Neues aus dem Ausland am Sonntag

Foto: Rüegsegger
Foto: Rüegsegger

EU-Parlamentspräsidentin: Die Arbeit beginnt jetzt

BRÜSSEL: Die bisherige Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, hat angekündigt, dass die Fraktionsvorsitzenden am Dienstag zu einer ersten offiziellen Sitzung zusammenkommen werden.

Dort würden sie unter anderem «eine Bilanz der Ergebnisse der Europawahlen im Hinblick auf die Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten ziehen», sagte Metsola am späten Sonntagabend in Brüssel. «In den kommenden Wochen werden sich die Fraktionen konstituieren und Mehrheiten bilden müssen, um ein politisches Programm zu erarbeiten, das die Richtung unserer Union für die nächsten Jahre vorgibt.» Die parlamentarische Arbeit beginne jetzt. Am 16. Juli werde das neue Parlament seine konstituierende Sitzung in Straßburg abhalten.


Von der Leyen will mit Liberalen und Sozialdemokraten sprechen

BRÜSSEL: Die noch amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat nach dem guten Abschneiden ihrer Parteienfamilie EVP bei der Europawahl angekündigt, an diesem Montag die großen politischen Parteien wegen einer möglichen Zusammenarbeit im EU-Parlament anzusprechen.

Das seien die europäischen Sozialdemokraten und die liberale Renew-Fraktion, mit der «wir in den letzten fünf Jahren gut zusammengearbeitet haben», sagte sie am Sonntagabend in Brüssel. «Ich habe immer gesagt, dass ich eine breite Mehrheit für ein starkes Europa aufbauen möchte.» Sie habe in ihrer ersten Amtszeit als Kommissionspräsidentin gezeigt, was ein starkes Europa erreichen könne. «Mein Ziel ist es, diesen Weg mit denjenigen fortzusetzen, die für Europa, für die Ukraine und für Rechtsstaatlichkeit sind.».


CSU-Europapolitiker Weber: Europaweit wollen Parteien EVP beitreten

BRÜSSEL: Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber sieht ein großes Interesse europäischer Parteien daran, Teil seiner Fraktion im Europäischen Parlament zu werden. Es gebe europaweit viele Parteien, «die gerne der EVP-Familie im Europäischen Parlament beitreten wollen», sagte der EVP-Chef am Sonntag in Brüssel. «Das sind großartige Neuigkeiten für uns.» Die EVP sei in der Lage, die «vernünftigen Leute aus der rechten Mitte» einzubinden. Zur EVP gehören unter anderem CDU und CSU.

Als Beispiel für das Interesse europäischer Parteien nannte Weber die neue Tisza-Partei des Herausforderers von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, Peter Magyar. «Ich hatte ein Gespräch mit Peter Magyar. Wir haben bereits über die Idee eines Beitritts gesprochen», sagte Weber. In den nächsten Tagen werde man die Gespräche fortführen. «Die Tür ist für alle Gruppen offen, die sich an unsere Regeln halten», sagte Weber. Das gelte auch für Magyar.


Frankreichs Konservative schließen Koalition mit Macrons Lager aus

PARIS: Frankreichs Konservative schließen bei der kurzfristig anstehenden Neuwahl des Parlaments eine Koalition mit dem Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron aus. «Es kommt nicht infrage, eine Koalition mit dieser Macht einzugehen, die Frankreich so sehr geschädigt hat», sagte der Präsident der bürgerlich konservativen Partei «Les Républicains», Eric Ciotti, am Sonntagabend. Die Politik von Macron stehe für immer mehr Steuern, Einwanderung und Unsicherheit. «Getreu unseren Werten werden wir diese Kampagne rund um die Werte der Rechten führen.»

Seitdem Macrons Bündnis bei der vergangenen Parlamentswahl vor zwei Jahren die absolute Mehrheit verpasst hatte, hatte es immer wieder Bemühungen für eine Koalition oder feste Zusammenarbeit mit den Républicains gegeben. Auch Nicolas Sarkozy, mit dem die Konservativen von 2007 bis 2012 letztmalig den Präsidenten gestellt hatten, hatte sich dafür eingesetzt, letztlich ergebnislos. Macron hat auch etliche konservative Politiker in seine Regierungsmannschaft eingebunden.


