BUKAREST: In Rumänien ist der für Macho-Sprüche bekannte Influencer Andrew Tate wegen sexueller Ausbeutung und Menschenhandel angeklagt. Doch in dem EU-Land dürfte er nicht mehr allzu lange bleiben.
Mit frauenfeindlichen Aussagen in sozialen Netzwerken hat sich Andrew Tate einen Namen gemacht. Genüsslich zelebrierte der 37-Jährige dort seinen Reichtum mit schicken Sportwagen und dicken Zigarren, zeigte sich als Denker beim Schachspiel - und erreichte damit Millionen Jugendliche und junge Männer.
In Rumänien sind der britisch-amerikanische Influencer und sein Bruder Tristan (35) bereits wegen Menschenhandels und Ausbeutung junger Frauen angeklagt. Wenn dieser Prozess vorbei ist, sollen sie nach Großbritannien ausgeliefert werden - wo ihnen Vergewaltigung und ebenfalls Menschenhandel aus der Zeit zwischen 2012 und 2015 vorgeworfen wird. Diese Entscheidung traf das Berufungsgericht in Bukarest am Dienstag, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Bei Youtube, Instagram und Tiktok ist Andrew Tate mittlerweile gesperrt. Doch bei X (früher Twitter) folgen ihm Millionen. In Großbritannien gilt er als Inbegriff der sogenannten toxischen Männlichkeit. Etliche Schüler ahmen seine Gesten und Kommentare nach, so dass sogar die Angst vor einer zunehmend frauenfeindlichen Stimmung zunimmt. Wie die Zeitung «Guardian» jüngst berichtete, erwägt die oppositionelle Labour-Partei im Falle ihres wahrscheinlichen Wahlsiegs die Schulung männlicher Influencer, um einer «Tate-isierung» an Schulen mit positiven Vorbildern entgegenzuwirken.
Die beiden Männer wurden am späten Montagabend im Dorf Voluntari bei Bukarest zunächst für 24 Stunden festgenommen. Grundlage war ein internationaler Haftbefehl, den Großbritannien erwirkt hatte. Die Brüder weisen die Vorwürfe, die von der Polizei im mittelenglischen Bedfordshire untersucht werden, strikt zurück. Dass die Anschuldigungen gerade jetzt wieder auftauchten, da Andrew Tate berühmt sei, werfe ernsthafte Fragen über die Gründe für diesen Schritt auf.
Erstmals waren die Tate-Brüder und zwei mutmaßliche Komplizinnen am 30. Dezember 2022 bei Bukarest verhaftet worden. Drei Monate später wurde diese Maßnahme in Hausarrest umgewandelt. Seit August 2023 waren die Angeklagten auf freiem Fuß - mit der Einschränkung, dass sie Rumänien nicht verlassen durften. Zu einer Gerichtsverhandlung kam es bisher nicht.
Dabei geht es um andere Anschuldigungen als in dem europäischen Haftbefehl. Eine britische Kanzlei, die in Großbritannien vier mutmaßliche Opfer sexueller Gewalt durch die Tates vertritt, teilte mit, sie habe die britische Polizei über Hinweise informiert, dass die Brüder aus Rumänien flüchten wollten. Daraufhin hätten die britischen Behörden reagiert. Die Anwälte der Tates wiesen den Fluchtverdacht zurück.
In Rumänien wird den Tates und ihren Komplizinnen vorgeworfen, junge Frauen dazu gezwungen zu haben, bei kommerziell verbreiteten Sex-Videos mitzuwirken. Dazu sollen sie die sogenannte Loverboy-Methode angewendet haben: Mit Manipulationstechniken hätten sie die Mädchen von sich abhängig gemacht.
Rumäniens Ermittler hatten sieben Opfer identifiziert, von denen drei als Klägerinnen im Verfahren auftreten. In Tates Villa in Voluntari habe es ein von bewaffneten Männern bewachtes Videochat-Studio gegeben, in dem die Sex-Szenen gedreht und online auf Erwachsenen-Plattformen veröffentlicht worden seien. Eine Frau habe im Oktober 2021 aus dieser Villa fliehen wollen und sei dafür von einer Komplizin Tates auf dessen Befehl mit Schlägen «bestraft» worden, berichteten rumänische Medien unter Berufung auf die Ermittler. Eine weitere Frau sei im März 2022 von Tate vergewaltigt worden. Bekannt wurde Andrew Tate 2016, als er aus der britischen «Big Brother»-Show herausgeworfen wurde, nachdem ein Video publik geworden war, in dem er eine Frau mit einem Gürtel schlägt.
Rumäniens Staatsanwaltschaft hatte große Teile des beträchtlichen Vermögens der Tate-Brüder beschlagnahmen lassen: 15 Immobilien, 15 Luxusautos, 14 Luxus-Uhren, Edelmetalle, Aktien bei vier Firmen, Geld und Krypto-Münzen. Doch im Januar urteilte ein Gericht, dass Tate die Wertgegenstände wieder ausgehändigt werden müssten.