Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Freitag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Freitag

US-Militär: Gaza-Pier muss temporär nach Israel geschleppt werden

WASHINGTON: Rauer Seegang, Schäden, Reparaturarbeiten, Beschuss - und jetzt wieder rauer Seegang: Über den Pier vor dem Gazastreifen werden auch dieses Wochenende keine neuen Hilfsgüter ins Kriegsgebiet gelangen.

Der vom US-Militär errichtete provisorische Pier im Meer vor dem Gazastreifen wird wegen rauen Seegangs vorübergehend an die israelische Küste geschleppt. Das teilte das zuständige Regionalkommando (Centcom) der Armee am Freitag mit. Die Entscheidung sei nicht leichtfertig getroffen worden, aber die Sicherheit der beteiligten Soldaten habe höchste Priorität. Die vorübergehende Verlegung werde strukturelle Schäden an dem Pier verhindern. Er solle so schnell wie möglich zurückgeschleppt werden, sobald der Seegang es zulasse.

Erst am Mittwoch hatte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums erklärt, dass über die Anlegestelle gelieferte Hilfsgüter derzeit nicht weiter verteilt würden und am Strand des Gazastreifens liegen blieben. Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte die Verteilung aus Sorge um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter gestoppt, weil zwei Lagerhäuser der Organisation am 8. Juni unter Raketenbeschuss gekommen waren. Ein WFP-Mitarbeiter wurde dabei verletzt. Die Lieferungen waren erst am Morgen desselben Tages wieder angelaufen, nachdem die Anlegestelle Ende Mai - nur kurz nach ihrer Fertigstellung - bei rauem Wellengang schweren Schaden genommen hatte und repariert werden musste.

Die provisorische Lösung sieht vor, dass Frachter Hilfslieferungen von Zypern aus zunächst zu einer schwimmenden Plattform einige Kilometer vor der Küste des Gazastreifens bringen. Die Güter werden dort auf kleinere Schiffe verladen, die näher an die Küste heranfahren können und dann mit den Lkw-Ladungen an dem an der Küste befestigten temporären Pier anlegen. Dort werden die Lieferungen von Hilfsorganisationen entgegengenommen und dann im Gazastreifen verteilt. Die geschätzten Kosten für die Errichtung der Anlegestelle wurden mit rund 230 Millionen US-Dollar (rund 212 Millionen Euro) angegeben.


30 Jahre nach Anschlag auf jüdische Gemeinde: Argentinien verurteilt

SAN JOSÉ: Bei dem Attentat in Buenos Aires im Jahr 1994 kamen 85 Menschen ums Leben. Hinter der Tat sollen die Hisbollah und der Iran stecken. Doch auch die argentinische Regierung machte sich schuldig.

30 Jahre nach dem Bombenanschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Buenos Aires hat ein internationales Gericht den argentinischen Staat wegen seiner Rolle vor und nach dem Attentat verurteilt. Die Behörden hätten weder Maßnahmen ergriffen, um den Anschlag zu verhindern, noch umfassende Ermittlungen eingeleitet, um die Verantwortlichen für die Tat zur Verantwortung zu ziehen, urteilte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte am Freitag. Das Gericht wies Argentinien dazu an, die Täter zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. Das Verfahren vor dem Gerichtshof in Costa Rica zog sich 25 Jahre hin. Vor zwei Jahren hatte die argentinische Regierung bereits ihre Verantwortung für die Versäumnisse eingeräumt.

Am 18. Juli 1994 kamen bei dem Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum Amia in der argentinischen Hauptstadt 85 Menschen ums Leben, weitere 300 wurden verletzt. Die Schiiten-Miliz Hisbollah soll den Anschlag auf Anweisung der iranischen Regierung verübt haben, wie zuletzt ein argentinisches Gericht feststellte. Während der Amtszeit der früheren Präsidentin Cristina Kirchner (2007-2015) verständigte sich die argentinische Regierung mit Teheran darauf, die Ermittlung in die Hände einer internationalen Wahrheitskommission zu legen. Der Sonderstaatsanwalt für die Ermittlungen zu dem Attentat, Alberto Nisman, war Anfang 2015 erschossen in seiner Wohnung entdeckt worden, nachdem er Kirchner wegen Behinderung der Justiz und Verschleierung angezeigt hatte.