Frankreichs Linkspartei will Neuauflage von Linksbündnis

PARIS: Nach dem deutlichen Sieg von Marine Le Pens rechtem Rassemblement National bei der Europawahl hat Frankreichs Linkspartei zu einer Neuauflage des parteiübergreifenden Linksbündnisses für die anstehende Parlamentswahl aufgerufen. «Wir werden in Klarheit handeln und vorschlagen, dass wir uns um ein Programm, einen Inhalt von Vorschlägen und nicht um parteipolitische Tricks gruppieren», hieß es am Sonntagabend in einem Aufruf der Linkspartei.

«Frankreich ist in einen neuen politischen Moment eingetreten. In ganz Europa haben die Kräfte der extremen Rechten bei dieser Wahl gepunktet», sagte die Führungsfigur der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon am Sonntagabend. «Das neue Frankreich muss sich erheben. Wir haben die erste Runde der Parlamentswahlen 2022 gewonnen. Wir können erneut gewinnen und alles verändern, indem wir die Wahlzettel nutzen.»

Die Linkspartei war bei den Parlamentswahlen 2022 in einem Bündnis mit den Sozialisten, Grünen und Kommunisten angetreten und hatte anschließend die parteiübergreifende Nupes-Fraktion in der Nationalversammlung gebildet. Als Bündnis war sie bislang stärkste Oppositionskraft im Parlament, die für sich genommen stärkste Oppositionspartei ist indes das Rassemblement National. Aufgrund von Streitigkeiten waren die Parteien zur Europawahl dann aber getrennt angetreten.


Europawahl : Sozialisten vorn - Rechtspopulisten verlieren

LISSABON: In Portugal liegen die oppositionellen Sozialisten nach Auszählung fast aller Stimmen bei der Europawahl knapp vorn.

Sie kamen nach Auszählung von fast 99 Prozent der Stimmen auf 32,12 Prozent (2019: 33,38 Prozent), wie die Wahlbehörde am späten Sonntagabend mitteilte. Das regierende konservative Bündnis Demokratische Allianz (AD) erzielte demnach 31,31 Prozent (21,94). Die erst 2019 gegründete rechtspopulistische Chega, die erstmals an einer Europawahl teilnahm, bekam 9,81 Prozent. Bei der Parlamentswahl im März hatte sie noch 18,1 Prozent erhalten. Die Liberalen konnten sich verbessern und kamen auf 8,95 Prozent nach 4,9 Prozent bei der Parlamentswahl im März. Die Wahlbeteiligung lag nur bei rund 37 Prozent. Das war etwas mehr als 2019, als nur 30,75 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben.


Europawahl in Niederlanden: Rot-Grün vorn - Populist Wilders legt zu

AMSTERDAM: Das rot-grüne Wahlbündnis aus Sozialdemokraten und Grünen hat die Europawahl in den Niederlanden klar gewonnen. PvdA und GroenLinks errangen acht der 31 Mandate - eins weniger als vor fünf Jahren, wie aus dem am Sonntagabend veröffentlichten vorläufigen Endergebnis hervorgeht. Auf Rang zwei kommt der radikal-rechte Populist Geert Wilders, dessen europaskeptische Partei für die Freiheit (PVV) deutlich auf sechs Mandate zulegte. Vor fünf Jahren hatte die PVV keinen Sitz errungen, und bekam nur ein Mandat nach der Neu-Verteilung der britischen Mandate nach dem Brexit.

Die Niederländer hatten bereits am Donnerstag gewählt. Das nun veröffentlichte Ergebnis entspricht der Prognose vom Wahlabend. Die rechtsliberale VVD des aus dem Amt scheidenden Premiers Mark Rutte verlor leicht und kommt auf vier Sitze.

Zuvor war nach Umfragen erwartet worden, dass die Wilders-Partei erstmals eine Europawahl gewinnen würde. Der Rechtsaußen hatte mit seiner Anti-Islampartei im November überraschend auch die nationale Parlamentswahl gewonnen und wird nun mit drei weiteren rechten Parteien regieren. Wilders musste aber selbst auf das Amt des Regierungschefs verzichten, um diese Koalition zu ermöglichen. Er legte auch seine Forderung nach einem Nexit, dem Austritt der Niederlande aus der EU, auf Eis. Er erklärte, seine Partei wolle sich nun dafür einsetzen, «die EU von innen heraus auszuhöhlen.»


