Trump, der Jude unter den Politikern?

 Foto: Orlando Bellini / Fotolia.com
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Henryk M. Broder bezeichnet Donald Trump als arme Sau und vergleicht sein Schicksal als Politiker mit dem der Juden. Was immer er macht, es ist falsch. Organisiert er ein Treffen mit dem Diktator Nordkoreas, wird er kritisiert. Stellt er das Treffen in Frage, verweigert er sich dem Dialog. Broder erinnert das an Ressentiments gegen Juden, die ebenfalls nichts richtig machen konnten: Wenn sie reich waren, waren sie Ausbeuter, wenn sie arm waren, waren sie Parasiten; wenn sie Patrioten waren, wollten sie sich nur einschleichen, wenn sie keine waren, waren sie Landesverräter, usw.

Wahl als Betriebsunfall?

Aber wie sieht Trumps Bilanz 18 Monate nach seiner Wahl nun wirklich aus? Fest steht, er hat es tatsächlich schwer. Der Politikbetrieb hat seine Wahl als Betriebsunfall eingeordnet, und es scheint, seine Staatenlenker-Kollegen tun das, was sie immer tun, und versuchen das Thema einfach auszusitzen. Nur: Trump könnte sie erneut überraschen, indem er die anstehenden Zwischenwahlen in den USA für sich entscheidet und eventuell sogar als Präsident bei der nächsten Wahl wiedergewählt wird.

Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Er ist auf der einen Seite – für die allermeisten zumindest – ein unsympathischer Angeber, der mit seinen erratischen Tweets die Welt in Atem hält und zum Kopfschütteln bringt, auf der anderen Seite hingegen, ist sein Erfolgsrezept banal einfach: Er hält, was er im Wahlkampf versprochen hat. Wer bereit ist, sich seine Politik vorurteilsfrei anzusehen, kommt genau zu diesem Schluss. Trump liberalisiert mit einer Vielzahl von Dekreten die amerikanische Wirtschaft. Auch der Rückzug aus dem Klimaschutzabkommen war ein Wahlversprechen. Richtig oder falsch, steht freilich auf einem anderen Blatt. Seine große Steuerreform war ein Erfolg. Firmen können nunmehr Investitionen innerhalb von fünf Jahren abschreiben und die Repatriierung von Unternehmensgewinnen wurde deutlich erleichtert. Dies alles hat die Börse mächtig befeuert und die Kurse deutlich steigen lassen. Die Marktkapitalisierung hat sich um Billionenbeträge erhöht, was für eine Vielzahl von Amerikanern, die für ihre Altersversorgung auf Aktien setzen, zumindest einen gefühlten beträchtlichen Wohlstandsschub bedeutet.

Auch außenpolitisch hat Trump Erfolge vorzuweisen. Der Präsident kann sich beispielweise den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS) auf die Fahne schreiben. Die halbherzigen Aktionen eines Präsidenten Obama vermochten dies nicht zu erreichen. Trump ist ein Präsident, der handelt. Ein weiteres Paradebeispiel ist die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und die entsprechende Verlegung der Botschaft. Der US-Kongress hat schon 1995 ein entsprechendes Gesetz beschlossen, zu dem sich alle Präsidenten verbal lautstark bekannten, dessen Umsetzung allerdings alle sechs Monate auf Wunsch der jeweiligen Präsidenten ausgesetzt wurde. Jüngstes Beispiel ist das oben bereits genannte Treffen mit dem Diktator aus Nordkorea vor wenigen Tagen. Ergebnis ist immerhin eine Vereinbarung, welche die komplette Denuklearisierung Nordkoreas zum Inhalt hat. Seine politischen Gegner meckern freilich auch daran rum, fest steht aber, dass sich vor Trump kein Präsident der USA auch nur mit dem Diktator Nordkoreas getroffen hat.

Auch wenn es gerade in Europa den wenigsten passt, steht fest, Trump gewinnt bei all seinen menschlichen Schwächen Profil und etabliert sich zunehmend als Macher.

In Europa werden die Politiker diese Lektion noch lernen müssen. Die Wahlen in Italien vor einigen Wochen zeigen bei allen Unterschieden zu den USA, dass die Wählerinnen und Wähler auch dort nicht mehr bereit sind, den etablierten Politikbetrieb einfach weiterwursteln zu lassen. Aus deutschsprachiger Sicht häufen sich die Einschläge und kommen immer näher. Der Austritt Großbritanniens aus der EU, die Spaltung der EU in Ost und West, das völlige Versagen der EU in der Flüchtlingsfrage sowie die wirtschaftliche Dauerkrise mit hoher Jugendarbeitslosigkeit im Süden der Union, seien nur als Beispiele genannt. Vielleicht wendet sich ja doch noch alles zum Guten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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aurel aurelis 25.06.18 10:50
ok
Der Beitrag ist fast so wie "Sag beim Torschuss leise bravo!"
Jürgen Franke 24.06.18 17:10
Wieder einmal eine Analyse, der man
vorbehaltlos zustimmen wird, sofern man die Vorgänge aufmerksam verfolgt. Trump macht das, was er im Wahlkampf angekündigt hat und die Wähler, überwiegend im mittleren Westen der USA, haben ihn dafür gewählt. Bereits seine Antrittsrede war vor einer beispiellosen Offenheit.