Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

USA bereiten Evakuierung für Kriegsfall im Libanon vor

TEL AVIV/BEIRUT: Die USA bereiten sich angesichts der zunehmenden militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah auf die mögliche Evakuierung von Amerikanern aus dem Libanon vor. Hierzu seien ein zusätzliches Kriegsschiff sowie eine Marineexpeditionseinheit zur Verstärkung der US-Truppen in der Region ins Mittelmeer verlegt worden, berichtete der US-Sender NBC am Donnerstag unter Berufung auf drei mit den Plänen vertraute US-Verteidigungsbeamte sowie einen ehemaligen US-Beamten. Der Schritt diene auch zur Abschreckung, um eine Eskalation des Konflikts zu verhindern.

US-Beamte seien zunehmend besorgt, dass Israel in den kommenden Wochen verstärkt Luftangriffe und sogar eine Bodenoffensive im Libanon durchführen könnte, hieß es. Auch das US-Portal «Politico» berichtete unter Berufung auf US-Geheimdienstinformationen, dass es in den nächsten Wochen wahrscheinlich zur großangelegten militärischen Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah kommen dürfte, sollte es im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas keine Einigung auf eine Waffenruhe geben.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es täglich zu Schusswechseln zwischen Israels Armee und der Hisbollah im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Zuletzt hatten sich die Gefechte deutlich zugespitzt. Am Donnerstagabend schoss die Schiiten-Miliz rund 35 Raketen auf den Norden Israels ab, wie die israelische Armee mitteilte. Die meisten Geschosse seien abgefangen worden. Die Schiiten-Miliz bezeichnete den Angriff als Antwort auf die Tötung eines ihrer Kämpfer Stunden zuvor. Es wird befürchtet, dass ein möglicher offener Krieg zwischen Israel und dem Libanon sich zu einem regionalen Konflikt ausweiten könnte, in den auch die USA als wichtigster Verbündeter Israels hineingezogen würden.


2000 Demonstranten vor Villa von Israels Premier Netanjahu

TEL AVIV: Rund 2000 Menschen haben am Donnerstagabend vor der privaten Villa des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Caesarea bei Tel Aviv demonstriert. Sie verlangten Schritte zur Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln sowie den Rücktritt des Regierungschefs, wie das Nachrichtenportal «ynetnews.com» berichtete. Sie riefen demnach Parolen wie «Wie viel Blut wird noch vergossen, bevor du gehst» und «Bring die Geiseln jetzt zurück - und geh!»

Die Hamas und andere extremistische Gruppen aus dem Gazastreifen hatten am 7. Oktober des Vorjahres den Süden Israels überfallen, mehr als 1200 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln verschleppt. Die indirekten Verhandlungen über die Freilassung von noch rund 100 lebenden Geiseln, bei denen die USA, Ägypten und Katar vermitteln, stecken derzeit in einer Sackgasse.

Kritiker werfen Netanjahu vor, einen Geisel-Deal nicht ernsthaft anzustreben, um die ultra-religiösen und rechtsextremen Partner in seiner Koalition nicht vor den Kopf zu stoßen. Der Regierungschef macht die aus seiner Sicht unnachgiebige Haltung der Hamas für das Ausbleiben eines Verhandlungserfolgs verantwortlich.

Die Proteste gegen Netanjahu haben in den letzten Wochen an Intensität zugenommen. Die machtvollsten Demonstrationen finden in der Küstenmetropole Tel Aviv statt. Aber auch die private Villa der Netanjahus im Seebad Caesarea, 50 Kilometer nördlich von Tel Aviv, ist immer wieder Schauplatz von Kundgebungen gegen den Regierungschef.


Ein Toter nach israelischem Angriff im Libanon

BEIRUT: Bei einem israelischen Angriff im Libanon ist nach libanesischen Angaben eine Person getötet worden. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass der Angriff am Donnerstagnachmittag auf ein Motorrad in Sohmor in der Bekaa-Ebene im Osten des Landes zielte, etwa 40 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt.

Die Hisbollah gab den Tod eines ihrer Kämpfer, der aus dem Ort stammte, bekannt. Für gewöhnlich führt die Miliz nicht weiter aus, wann, wo und wie ihre Mitglieder ums Leben gekommen sind.

Das israelische Militär teilte mit, einen Hisbollah-Kämpfer getötet zu haben. Er soll für den Abschuss von Drohnen zuständig gewesen sein. Weitere Angaben machte das Militär nicht.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee mit der proiranischen Hisbollah und anderen Gruppierungen im Libanon. Zuletzt hatten sich die Gefechte deutlich zugespitzt. Tote gab es dabei auf beiden Seiten.