Rechtskonservative EKR-Fraktion zu Gesprächen mit von der Leyen bereit

BRÜSSEL: Die rechtskonservative EKR-Fraktion im EU-Parlament ist nach der Europawahl grundsätzlich zur Zusammenarbeit mit Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin bereit. Die Fraktion habe in den vergangenen fünf Jahren auch mit von der Leyen zusammengearbeitet, sagte EKR-Vizepräsidentin Assita Kanko am späten Sonntagabend in Brüssel. Sie sehe keinen Grund, der sie künftig daran hindere. Sie betonte aber, dass es darauf ankomme, welches Programm von der Leyen verfolge und wie die Wahl genau ausginge. Zum Zeitpunkt des Statements waren teils noch Wahllokale in der EU geöffnet.

Als wahrscheinlich gilt, dass das Mitte-Rechts-Bündnis EVP in den nächsten Tagen Gespräche mit Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen führen wird, um eine lose Zusammenarbeit zu vereinbaren, die dann auch eine Mehrheit im Parlament für die Wiederwahl von Ursula von der Leyen sichern könnte. Die EVP, zu der auch CDU und CSU gehören, beanspruchte nach dem Sieg bei der Europawahl den Kommissionsvorsitz.

Zudem könnten Kooperationsmöglichkeiten mit einzelnen rechten Parteien ausgelotet werden. So hat die EVP eine Zusammenarbeit mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vor der Wahl nicht ausgeschlossen. Ihre rechte Partei Fratelli d'Italia gehörte bislang zur rechtskonservativen EKR-Fraktion.


Sozialdemokraten erneut Sieger bei Europawahl

STOCKHOLM: In Schweden haben sich die Sozialdemokraten abermals als deutlich stärkste Kraft bei den Europawahlen behauptet. 24,9 Prozent der Stimmen sicherte sich die Partei, nachdem mehr als 90 Prozent in der Nacht zu Montag von der Wahlbehörde ausgezählt worden waren. Ein großes Plus verbuchten im Heimatland der Klimaaktivistin Greta Thunberg die Grünen mit mehr als 2 Prozentpunkten mehr im Vergleich zu den EU-Wahlen 2019 - sie erreichten den Angaben zufolge 13,8 Prozent und wurden drittstärkste Kraft.

Rang zwei erreichten die Moderaten, die rechtspopulistischen Schwedendemokraten wurden nach den Grünen die viertstärkste Kraft mit 13,2 Prozent und verloren mehr als 2 Prozentpunkte zur vergangenen Wahl vor fünf Jahren. Schweden verfügt über 21 Sitze im Europaparlament.


Sozialisten gewinnen, Liberale verlieren deutlich

KOPENHAGEN: In Dänemark hat sich die sozialistische Volkspartei nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Sozialdemokraten den Sieg bei der Europawahl gesichert. Sie erreichte nach der vorläufigen Auszählung in der Nacht zu Montag 17,4 Prozent. Beide Parteien erhalten demnach je drei Sitze im Europäischen Parlament. Die Sozialdemokraten, zu denen die vor wenigen Tagen attackierte dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen gehört, landeten schließlich auf dem zweiten Platz. Frederiksen wurde auf einer Straße in Kopenhagen von einem Mann geschlagen, blieb jedoch nahezu unverletzt.

Die liberale Venstre-Partei verlor hingegen deutlich an Stimmen. Die bei der Wahl 2019 stärkste Partei büßte fast 9 Prozentpunkte ein, wie aus der vorläufigen Auszählung aller Wahlbezirke hervorging. Somit verliert die Partei zwei ihrer bisherigen vier Sitze im Europaparlament. Die dänischen Rechtspopulisten erreichten etwa 6,4 Prozent nach vorläufigem Ergebnis und verloren somit mehr als 4 Prozentpunkte. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 58 Prozent. Dänemark hat im Europaparlament 15 Sitze.


Von der Leyen: «Wir haben die Europawahlen gewonnen»

BRÜSSEL: Ursula von der Leyen hat das gute Abschneiden ihrer Parteienfamilie EVP bei der Europawahl gefeiert. «Heute ist ein guter Tag für die EVP. Wir haben die Europawahlen gewonnen, meine Freunde», sagte sie am Sonntagabend in Brüssel. «Die EVP ist die stärkste politische Fraktion im Europäischen Parlament.» Die Parteienfamilie habe viele führende Köpfe. Es könne also keine Mehrheit ohne die EVP gebildet werden.

