Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Kanada ruft Landsleute zum Verlassen des Libanons auf

OTTAWA/BEIRUT: Kanada hat angesichts der Sorgen vor einem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon seine Landsleute zum Verlassen des arabischen Landes aufgerufen. «Die Sicherheitslage im Libanon wird aufgrund der andauernden und eskalierenden Gewalt zwischen der Hisbollah und Israel immer instabiler und unberechenbarer und könnte sich ohne Vorwarnung weiter verschlechtern», erklärte Außenministerin Mélanie Joly am Dienstag in einer Mitteilung.

Es sei «an der Zeit, abzureisen, solange noch kommerzielle Flüge verfügbar sind», hieß es. Seit Beginn des Gaza-Krieges vor mehr als acht Monaten beschießen sich Israel und die vom Iran unterstützte, libanesische Schiitenmiliz Hisbollah nahezu täglich. Zuletzt nahm die Intensität der Gefechte deutlich zu.


Israelisches Militär meldet Tötung von führendem Islamisten-Mitglied

TEL AVIV/GAZA: Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben ein führendes Mitglied der Terrororganisation Islamischer Dschihad bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet. Wie die Armee am Dienstagabend mitteilte, hatte der Mann unter anderem das Raketenarsenal der Organisation entwickelt.

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel im Grenzgebiet zum Gazastreifen das schlimmste Massaker in der Geschichte des jüdischen Staates verübt. Dabei töteten sie mehr als 1200 Menschen und verschleppten mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Der Terrorüberfall war der Auslöser des Krieges gewesen.


Israels Armee: Hamas beschießt Soldaten bei UN-Hilfskonvoi

GAZA/TEL AVIV: Die Hamas hat israelischen Angaben zufolge ein Geschoss in Richtung israelischer Soldaten im Gazastreifen gefeuert, die einen Hilfskonvoi der UN sichern sollten. Die Einsatzkräfte hätten einen Transport des Kinderhilfswerks Unicef koordiniert. Dieser sollte Kinder aus dem Norden des Küstengebiets mit ihren Angehörigen im Süden zusammenzubringen, teilten die Armee sowie die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat am Dienstagabend mit.

Warum die Familien getrennt waren, war zunächst nicht bekannt. Verletzt wurde bei dem Angriff «auf die humanitäre Route in der Nähe des Unicef-Hilfskonvois» Armeeangaben zufolge niemand.

Auf einem von der israelischen Armee veröffentlichten Video ist zu sehen, wie ein Geschoss in der Nähe der Soldaten und einem UN-Fahrzeug einschlägt. Die Hamas nutze Versuche des Militärs, humanitäre Hilfe zu leisten, aus, so die Armee. Die Islamistenorganisation gefährde damit das Leben der Zivilbevölkerung.

Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Von der UN gab es zunächst keine Stellungnahme.


Vereinte Nationen: Risiko für humanitäre Helfer in Gaza «inakzeptabel»

NEW YORK: Die Gefahr für humanitäre Helfer im Gazastreifen wird den Vereinten Nationen zufolge immer untragbarer. «Es gibt Risiken, die inakzeptabel sind», sagte Sprecher Stéphane Dujarric am Dienstag in New York. Er bestätigte, dass die UN vergangene Woche einen Brief an die israelischen Behörden schickten, der dieser Sorge Ausdruck verleihe.

Die US-Nachrichtenagentur AP hatte zuvor unter Berufung auf anonyme Quellen davon berichtet, dass die Vereinten Nationen in einem Schreiben an Israel davon gesprochen hätten, die humanitäre Hilfe aussetzen zu müssen, sollte sich die Sicherheitslage nicht bessern. Dies bestätigte Dujarric zunächst nicht und betonte: «Die UN werden den Menschen in Gaza nicht den Rücken zukehren».


