Neue Regeln müssen her

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Der gesamte Westen und vor allem Deutschland befinden sich in einer tiefen Krise. Wer durch Bahnhofsviertel beispielsweise in Hamburg oder Frankfurt am Main läuft, sieht sinnbildlich menschliches Elend in Gestalt von meist drogensüchtigen Obdachlosen. Seit einigen Wochen demonstrieren Landwirte und

Mittelständler gegen die Politik der Ampelregierung, die wiederum ihre verbleibenden Anhänger mobilisiert, um gegen Rechts zu demonstrieren und damit auch gegen die parlamentarische Opposition. Man bekommt das Gefühl, da befindet sich gerade etwas in Auflösung, während den Menschen von den meisten Medien erzählt wird, es ginge darum, die Demokratie zu retten. Wie konnte es so weit kommen?

Seit Kanzler Schröder gab es keine Strukturreform mehr. Alles blieb, wie es war, und die meisten Menschen waren mit den Merkel-Regierungen zufrieden und wollten von der Politik eigentlich nur in Ruhe gelassen werden. Besonders Eliten und Besserverdienende. Dies funktionierte bis 2018 prima, als Brüssel anfing, Regeln zu machen, die der deutschen Industrie – besonders im Automobilbereich – bis heute nachhaltig schaden. Ab 2020 hat Covid die Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft noch verstärkt. Kaum schien Covid überwunden, begann der Krieg in der Ukraine, und plötzlich war abstrakt klar, diese Entwicklung wird dramatische Folgen haben.

Friedensarmee nicht kriegstauglich

Deutschland muss wieder kriegstauglich werden verkündete Verteidigungsminister Pistorius letztes Jahr. Er kommt konkret aber nicht richtig voran, da schon kleine Veränderungen Widerstände – beispielweise beim Personalrat – auslösen. Das gesamte Regelwerk ist für eine Friedensarmee gemacht. Wenn wir nicht im Klein-Klein steckenbleiben wollen, brauchen wir andere Regeln. Regeln, die dem Verteidigungsminister auch die Chance geben, seine Ziele zu erreichen. Eins ist sicher: Putins Russland rüstet derzeit massiv auf und macht aus seinen imperialen Gelüsten kein Geheimnis. Sollte die Ukraine nicht standhalten, dürfte der Eroberungsfeldzug weitergehen. Gleichzeitig muss damit gerechnet werden, dass in zehn Monaten Donald Trump wieder zum Präsidenten der USA gewählt wird, der wenig Neigung zeigt, Europa zu verteidigen und vor einigen Tagen in Las Vegas ganz offen die Beistandsklausel der Nato in Frage gestellt hat. Wer jetzt nicht begreift, dass Nazis in Deutschland nicht das Hauptproblem in Zukunft sein werden, dem ist nicht mehr zu helfen.

Bürokratieabbau mit der Nagelschere

Fast amüsant im Vergleich sind die Vorstellungen der Regierung zum Thema Bürokratieabbau. Beispiele: Das Kabinett möchte steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen von 10 Jahren auf 8 Jahre verkürzen oder die Meldepflicht für deutsche Staatsbürger in Hotels abschaffen. Alles Operationen mit der Nagelschere, während die Bürokratie insgesamt munter weiterwächst. Es fehlt der Mut, das gesamte bürokratische Regelwerk auf den Prüfstand zu stellen. Die Bevölkerung hat das verstanden, die Regierung offensichtlich noch nicht.

Geldabflüsse so hoch wie nie zuvor

Wenn es um die zukünftige Richtung der Politik geht, wird es schwieriger. Rainer Dulger, Arbeitgeberpräsident, und andere mahnen zwar aus ihrer Sicht zurecht an, die Ampel müsse ein überzeugendes Konzept für Wirtschaftswachstum vorlegen, übersehen oder ignorieren allerdings die offen geäußerten Pläne des Wirtschaftsministers. Sein Ministerium und er selbst lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, allgemeines Wachstum sei nicht erwünscht. Auch die hohen Strompreise sind nicht gottgegeben, sondern politisch gewollt. Besonders wegen unzureichender Berichterstattung der Staatsmedien sind sich zu viele Deutsche nicht bewusst, was es bedeutet, wenn der aktuell gravierende Kapitalabfluss aus Deutschland anhält. Tückisch dabei ist, die Folgen zeigen sich nicht schlagartig, lassen sich dafür nach Erkenntnisgewinn allerdings auch nicht schlagartig korrigieren. Weg ist dann erst einmal weg und generiert Wohlstand woanders auf der Welt. Aktuell sind die Geldabflüsse aus Deutschland so hoch wie nie. Nicht nur China und die USA freuen sich, sondern auch Länder wie Thailand oder Malaysia, die bei Durchschnittstemperaturen um die 30 Grad alles tun, um Industrie anzulocken. Penang ist ein Paradebeispiel. Dem deutschen Sonderweg, bei Durchschnittstemperaturen um die 10 Grad, wirklich alles andere dem „Klimaschutz“ unterzuordnen, folgt kein Land der Erde. Auch in diesem Bereich bedarf es neuer Regeln und Ansätze, wenn Deutschland nicht aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen möchte.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hong Kong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting Haus und ist seit 2016 als Chairman einer der ältesten digitalen Marketingagenturen in Südostasien tätig. Feedback zum Gastbeitrag per E-Mail erwünscht!

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