US-Verteidigungsminister: Zahl der Opfer in Gaza «viel zu hoch»

WASHINGTON/BRÜSSEL: Washington übt immer wieder Kritik an Israels militärischem Vorgehen im Gazastreifen. Der US-Verteidigungsminister sieht im Schutz der Zivilbevölkerungen einen «strategischen Imperativ».

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat Israel in die Pflicht genommen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser zu schützen. «Die Zahl der Opfer ist bisher viel zu hoch», sagte Austin am Freitag am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens in Brüssel mit Blick auf Israels Militäreinsatz in dem Küstenstreifen. Er habe seinen israelischen Kollegen «bei einer Reihe von Gelegenheiten aufgefordert, präziser zu sein und dafür zu sorgen, dass wir die Zivilisten im Kampfgebiet schützen». Israel müsse alles tun, um die Zahl der zivilen Opfer im Kampfgebiet zu minimieren.

Das Erreichen militärischer Ziele und der Schutz der Zivilbevölkerung in einem Kampfgebiet würden sich nicht gegenseitig ausschließen, sagte Austin. Er betonte, dass die islamistische Hamas sich unter die Zivilbevölkerung mische und diese als menschliche Schutzschilde benutze. Austin nannte dies «eine verabscheuungswürdige Taktik». Doch der Schutz der Zivilbevölkerung sei ein «strategischer Imperativ».

Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober verübt hatten. Mehr als 250 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. Befürchtet wird, dass ein Großteil der rund 120 Geiseln, die vermutlich noch im Gazastreifen festgehalten werden, nicht mehr am Leben ist. International steht das Vorgehen der israelischen Armee in der Kritik - zuletzt vor allem die Einsätze in Rafah an der Grenze zu Ägypten. Dort hatten etliche Menschen Schutz vor dem Krieg gesucht.


Zwei Tote und Verletzte im Libanon nach israelischen Angriffen

TEL AVIV/BEIRUT: Nach mutmaßlich israelischen Luftangriffen sind im Süden des Libanon mindestens zwei Frauen getötet worden. Mehrere weitere Menschen seien in der Nacht verletzt worden, berichteten Augenzeugen, Sicherheitskreise und Staatsmedien am Freitag. Israels Armee teilte auf Anfrage mit, die Berichte zu prüfen. Die libanesische Hisbollah-Miliz schoss als Vergeltung nach eigenen Angaben Dutzende Raketen Richtung Israel.

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur NNA wurde ein Haus in Dschanta unweit der Grenze getroffen. Unter den Opfern seien demnach Frauen und Kinder. Augenzeugen berichteten, Israels Armee habe auf einen Stützpunkt der Hisbollah gezielt. Durch umfliegende Teile nach den Luftangriffen seien auch angrenzende Wohngebäude beschädigt und somit die Zivilisten getötet worden.

In den vergangenen Tagen ist der Konflikt zwischen der Hisbollah-Miliz und Israels Militär weiter eskaliert. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als acht Monaten kommt es fast täglich zu Gefechten im Grenzgebiet. Am Donnerstag und Freitag heulten nach heftigem Raketenbeschuss aus dem Libanon in Israel wieder die Sirenen.

Am Mittwoch hatte die libanesische Schiitenmiliz als Vergeltung für die gezielte Tötung eines ranghohen Kommandeurs durch Israel rund 200 Raketen auf Israel abgefeuert. Auf beiden Seiten der Grenze gab es bereits Tote. Mehr als 350 Hisbollah-Kämpfer kamen bei den Gefechten bereits ums Leben. Es herrscht große Sorge vor einer gefährlichen Ausweitung des Konflikts.

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