Von der Leyen betonte, dass sie gemeinsam mit anderen Parteien «ein Bollwerk gegen die Extreme von links und von rechts» bilden wolle. «Wir werden sie stoppen», sagte die 65-Jährige. Die EVP mit den deutschen Parteien CDU und CSU wird nach einer Prognose des Europäischen Parlaments 186 und damit ein Viertel der 720 Sitze im Europäischen Parlament besetzen können.


Erste Schätzung: EU-Wahlbeteiligung bei gut 50 Prozent

BRÜSSEL: Einer ersten Schätzung zufolge liegt die Wahlbeteiligung bei der Europawahl EU-weit bei rund 51 Prozent.

Das sei voraussichtlich etwas höher als die Beteiligung vor fünf Jahren teilte das Parlament mit. 2019 lag die Beteiligung nach EU-Angaben bei 50,66 Prozent. «Das ist ein positives Zeichen für die europäische Demokratie», sagte ein Sprecher des Parlaments am Sonntagabend. Der Sprecher betonte aber auch, dass sich das Ergebnis noch ändern könne, da in einigen Ländern - darunter Italien - die Wahllokale noch nicht geschlossen seien.


RN-Chef Bardella fordert Neuwahl des Parlaments

PARIS: Der Parteichef des rechtsnationalen französischen Rassemblement National Jordan Bardella hat nach dem Erfolg seiner Partei bei der Europawahl Parlamentsneuwahlen in Frankreich gefordert. «Diese beispiellose Niederlage für die herrschende Kraft markiert das Ende eines Zyklus und den ersten Tag der Zeit nach Macron, bei der es an uns ist, sie aufzubauen», sagte Bardella am Sonntagabend. Der deutliche Vorsprung seiner Partei vor dem Lager von Staatschef Emmanuel Macron sei eine scharfe Verurteilung der bisherigen Politik. «Emmanuel Macron ist heute Abend ein geschwächter Präsident», kommentierte Bardella und sprach von einer politischen Sackgasse. «Unsere Landsleute haben einen Willen zur Veränderung ausgedrückt.»

Bardellas RN hat die Wahl ersten Hochrechnungen zufolge in Frankreich klar gewonnen. Seine Partei kam demnach auf 31,5 bis 32,4 Prozent der Stimmen, Macrons proeuropäisches Lager auf nur etwa 15,2 Prozent. Die Sozialisten landeten den Hochrechnungen zufolge mit 14 bis 14,3 Prozent knapp hinter Macrons Mitte-Block auf Platz drei.


Asselborn: EVP muss Techtelmechtel mit rechts beenden

BERLIN: Luxemburgs ehemaliger Außenminister Jean Asselborn hat angesichts des Aufwinds rechter Parteien in Europa die konservative EVP aufgefordert, nicht mit diesen Parteien zusammenzuarbeiten.

Die größte Fraktion habe große Verantwortung, sagte der sozialistische Politiker am Sonntagabend in der ARD. «Techtelmechtel mit rechten Parteien müssen aufhören.» Europa verdiene, dass die vielen Menschen, die dafür seien, nun auch kämpften.


EVP-Chef Weber: Werden ein bürgerliches Europa bekommen

MÜNCHEN/BRÜSSEL: Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat nach der Europawahl am Sonntag ein «bürgerliches Europa» angekündigt.

«In Europa ist eine linksliberale Ampel abgewählt», sagte der deutsche CSU-Spitzenkandidat am Abend in München. «Wir werden die Inhalte, die uns wichtig sind, Migration, Wohlstand und Wirtschaft zu sichern und Frieden zu sichern, wir werden das in den fünf Jahren im Wählerauftrag Europas umsetzen.»

Weber betonte, die Christsozialen seien «die Partei, die es schafft, die Menschen in der Mitte zu halten». Darauf sei man stolz. «Die große Botschaft ist, dass wir als CSU, CDU und wahrscheinlich europaweit als Europäische Volkspartei das Bollwerk gegen Rechtspopulismus und Rechtsradikalismus in Europa sind», sagte Weber. Im Gegensatz zu den «Ampel»-Parteien (SPD, FDP, Grüne) gebe man den Menschen Antworten.