Galant: «Die größte Bedrohung für die Zukunft der Welt ist der Iran»

WASHINGTON/TEL AVIV: Israels Verteidigungsminister Joav Galant hat während eines Besuchs in den USA erneut vor der atomaren Aufrüstung des Irans gewarnt «Die größte Bedrohung für die Zukunft der Welt ist der Iran», sagte Galant nach Angaben seines Büros am Dienstag bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Lloyd Austin in Washington. «Jetzt ist es an der Zeit, die Verpflichtung der amerikanischen Regierungen während der vergangenen Jahre umzusetzen - das Versprechen, den Iran am Besitz von Atomwaffen zu hindern.» Die Zeit laufe aus, sagte Galant. Israel warnt schon seit langem vor der nuklearen Aufrüstung Teherans.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Massaker der Hamas vor fast neun Monaten haben verschiedene proiranische Gruppen sowie der Iran selbst das Lend mit Raketen, Granaten und Drohnen angegriffen.

Nachdem Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die US-Regierung kürzlich in einem Video wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung verbal angegriffen hatte, lobte Galant am Dienstag die Zusammenarbeit bei der Verteidigung Israels «gegen einen massiven Angriff des Irans und seiner Stellvertreter». Israel und die USA arbeiteten auch zusammen, um angesichts der Gefechte an Israels Nordgrenze eine Übereinkunft zu erreichen. «Aber wir müssen auch die Bereitschaft für jedes mögliche Szenario besprechen.»

Seit mehr als acht Monaten beschießen sich Israel und die vom Iran unterstützte, libanesische Schiitenmiliz Hisbollah nahezu täglich. Zuletzt nahm die Intensität der Gefechte deutlich zu. Washington bemüht sich um eine diplomatische Lösung des Konflikts - bislang ohne Erfolg. Israel will, dass sich die Miliz gemäß einer UN-Resolution hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht. Notfalls sei Israel auch zu einem größeren Militäreinsatz bereit, warnte Galant kürzlich. Laut einem Bericht des US-Senders CNN versicherten ranghohe US-Repräsentanten Mitgliedern einer israelischen Delegation, dass die USA Israel volle Rückendeckung geben würden, sollte ein größerer Krieg mit der Hisbollah ausbrechen.


Hohes Risiko für Hungersnot in Gaza trotz Zunahme von Hilfe

ROM/GAZA: Krieg und Zerstörung sorgen für großes Leid im Gazastreifen. Die Hungerkrise konnte laut Experten zuletzt zwar leicht abgemildert werden, doch das Risiko einer Hungersnot besteht noch immer.

Trotz der Zunahme von Hilfslieferungen in den Norden des Gazastreifens besteht nach Ansicht international anerkannter Experten noch immer ein hohes Risiko einer Hungersnot in dem abgeriegelten Küstengebiet. In den vergangenen Monaten seien zwar mehr Nahrungsmittel geliefert worden, dennoch sei die Lage katastrophal und das Risiko einer Hungersnot in den kommenden Wochen oder Monaten akut, hieß es am Dienstag in dem neuen Bericht der sogenannten IPC-Initiative für die Analyse von Nahrungskrisen.

In ihrem letzten Bericht im März prognostizierten die Experten, dass im Zeitraum zwischen Mitte März und Mai eine Hungersnot im Norden des Gazastreifens eintreten würde. Seitdem habe es jedoch eine Reihe wichtiger Entwicklungen gegeben, hieß es in dem aktuellen Bericht. «In diesem Zusammenhang deuten die verfügbaren Daten nicht darauf hin, dass derzeit eine Hungersnot herrscht», so die Experten. Das Risiko bleibe wegen der anhaltenden Kämpfe im Gebiet aber mindestens so hoch wie in den vergangenen Monaten.

