Nachrichten aus der Wirtschaft am Donnerstag

Obdachlosenbewegung (MTST) in Brasilien. Foto: epa/Mtst Handout
Obdachlosenbewegung (MTST) in Brasilien. Foto: epa/Mtst Handout

Brasilien: Obdachlose protestieren mit Börsen-Besetzung gegen Hunger

SÃO PAULO: Brasilianische Obdachlose haben vorübergehend das Gebäude von Brasiliens Aktienbörse in der Wirtschaftsmetropole São Paulo besetzt. Die Idee sei es, mit der Demonstration auf das Ausmaß des Hungers in Brasilien hinzuweisen, während die Reichsten des Landes immer reicher würden, zitierte die Zeitung «Folha de S. Paulo» die Organisatoren von der «Bewegung Obdachloser Arbeiter» (MTST) und der «Bewegung Volk ohne Angst» (Frente Povo sem Medo) am Donnerstag. Die Politik der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro sei die Ursache für diesen Prozess.

In der Corona-Pandemie in Brasilien war der Hunger mit voller Wucht zurückgekehrt. 19 Millionen Brasilianer leiden unter Hunger, wie aus einer Studie des Brasilianischen Forschungsnetzwerks für Ernährungssicherheit (Rede PENSSAN) aus dem April hervorgeht. Zudem nahm in Metropolen wie São Paulo und Rio de Janeiro die Obdachlosigkeit enorm zu.

Das größte und bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas ist immer wieder von Hunger heimgesucht worden. 2014 verließ es die Landkarte des Hungers, auch dank Sozialprogrammen des damaligen Staatschefs Luiz Inácio Lula da Silva (2003-2011). Der seit 2019 regierende Rechtspopulist Bolsonaro dagegen setzte in einer seiner ersten Amtshandlungen den Nationalen Rat für Ernährungssicherheit aus. Wirtschaftskrise und Einschnitte in den Sozialprogrammen ließen viele Menschen zurückfallen und Hunger leiden. Aber die Corona-Pandemie verstärkte die Entwicklung erst so richtig.


Bertelsmann-Sparte Majorel schafft nur unteres Ende der Preisspanne

GÜTERSLOH: Die Bertelsmann-Beteiligung Majorel startet an diesem Freitag an der Börse. Allerdings wurde für die Papiere der Dienstleistungssparte nur das untere Ende der angepeilten Preisspanne erreicht: Der Ausgabepreis für eine Majorel-Aktie wurde mit 33 Euro festgelegt, wie Bertelsmann am Donnerstagabend nach Börsenschluss mitteilte. Ursprünglich hatte der Konzern 32 bis 39 Euro angepeilt.

Damit müssen sich Bertelsmann und sein marokkanischer Geschäftspartner Saham Group mit weniger Einnahmen begnügen. Bertelsmann fließen inklusive der Mehrzuteilungsoption nun 380 Millionen Euro zu. Am Freitag sollen gut 20 Millionen existierende Aktien an der Euronext Amsterdam in den Handel gebracht werden. Weitere drei Millionen Aktien sind über eine Mehrzuteilungsoption möglich. Bertelsmann bleibe strategischer Aktionär von Majorel, hieß es weiter.


Libanons staatlicher Stromversorger warnt vor baldigem Blackout

BEIRUT: Der staatliche Stromversorger im krisengeplagten Libanon warnt vor einem baldigen Blackout im ganzen Land. Noch Ende des Monats könnte die Stromversorgung komplett zusammenbrechen, hieß es am Donnerstag in einer Erklärung. Dem Staat am Mittelmeer gehen die Treibstoffvorräte aus.

Der Libanon erlebt seit fast zwei Jahren die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Rund drei Viertel der Bevölkerung leben mittlerweile in Armut. Das staatliche Energienetz sowie private Generatoren können wegen des Treibstoffmangels nur noch selten Strom liefern. Die meisten Libanesen müssen daher bereits jetzt täglich stundenlang ohne Strom auskommen. Das gefährdet auch akut die Krankenhäuser im Land. Vor Tankstellen bilden sich wegen der Treibstoffengpässe regelmäßig lange Schlangen.


Italiens Verbrauchern wird Teil der Energierechnung erlassen

ROM: Angesichts der stark steigenden Strom- und Gaspreise hat die italienische Regierung den Verbrauchern Kostenerleichterungen für den Rest des Jahres in Aussicht gestellt. Ministerpräsident Mario Draghi kündigte am Donnerstag an, dass im letzten Quartal 2021 ein Teil der Gasrechnung nicht bezahlt werden müsse. Familien und kleinen Unternehmen würden darüber hinaus Teile der Stromrechnung erlassen.

