Umzingelt von Wirklichkeit

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Robert Habeck, der deutsche Klimaschutzminister, hat das Problem der deutschen Regierung und speziell der Grünen Partei in der Abschiedssendung von Anne Will auf den Punkt gebracht: Wenn er sagt, wir sind „umzingelt von Wirklichkeit“, kann er einem fast leidtun, denn sein Staunen wirkt nicht gespielt.

Die Lage in Deutschland Ende 2023 ist eine hausgemachte Herausforderung. Während sich für die Menschheitsfamilie insgesamt Pessimismus und Optimismus die Waage halten und viele Länder geschickt ihren Einfluss in der Welt im gegenwärtig krisenbelasteten Umfeld erhöhen, scheint Europa und vor allem Deutschland auf dem Holzweg. Bedrückend mit anzusehen, wie die feministische Außenministerin Baerbock in Dubai Zeugin der Geburt einer globalen Atom-Allianz wird, und wie so nebenbei der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen relativiert wird. Alles auf einer Weltklimakonferenz in der Wüste, bei der Deutschland am ersten Tag 100 Millionen Euro abgeliefert hat, ansonsten abgesehen von Standortförderung durch eine aufgeblasene Delegation auch hätte daheimbleiben können. Erfolge werden anders organisiert.

Grüne Träume platzen im Stundentakt

Träume der Grünen Partei scheinen aktuell im Stundentakt zu platzen. Besonders bitter rächt sich die bewusste Falsch-Etikettierung politischer Projekte sowie die versuchte Aufhebung der Kategorien „Falsch“ und „Richtig“ zugunsten von „Gut“ und „Böse“. Die kranken Ziele der aktuellen Regierung erkennt man am besten an ihren Taten, nicht an den Worten, die Wirtschaftswunder oder blühende Landschaften 2.0. versprechen.

So verpflichtet beispielsweise das neue Energieeffizienz-Gesetz Behörden, energieintensive Unternehmen und Rechenzentren, mehr Energie zu sparen. Denn Klimaschutz und Energiewende können angeblich nur erfolgreich sein, wenn der Energieverbrauch dauerhaft sinkt. Das Gesetz ist am 18. November 2023, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, in Kraft getreten. Leider ist schon der Name ein Schwindel, da es nicht Energieeffizienz, sondern Energieverbrauch regelt. Für Deutschland soll der Verbrauch bis 2030 im Vergleich zu 2008 um knapp 27 Prozent gesenkt werden. Diese Politik kostet weitere Zigtausende gutbezahlter Arbeitsplätze in Deutschland und ist am Ende kaum umsetzbar. Genauso still und leise hat die Regierung vor kurzem die Wegzugbesteuerung drastisch verschärft. Nach der neuen Rechtslage ist die dauerhafte Stundung abgeschafft. Die bis jetzt geltende Differenzierung zwischen einem Wegzug innerhalb der EU/EWR und einem Drittland wird aufgegeben. Die Steuer wird künftig in allen Fällen grundsätzlich sofort erhoben. Auch hier kann man sich nur wundern, denn diese Politik reduziert Investitionen in Deutschland. Wer noch etwas Zeit hat und seinen Ruhestand im Ausland plant, wird sich dreimal überlegen in Deutschland zu investieren, falls es Alternativen gibt.

Neue starke Branchen gesucht

Wie dramatisch unwissend oder verlogen unsere Regierenden sind (man sollte beispielsweise Habeck und Scholz hier nicht in einen Topf werfen), zeigt sich, wenn vom Aufbau neuer Industrien noch in diesem Jahrzehnt gesprochen wird. Als könnte ein Land seine Stärken beliebig wechseln wie Unterwäsche. Richtig ist zwar, dass man auch ohne eine starke Industrie blendend leben kann wie viele Länder auf dieser Welt beweisen, offensichtlich falsch ist jedoch die Annahme, dass sich neue starke Branchen auf Knopfdruck innerhalb weniger Jahre schaffen lassen.

Abstieg immer deutlicher sichtbar

Weltweit sieht es für 2024 nicht schlecht aus. Eine Eskalation der aktuellen großen Konflikte ist Gott sei Dank weniger wahrscheinlich als noch vor einigen Monaten und sowohl die USA als auch die BRICS- Staaten inklusive der Staaten, die im Januar dort beitreten, können mit 2023 im Großen und Ganzen zufrieden sein. Deutschland im Gegensatz steht deutlich schlechter da als vor einem Jahr. Der Abstieg wird in immer mehr Bereichen sichtbar.

Außerdem: Um weiteren Wohlstandsverlust langfristig zu verhindern, müsste Politik endlich auch das Thema Bildungspolitik mit Priorität angehen. Es ist für die gegenwärtige Misere bezeichnend, dass die katastrophalen Pisa-Ergebnisse deutscher Schüler die Verantwortlichen nicht wirklich inte­ressieren. Fast noch wichtiger ist aber die jetzt endlich von der CDU auf die Tagesordnung gesetzte Reform des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Wähler und Wählerinnen können die Wirklichkeit besser begreifen, wenn sie nicht wie seit Jahren einseitig manipuliert, sondern ausgewogen informiert werden.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hong Kong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting Haus und ist seit 2016 als Chairman einer der ältesten digitalen Marketingagenturen in Südostasien tätig. Feedback zum Gastbeitrag per E-Mail erwünscht!

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