Palästinenser: Mehrere Tote bei Angriffen auf Ziele in der Stadt Gaza

GAZA: Bei Angriffen der israelischen Armee auf Ziele in der Stadt Gaza sollen palästinensischen Angaben zufolge sieben Menschen getötet worden. Dutzende weitere Palästinenser seien zudem bei der Bombardierung des Viertels Schedschaija verletzt worden, teilte der von der islamistischen Hamas kontrollierte Zivilschutz am Donnerstag mit. Palästinensische Medien berichteten von heftigen Angriffen auf die Gegend. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Armee sagte auf Anfrage: «Wir können dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigen.»

Israels Armee hatte zuvor die Bewohner mehrerer Viertel der Stadt Gaza zur Flucht aufgefordert. Alle Anwohner und Vertriebenen sollten die Ortsteile Schedschaija, Al-Turkman und Tuffah sofort verlassen und sich in eine als «humanitäre Zone» ausgewiesenes Gebiet im Süden des Küstengebiets begeben, hieß es in einem Aufruf, den ein israelischer Militärsprecher am Donnerstag in arabischer Sprache veröffentlichte. Dies ist meist ein Anzeichen für bevorstehende neue israelische Militäreinsätze in den betroffenen Vierteln.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn mindestens 37.765 Menschen im Gazastreifen getötet und weitere 86.429 verletzt. Die Angaben unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten und lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Auslöser des Kriegs war das Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.


Helfer: Erstmals wieder krebskranke Kinder aus Gaza ausgereist

AL-ARISCH: Zum ersten Mal seit fast zwei Monaten haben nach Angaben des ägyptischen Roten Halbmonds am Donnerstag rund 20 krebskranke Kinder den Gazastreifen in Richtung Ägypten verlassen. Ein Vertreter der Hilfsorganisation sagte, die Patienten seien unter Aufsicht der Weltgesundheitsorganisation über den Grenzübergang Kerem Schalom transportiert worden. Sie würden zur Behandlung in ägyptische Krankenhäuser eingeliefert.

Zuvor waren Krankentransporte aus dem Gazastreifen vorübergehend eingestellt worden, da der an Ägypten grenzende Übergang Rafah dafür nicht mehr genutzt werden konnte. Er wurde nach der Übernahme der palästinensischen Seite durch Israels Armee Anfang Mai geschlossen. Ende Mai stimmte Ägypten der Öffnung des Grenzübergangs Kerem Schalom im Süden des Gazastreifen für Lieferungen von humanitärer Hilfe und von Treibstoff zu. Der Übergang zwischen Israel und dem Gazastreifen liegt nahe der Stadt Rafah und der ägyptischen Grenze. Ägypten hatte wiederholt erklärt, die Arbeiten am Grenzübergang Rafah erst wieder aufzunehmen, wenn sich die israelischen Streitkräfte von dort entfernten.


Hardliner Haschemi macht Rückzieher vor Iran-Wahl

TEHERAN: Am Freitag wählt der Iran einen neuen Präsidenten. Nun zieht sich ein Kandidat aus dem Wettbewerb zurück. Was bedeutet das für die Chancen der anderen Erzkonservativen?

Kurz vor der Präsidentschaftswahl im Iran hat der Hardliner Amirhussein Ghasisadeh Haschemi seine Kandidatur zurückgezogen. Damit wolle er die verbliebenen konservativen Bewerber stärken, schrieb Haschemi am späten Mittwochabend (Ortszeit) auf der Online-Plattform X. Er gehört als erzkonservativer Politiker der sogenannten Stabilitätsfront, einer systemtreuen Gruppe, an und steht der Stiftung für Märtyrer und Veteranen als Vorsitzender vor.

Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler sind an diesem Freitag dazu aufgerufen, einen Nachfolger für den tödlich verunglückten Präsidenten Ebrahim Raisi zu wählen. Der Wächterrat, ein islamisches Kontrollgremium, hatte für die Wahl nur sechs Kandidaten zugelassen. Von Donnerstagmorgen an ist der Wahlkampf offiziell beendet.

Im konservativen Lager tobt ein Machtkampf zwischen dem Hardliner Said Dschalili, Ex-Unterhändler bei Atomverhandlungen, und Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf. Ob sich ein weiterer Kandidat zurückzieht, ist unklar. Als einziger moderater Kandidat hat auch der frühere Gesundheitsminister Massud Peseschkian gute Chancen. Die anderen beiden Kandidaten gelten als chancenlos.

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