Linke legen bei Europawahl deutlich zu

HELSINKI: In Finnland haben die Linken bei der Europawahl massiv zugelegt. Nach Auszählung aller Stimmen steigerte das Linksbündnis seinen Anteil um 10,4 Prozentpunkte im Vergleich zur EU-Wahl 2019 und landete mit 17,3 Prozent als zweitstärkste Partei hinter den Konservativen. Das ist der größte Zuwachs unter allen Parteien - die Linken erhalten somit drei Mandate im Parlament. Die konservative Sammlungspartei von Ministerpräsident Petteri Orpo blieb stärkste Kraft mit insgesamt 24,8 Prozent der Stimmen. Damit sicherte sich die Partei vier Sitze im Europäischen Parlament.

Die Rechtspopulisten, denen Umfragen gute Chancen eingeräumt hatten, rutschten nach ersten Berechnungen mit 7,6 Prozent auf den sechsten Rang hinter die Grünen. Drittstärkste Kraft wurden demnach die Sozialdemokraten mit 14,9 Prozent. Diesmal wurden 15 Abgeordnete aus Finnland in das Europäische Parlament gewählt, bei den Wahlen 2019 waren es noch 13.


Grüne grundsätzlich zur Unterstützung von der Leyens bereit

BRÜSSEL: Nach der Europawahl können sich die Grünen grundsätzlich vorstellen, Ursula von der Leyen (CDU) bei der Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin zu unterstützen. Wenn mit anderen proeuropäischen Fraktionen eine gemeinsame Linie möglich sei, der Green Deal weiter gehe und Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verteidigt werde, «dann sind wir Grünen auch bereit, eine Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu unterstützen», sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke am Sonntag dem Fernsehsender Phoenix. Ihr Co-Spitzenkandidat Bas Eickhout aus den Niederlanden betonte, die Grünen würden keine Koalition eingehen, in der die rechtspopulistischen Fraktionen ID und EKR eingebunden seien.

Für die Grünen zeichnen sich bei der Europawahl deutliche Verluste ab. In Deutschland etwa lagen die Grünen laut Hochrechnungen vom Abend bei rund zwölf Prozent und damit rund acht Prozentpunkte unter ihrem Ergebnis von vor fünf Jahren.


Europawahl: Tusks Bürgerkoalition gewinnt

WARSCHAU: Die liberalkonservative Bürgerkoalition von Regierungschef Donald Tusk hat ersten Prognosen zufolge die Europawahl in Polen mit Abstand gewonnen. Auf Tusks Partei entfielen 38,2 Prozent, wie Nachwahlbefragungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos ergaben. Sie kann voraussichtlich 21 Abgeordnete ins Parlament schicken. «Genau zehn Jahre haben wir auf den ersten Platz auf dem Podium gewartet. Ich bin so glücklich», sagte ein sichtlich bewegter Tusk am Sonntagabend.

Die größte Oppositionspartei, die nationalkonservative PiS, lag mit 33,9 Prozent der Stimmen deutlich abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Die PiS wird demnach voraussichtlich mit 19 Abgeordneten vertreten sein. Drittstärkste Kraft wurde die rechtsradikale Konfederacja mit 11,9 Prozent, auf sie entfallen sechs Abgeordnete.

Auf den letzten beiden Plätzen landeten die zwei kleineren Koalitionspartner, die mit Tusks Partei die Mitte-Links-Regierung bilden. Auf den christdemokratischen Dritten Weg entfielen 8,2 Prozent (vier Abgeordnete). Das Linksbündnis Lewica erhielt laut den Prognosen 6,6 Prozent der Stimmen und wird drei Abgeordnete stellen. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlkommission bis 17 Uhr bei 28,2 Prozent.


Niederlande: Zwei vermisste Deutsche tot geborgen

VENLO: Zwei in den Niederlanden vermisste junge Deutsche sind bei der Grenzstadt Venlo tot aus der Maas geborgen worden.