Die sogenannte Integrated Food Security Phase Classification (IPC) wird von den UN genutzt. Die Initiative besteht aus diversen UN-Organisationen und Hilfsgruppen. Sie verwendet ein mehrstufiges System, um zu beurteilen, wie viele Menschen wie stark von Hunger betroffen sind. Die höchste Stufe 5 wird mit «Hungersnot-ähnlichen Zuständen» umschrieben. Nach Ansicht der Experten gilt im Gazastreifen derzeit für mehr als 495.000 Menschen (22 Prozent der Bevölkerung) diese Stufe.


Baerbock zum Haushalt: Warnung vor Einschnitten bei Hilfsgeldern

JERUSALEM: Das Vertrauen, das Deutschland in der Welt genießt, sei eine wichtige Währung für die Bundesrepublik. Dies dürfe in den Haushaltsverhandlungen nicht aufs Spiel gesetzt werden, warnt Baerbock.

Vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltsverhandlungen in der Ampel-Regierung hat Außenministerin Annalena Baerbock vor einem Schaden für die internationale Reputation Deutschlands gewarnt. Wo auch immer sie auf der Welt hinkomme, «stelle ich fest, dass Deutschland unglaublich großes Vertrauen genießt», sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in Jerusalem auf die Frage, welche Probleme sie bei tiefen Einschnitten in die humanitäre Hilfe erwarte.

«Unsere wichtigste Währung, gerade auch hier in der Region im Nahen Osten, ist dieses Vertrauen», ergänzte Baerbock. Daraus erwachse eine Verantwortung und das bedeute: «In Krisen da zu sein, zum Beispiel mit humanitärer Hilfe, wenn andere Länder aus unterschiedlichsten Gründen durch Krisen und Konflikte oder auch durch Katastrophen in Schwierigkeiten geraten.»

Es sei zudem die Verantwortung des Auswärtigen Amts, in Krisensituationen deutsche Staatsangehörige zu betreuen und diese «im Zweifel auch nach Deutschland zurückbringen zu können», sagte Baerbock. Dafür seien Mittel im Etat des Auswärtigen Amts heute «wichtiger denn je.» Nachdem Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf die Einhaltung der Schuldenbremse und einen strikten Sparkurs in den meisten Ministerien pocht, stehen Baerbock in den laufenden Verhandlungen tiefe Einschnitte beim Haushalt bevor.


Berichte über 13 Tote bei Luftangriffen Israels im Norden von Gaza

GAZA/TEL AVIV: Bei israelischen Luftangriffen im nördlichen Gazastreifen hat es nach palästinensischen Berichten zahlreiche Tote gegeben. Die israelische Armee teilte mit, in der Nacht zum Dienstag seien zwei Gebäude im Norden des Küstenstreifens beschossen worden, in denen sich Terroristen aufgehalten hätten. Darunter seien auch Terroristen, die am Massaker am 7. Oktober beteiligt gewesen seien und Geiseln festgehalten hätten. Die Gebäude befänden sich im Flüchtlingsviertel Al-Schati und in Daradsch Tuffah.

Palästinensische Medien im Gazastreifen berichteten von mindestens 13 Toten bei dem Angriff in Al-Schati. Die Hamas bestätigte am Dienstag Berichte, dass auch eine Schwester des Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija ums Leben gekommen sei. Angriffe auf seine Familie änderten die Haltung der Islamistenorganisation nicht, teilte Hanija nach Angaben der Hamas in einer Erklärung mit.

Terroristen hätten in Schulgebäuden Unterschlupf gesucht, hieß es in der Mitteilung der Armee. Sie seien an der Planung und Ausführung von Anschlägen auf Israel beteiligt gewesen. Es seien Luftüberwachungsmaßnahmen, präzise Munition und geheimdienstliche Mittel eingesetzt worden, um die Gefahr für Zivilisten zu minimieren. Das israelische Vorgehen im Gazastreifen gegen die Hamas wird vor allem aufgrund der hohen Zahl ziviler Opfer kritisiert.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der islamistischen Palästinenserorganisation und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn mindestens 37.658 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 86.000 verletzt. Die Angaben unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten und lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

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