Russische Drohnen verletzten Nato-Luftraum

Alarmstarts 

Foto: Pixabay/Clker-free-vector-images
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BUKAREST/BERLIN: Wird das Vorgehen Russlands bei Luftangriffen nahe der Nato-Grenze aggressiver? Wegen Drohnen im rumänischen Luftraum steigen in der Nacht deutsche und rumänische Abfangjäger auf. Am Morgen wird nahe eines rumänischen Dorfes ein Bombenkrater im Boden gefunden.

Alarm an der Südostflanke der Nato: Das russische Militär hat in der Nacht zum Donnerstag den Luftraum über Rumänien mit Drohnen verletzt und damit deutsche und rumänische Kampfflugzeuge auf den Plan gerufen. Dabei wurden russische Luftfahrzeuge nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von den Besatzungen auch durch Sichtkontakt identifiziert, ohne dass von der Nato ein Befehl zum Abschuss erfolgte. Das Bündnis erklärte, es lägen keine Hinweise auf einen gezielten Angriff Russlands auf einen Alliierten vor.

Bei der Angriffswelle auf Ziele in der Ukraine wurden vom Militär bis zu 70 russische Drohnen des Typs Shahed 136 registriert, von denen eine nach vorläufigen Erkenntnissen auch über dem Luftraum Rumäniens explodierte. Diese Waffen können einen bis zu 60 Kilogramm schweren Sprengkopf tragen und werden - auch wegen ihrer mangelhaften Präzision - oftmals in Schwärmen eingesetzt.

Das rumänische Verteidigungsministerium meldete am Donnerstag einen Bombenkrater von 1,5 Meter Tiefe im Donaudelta nahe des rumänischen Dorfs Grindu, 6,5 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt und in unbewohntem Gebiet. Der Ort liegt direkt am Donauufer, an einem Knie, wo beide Flussufer noch auf rumänischem Territorium sind.

Die Nato hatte am Donnerstag keine Hinweise darauf, dass die in Rumänien abgestürzte Drohne aus Russland ein Ziel im Bündnisgebiet ansteuern sollte. Russland habe die Drohne nach rumänischen Erkenntnissen für einen Angriff auf die ukrainische Hafeninfrastruktur im Einsatz gehabt, sagte Bündnissprecher Dylan White der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Er bestätigte die Alarmstarts. Zu Russlands neuerlicher Attacke sagte der Nato-Sprecher: «Wir verurteilen russische Angriffe auf zivile Infrastruktur in der Ukraine und entlang der Donau auf das Schärfste.»

Bislang hatte eine als sehr genaue bezeichnete Analyse der anderen Zwischenfälle gezeigt, dass diese von russischer Seite wohl nicht beabsichtigt waren. Es ist nun aber der inzwischen fünfte Vorfall dieser Art, der publik wird, und der bisher am weitesten westlich gelegene Einschlag. Das Gebiet befindet sich in der Nähe des Dreiländerecks Ukraine-Moldau-Rumänien. Die ukrainische Luftwaffe hat eigenen Angaben nach in der Nacht 41 von 42 russischen Kampfdrohnen mehrheitlich über dem an Rumänien grenzenden Gebiet Odessa abgeschossen.

Der russische Angriff auf Ziele in der Ukraine in dem Grenzgebiet wurde von den Nato-Militärs von 21.42 Uhr deutscher Zeit an bemerkt und in einem multinational besetzten Gefechtsstand zur Führung von Luftstreitkräften der Nato («Combined Air Operations Centre») verfolgt. Demnach erging um 22.02 Uhr der Befehl zu einem Alarmstart («Alpha Scramble»), um 22.11 Uhr waren die bewaffneten deutschen Eurofighter in der Luft. Rumänien ließ F-16-Kampfjets vom östlichen Luftwaffenstützpunkt Fetesti aufsteigen. Nach Angaben des rumänischen Militär zog sich der Einsatzzeitraum bis um 2.00 Uhr am Freitag.

Die Luftwaffe beteiligt sich derzeit mit vier Kampfflugzeugen und bewaffneten Schutzflügen von dem rumänischen Militärflugplatz Mihail Kogalniceanu bei Constanta an der Sicherung der Südostflanke der Nato. Der Einsatz hilft dem Nato-Partner mit militärischen Fähigkeiten, die dieser nicht ausreichend selbst hat. Auf dem Flugplatz sind dazu etwa 150 Männer und Frauen der Bundeswehr, die ihre Fähigkeiten Anfang des Monats öffentlich demonstriert hatten.

Der Raum ist geografisch eng und der Ukraine-Krieg findet aus fliegerischer Sicht praktisch in Sichtweite statt, wie dabei deutlich wurde. So sind es von dem Militärflugplatz Mihail Kogalniceanu bis an die ukrainische Grenze fünf bis acht Flugminuten. Ganz nah ist auch die Schwarzmeerküste. Dort beginnt die rumänische Zwölf-Meilen-Zone bis zum internationalen Luftraum, der auch von russischen Militärflugzeugen genutzt wird.

«Wir sind sehr nahe», sagt der Kontingentführer Oberstleutnant Markus Kuchenbaur in der vergangenen Woche auf dem Fliegerhorst vor Journalisten. Neben Flugzeugen des Taktischen Luftwaffengeschwader 31 «Boelcke» und Fachleuten einer Flugabwehrraketentruppe sind auch Soldaten des Objektschutzregimentes «Friesland» der Luftwaffe auf dem Flugplatz. Kuchenbaur sagte: «Meine Piloten sind instruiert, defensiv zu agieren.» So verlassen die deutschen Piloten mit ihren Eurofightern die Zwölf-Meilen-Zone vor der rumänischen Küste nicht, wurde erklärt, fliegen also nicht weiter in Richtung des Konfliktgebietes und signalisieren damit einen Verteidigungsauftrag.

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