Das teilte die Polizei am Sonntag auf der Plattform X mit. Die beiden jungen Männer im Alter von 21 und 22 Jahren stammten aus Nettetal in Nordrhein-Westfalen in der Nähe von Venlo. Sie waren vor einer Woche ins Wasser gesprungen, nach dem ein Handy hineingefallen war. Vermutlich seien die von der starken Strömung mitgerissen worden und ertrunken. Polizei und Feuerwehr hatten mit Spezialkräften und -apparaten tagelang nach den Vermissten gesucht.


Regierungspartei auf Malta muss Einbußen hinnehmen

VALLETTA: Im kleinsten EU-Land Malta hat die sozialdemokratische Regierungspartei Labour bei der Europawahl nach ersten Teilergebnissen deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Trotzdem sprach Ministerpräsident Robert Abela am Sonntag in der Hauptstadt Valletta von einem «soliden» Sieg. Die Mittelmeer-Insel mit etwa einer halben Million Bewohnern stellt im Europaparlament sechs Abgeordnete.

Nach Prognosen vom Nachmittag gehen davon drei Mandate an Labour. Die konservative Oppositionspartei Nationalist Party kann mit zwei bis drei Sitzen rechnen. Die bisherige Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, hat auch im neuen Parlament ein Mandat sicher. Der Wahlkampf der Labour-Partei wurde durch einen Korruptionsskandal um Maltas früheren Regierungschef Joseph Muscat belastet.

Bei der Europawahl 2019 hatte Labour noch mit etwa 42.000 Stimmen vorn gelegen. Nach Prognosen von Sonntagnachmittag dürfte der Vorsprung auf die Nationalist Party auf etwa 10.000 Stimmen zusammengeschrumpft sein. Abela versprach: «Morgen früh werde ich meine Ärmel hochkrempeln und mich an die Arbeit machen, um eine bessere Version der Labour-Partei zu liefern.»


Liberale Oppositionspartei gewinnt in der Slowakei

BRATISLAVA: Die liberale Oppositionspartei Progressive Slowakei (PS) ist klarer Sieger der Europawahl in der Slowakei. Sie hat laut offiziellem Ergebnis am Sonntag 27,8 Prozent der Stimmen gewonnen. Die linkspopulistische größte Regierungspartei Smer kam trotz großer Zugewinne im Vergleich zu 2019 mit 24,8 Prozent nur auf Platz zwei. Den dritten Platz eroberte die rechtsextreme Partei Republika mit 12,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 34,4 Prozent den bisher mit großem Abstand höchsten Wert in der Geschichte slowakischer EU-Wahlen.

Der Smer-Parteichef und seit Oktober 2023 wieder regierende Ministerpräsident Robert Fico war am 15. Mai von einem Regierungsgegner niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Nach dem Angriff waren die Umfragewerte seiner Partei vorübergehend gestiegen. Nach Umfragen gaben viele Wahlberechtigte der aggressiven Kritik der liberalen Opposition und ihr nahestehender Medien eine Mitschuld an dem Attentat. Kurz vor dem Wahlgang fielen die Smer-Umfragewerte aber wieder.


Steinmeier ruft zur Ächtung von politischer Gewalt auf

KÖLN: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum 20. Jahrestag des NSU-Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße zum Zusammenstehen aller Demokraten und Antirassisten aufgerufen. «Es kommt darauf an, dass wir Gewalt im politischen Meinungskampf ächten - ganz gleich, aus welchen Motiven sie sich speist: ob links- oder rechtsextremistisch oder aus religiösem Fanatismus - Gewalt zerstört Demokratie, und das wollen wir nicht», sagte Steinmeier am Sonntag bei einer Gedenkfeier genau 20 Jahre nach dem Anschlag am 9. Juni 2004. Bei der Gedenkfeier wurde auch an den in Mannheim mutmaßlich von einem Islamisten erstochenen Polizisten erinnert. «Das ist der Grund, warum Demokratie nicht danach fragt, aus welcher Richtung der Extremismus kommt, der ihr ans Leder will!», betonte Steinmeier. «Die Demokratie fragt nach der Kraft und der Solidarität der Mehrheit, die sie verteidigt!»

