geschieden ist, dann nimm sie dir ja nicht ins Haus – sie ist genau so schlimm wie ein Mann, der schon dreimal Mönch war und jedes Mal aus dem Kloster floh. Solche Leute zu Freunden zu haben bringt Unglück, sie vergällen dir das Leben.

Es war einmal ein Mann. Der hiess In. Er glaubte nicht, was die Alten gesagt. Er liess sich mit einer Frau trauen, die schon zuvor dreimal verheiratet und dreimal geschieden worden war.

Eines Tages ging In hin und stahl dem Fürsten der Stadt seinen Lieblingsschwan aus dem Gatter und gab ihn seiner Frau. „Ich habe”, sprach er zu ihr, “den Schwan unseres Herrn gestohlen. Mach schnell und bereite uns daraus ein Mahl!” Das sagte In, um das Herz seiner Frau zu prüfen. Sie aber war faul und nachlässig genug, dass In ihr das Fleisch eines Huhnes unterschieben konnte, das er geschlachtet hatte, um den Schwan zu schonen. Den nahm er und verbarg ihn, damit seine Frau ihn nicht sah.

Der Fürst verspürte grossen Kummer, als er erfuhr, dass sein Schwan entführt worden war. Er liess in der ganzen Stadt verkünden: Wenn jemand von dem Raub etwas gesehen habe und wisse, so solle er kommen. Er werde mit Gold reich belohnt. Der Dieb aber müsse hängen im Angesicht der ganzen Stadt. Die Frau empfand in ihrem Herzen nichts als Habgier und dachte an die Güte ihres Mannes nicht. Sie eilte aus dem Haus und wollte dem Fürsten der Stadt alles sagen, denn nach nichts andrem als der Belohnung in Gold stand ihr der Sinn:

„Der Mann deiner Sklavin ist ein Dieb, er hat deinen edelgeborenen Schwan gestohlen”, so würde sie sprechen. Aber sie kam nur bis zur Palastwache, und den Wachsoldaten vertraute sie sich an, damit sie ihren Mann ergriffen und zu Tode brächten. Die Wache verhaftete In und schleppte ihn vor den Fürsten. Der Herrscher befahl, dass der Schwanenräuber ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen sollte, und herrschte ihn an: „Du hast meinen Schwan geholt und ihn als Braten verschlungen nicht wahr”

„Nein, Hoheit, ich habe nur das Herz meiner Frau prüfen wollen, um zu sehen, ob die Alten recht haben, wenn sie davor warnen, eine dreimal Geschiedene zu heiraten. Was den Schwanenfürsten meines Herrn angeht, so ist es ihm wohlergangen, er lebt und gedeiht. Ich Sklave des Erleuchteten habe ihn in einen Käfig gesetzt und aufs Beste für ihn gesorgt. Sogleich will ich ihn herführen, oh heiliger Herr!”

Gesagt – getan. Der Herr der Stadt aber liess seine Wachsoldaten die Frau holen und zu Tode bringen, denn in ihrem schönen Leib wohnte ein böses Herz.

Diese Geschichte offenbart eine Lehre: Habgier macht das Auge blind, Charakterschwächen zu heilen ist schwer.


Unsere Dorfgeschichten sind dem hübsch illustrierten Buch „Der Reiche und das Waisenkind“ entnommen, herausgegeben von Christian Velder (Foto). Der deutsche Philologe mit Wohnsitz in Chiang Mai hat über viele Jahre thailändische Volkserzählungen übersetzt und gesammelt. Das Buch mit 120 Geschichten kostet 680 Baht. Velders Buch „Der Richter Hase und seine Gefährten“ enthält reich illustrierte Volkserzählungen. Der kleine und zerbrechliche Hase gilt in Südostasien als ein Tier von Klugheit und List. Das Buch kostet 480 Baht. Beide Bücher sind in Pattaya erhältlich in den Buchläden DK an der Soi Post Office und der Central Road, in den Bookazine-Geschäften in der Royal Garden Plaza und im Central Festival Center/Big C, bei Amigo Tailor an der Soi Diamond, im Restaurant Braustube an der Naklua Road sowie in der FARANG-Geschäftsstelle an der Thepprasit Road.

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