Bei dem Anschlag in der türkisch geprägten Keupstaße in Köln-Mülheim vor 20 Jahren waren 22 Menschen verletzt worden, einige davon schwer. Die Polizei hatte danach jahrelang in der türkischen Community nach den Tätern gesucht. Erst sieben Jahre später stellte sich heraus, dass die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt für den Anschlag verantwortlich waren. Steinmeier besuchte am Sonntag auch die Friseure Hasan und Özcan Yildirim, vor deren Salon die NSU-Terroristen vor 20 Jahren das Fahrrad mit der Nagelbombe abgestellt hatten. Der heutige Salon befindet sich an einer anderen Stelle einige Häuser weiter.


Kanzler Scholz gibt Stimme für Europawahl in Potsdam ab

POTSDAM: 65 Millionen Bürger in Deutschland können bei der Europawahl ihre Stimme abgeben. Auch der Kanzler steht am Sonntag zur Abstimmung in der Schlange.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in Potsdam seine Stimme für die Europawahl abgegeben. Scholz kam nach Angaben eines dpa-Fotografen am Sonntag mit seiner Frau Britta Ernst und stellte sich in der Schlange im Wahllokal bei der Industrie- und Handelskammer an. In Potsdam hat der Kanzler auch seinen Wahlkreis. Insgesamt sind rund 65 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zur Wahl des Europäischen Parlaments aufgerufen. Die Wahllokale haben bis 18.00 Uhr geöffnet. Es geht um Mandate für 720 Abgeordnete - 96 von ihnen werden aus Deutschland kommen. Angetreten sind in der Bundesrepublik etwa 1400 Wahlbewerber für 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen.


Polizei in Prag nimmt Terrorverdächtigen fest

PRAG: Nach der Festnahme eines Mannes in Tschechien im Zusammenhang mit einer Terrordrohung sind in der Hauptstadt Prag die Sicherheitsmaßnahmen an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen verstärkt worden. Dies sei wegen der möglichen Bedrohung durch einen Anschlag auf die Infrastruktur nötig, teilte die Polizei am Sonntag auf der Plattform X mit. «Dank der Hilfe der Öffentlichkeit ist es den Kriminalbeamten der Abteilung Extremismus und Terrorismus gelungen, einen Mann aufzuspüren und festzunehmen, der einer besonders schweren Straftat verdächtigt wird», hieß es in einem weiteren Post der Polizei.

Wie das Innenministerium bekanntgab, soll der Festgenommene Spanisch sprechen und aus einem lateinamerikanischen Land stammen. Nach ihm wurde seit Freitag gesucht. Die Polizei hatte gewarnt, dass der Gesuchte gefährlich sei. Staatsanwalt Martin Bily sagte, gegen den Mann werde wegen Brandstiftung ermittelt. Ein Strafverfahren sei noch nicht eingeleitet worden. Weitere Details nannten die Behörden zunächst nicht. Mehr Informationen soll es nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates geben.

Innenminister Vit Rakusan schrieb am Sonntag auf X, obwohl in Prag die präventiven Sicherheitsmaßnahmen an stark frequentierten öffentlichen Orten bestehen blieben, gebe es keine unmittelbare Gefahr.


Mehr als halbe Million Beute bei Juwelendiebstahl in Rom

ROM: Eine Szene wie im Film: Über ein Loch im Boden dringen Juwelendiebe in Rom in ein Luxusgeschäft ein. Die Polizei hofft nun auf die Auswertung der Überwachungskameras.

Bei einem spektakulären Juwelendiebstahl in Rom hat eine Bande von unbekannten Einbrechern in der Nacht zum Sonntag mehr als eine halbe Million Euro Beute gemacht. Die mindestens drei Täter drangen nach ersten Ermittlungen der Polizei durch ein Loch im Boden in eine Niederlassung des Nobeljuweliers Bulgari ein - entweder über ein Nachbarhaus oder durch die Kanalisation. Zwar hatte kurz vor Mitternacht die Alarmanlage angeschlagen; bis zur Ankunft der ersten Polizisten konnten die Täter jedoch verschwinden.

Das Geschäft befindet sich in der Via Condotti, einer der Luxus-Einkaufstraßen der italienischen Hauptstadt in unmittelbarer Nähe der Spanischen Treppe. Aufschluss erhoffen sich die Ermittler von den Aufnahmen der Überwachungskameras. Nach ersten Erkenntnissen waren die Täter maskiert und trugen Handschuhe. Den Wert des geraubten Schmucks bezifferte die Polizei mit mindestens 500.000 Euro. Er könnte jedoch auch deutlich höher liegen.


EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wählt in Niedersachsen

BURGDORF: Die amtierende EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen gibt ihre Stimme zur Europawahl in ihrem Wohnort in Niedersachsen ab. Nach der Wahl hofft sie auf eine zweite Amtszeit.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Sonntagvormittag in ihrem Wohnort in Niedersachsen ihre Stimme für die Europawahl abgegeben. Kurz nach 10.00 Uhr kam die CDU-Politikerin mit ihrem Ehemann Heiko in das kleine Wahllokal in Burgdorf-Beinhorn (Region Hannover). Von der Leyen grüßte freundlich mit einem «Guten Morgen», verzichtete aber auf ein Statement und beantwortete auch keine Fragen der Journalisten. Nach der Stimmabgabe lächelte sie kurz für Fotos in die Kameras und verließ das Wahllokal nach wenigen Minuten wieder. Die 65-Jährige von der Leyen strebt nach der Wahl eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission an.


Folgende Lesestücke des Ressorts Politik sind weiter aktuell

KORR-Bericht «Hoffnung für Biden? - Abtreibung in Florida auf dem Wahlzettel» vom 2.6., zum 24.6. https://dpaq.de/lKY2sxr

KORR-Bericht «Verehrt und gehasst - Italien hadert mit Berlusconis schwierigem Erbe» vom 6.6., zum 12. Juni https://dpaq.de/ivdzemY


Vater einer israelischen Geisel stirbt nur Stunden vor deren Befreiung

TEL AVIV: Der Vater einer aus dem Gazastreifen befreiten Geisel ist nur Stunden vor der Rückkehr seines Sohnes gestorben. Der 22-jährige Almog Meir Jan wurde am Samstag bei einem Armee-Einsatz nach acht Monaten Geiselhaft befreit. Sein Vater wurde jedoch nach seiner Befreiung tot aufgefunden, wie der israelische Kan-Sender am Sonntag berichtete. Der 57-Jährige Jossi Jan sollte am Sonntagnachmittag beigesetzt werden.

Die Schwester des Verstorbenen erzählte dem Sender, sie habe einen Anruf von der Armee bekommen. Man habe ihr gesagt, ihr Neffe sei befreit worden, man könne aber den Vater nicht erreichen. Sie sei daraufhin zum Haus ihres Bruders gefahren, um ihm die frohe Botschaft zu übergeben. Sie sei durch die offene Tür ins Wohnzimmer gegangen, nachdem er auf das Klopfen und Rufen nicht reagiert habe. Sie habe ihn dort tot aufgefunden.

«Mein Bruder ist vor Gram gestorben und hat seinen Sohn nicht zurückkehren sehen», sagte sie. «In der Nacht vor Almogs Rückkehr hat sein Herz aufgehört zu schlagen.»


Kritik an Netanjahu: Trifft nur befreite Geiseln, nicht Opferfamilien

TEL AVIV: Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist in die Kritik geraten, weil er sich medienwirksam mit befreiten Geiseln, nicht aber mit Opferfamilien getroffen hat. «Wenn man Ministerpräsident ist, dann ist man Ministerpräsident der Erfolge und der Niederlagen», sagte Oppositionsführer Jair Lapid am Sonntag dem israelischen Kan-Sender. «Nur dann Regierungschef zu sein, wenn alles klappt, und zu verschwinden, wenn alles nicht so läuft, wie man will, das ist erbärmlich.»

Netanjahu hatte sich am Samstag - noch während des jüdischen Ruhetags Sabbat - im Krankenhaus mit vier aus dem Gazastreifen befreiten Geiseln getroffen und fotografieren lassen. Familien von Israelis, die während des Hamas-Massakers am 7. Oktober getötet worden waren, sowie Angehörige von getöteten Geiseln kritisierten dagegen nach Medienberichten, weder Netanjahu noch andere Regierungsvertreter hätten mit ihnen Kontakt aufgenommen.

Der Vater eines am 7. Oktober getöteten Soldaten schrieb bei X: «Ein Ministerpräsident mit moralischen Werten hätte angerufen, um (uns) zu trösten und zu stärken. Und um sich zu entschuldigen für das, was unter seiner Verantwortung passiert ist.» Sein Urteil zu Netanjahu: «Ich verachte ihn, ein schäbiger Mensch.»

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