Geringverdiener bekommen zudem einen größeren Zuschuss für die Energiekosten als bislang, wie der Regierungschef bei einer Rede der Industriellenvereinigung Confindustria sagte. Die Maßnahmen und Details wollte Draghi am Abend in einer Ministerrunde festzurren.

Die Hilfen kosten den italienischen Staat nach Angaben Draghis mehr als drei Milliarden Euro. Ohne ein Einschreiten der Politik würden die Gaspreise bis zum Jahresende noch einmal um 30 Prozent, die Strompreise gar um 40 Prozent steigen, rechnete der Politiker vor.

Zugleich versprach er, dass es keine Steuererhöhungen geben werde - und bekam dafür Lob aus allen Parteien. «In dieser Phase werden die Gelder verteilt und nicht einkassiert», sagte er. Auch dank der Milliardenhilfen durch den europäischen Corona-Aufbaufonds setzt Italien darauf, dass die Wirtschaft weiter anzieht. Rom geht von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr um rund 6 Prozent aus - im Frühjahr waren 4,5 Prozent prognostiziert worden.


Dax hält sich gut - Evergrande-Sorgen schwelen aber weiter

FRANKFURT/MAIN: Der Dax hat sich am Donnerstag weiter von seinem zu Wochenbeginn verzeichneten Kursrücksetzer erholt. Am Nachmittag stand der deutsche Leitindex noch 0,74 Prozent höher bei 15.621,49 Punkten. Der MDax der mittelgroßen Börsenwerte gewann am Donnerstagnachmittag 0,72 Prozent auf 35.459,90 Punkte. Für den europäischen Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,8 Prozent hinauf. Der Euro erholte sich etwas von seinen Kursverlusten vom Vorabend. Im Nachmittagshandel kostete die Gemeinschaftswährung 1,1717 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1729 Dollar festgesetzt.


Übernahme von Deutsche Wohnen: Fonds beantragt einstweilige Verfügung

BERLIN: Im Ringen um die Übernahme der Deutsche Wohnen versucht ein britischer Hedgefonds, dem größten deutschen Immobilienkonzern Vonovia Steine in den Weg zu legen. Der Fonds Davidson Kempner hat beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung beantragt. Damit solle der Deutsche Wohnen die Ausgabe neuer Aktien und der Verkauf eigener Aktien an Vonovia untersagt werden, wie Davidson Kempner am Donnerstag mitteilte. Davidson Kempner besitzt nach eigenen Angaben 3,2 Prozent des Grundkapitals der Deutsche Wohnen und ist auch an Vonovia beteiligt. Der Fonds wirft den beiden Wohnungskonzernen vor, die Rechte der Aktionäre umgangen zu haben. Ihr Recht, über den Erfolg des Übernahmeangebots von Vonovia zu entscheiden, werde wesentlich beeinträchtigt.


EuGH-Gutachten: Thermofenster bei VW-Autos womöglich rechtswidrig

LUXEMBURG: Volkswagen droht im Rechtsstreit um mutmaßlich vertragswidrige Abschalteinrichtungen eine Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). In einem am Donnerstag veröffentlichten Gutachten des obersten europäischen Gerichts vertritt Generalanwalt Athanasios Rantos die Ansicht, dass sogenannte Thermofenster eine rechts- und somit vertragswidrige Abschalteinrichtung darstellen können. Nach Angaben des EuGH ließ die Software höhere Stickoxid-Emissionen zu, wenn es kälter als 15 beziehungsweise wärmer als 33 Grad Celsius war oder das Auto in mehr als 1000 Höhenmetern gefahren wurde. VW hatte argumentiert, dass diese dem Schutz des Fahrzeugs dienen.


Notenbanken nehmen vorsichtig Kurs auf Straffung der Geldpolitik

WASHINGTON/LONDON: Eineinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie zeichnet sich ein schrittweiser Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik ab. Die US-Notenbank Federal Reserve könnte bei der nächsten Sitzung im November eine Drosselung der milliardenschweren Wertpapierkäufe beschließen, sagte ihr Chef Jerome Powell. Setzt sich die aktuelle Konjunkturerholung fort, könnten die Käufe bis Mitte 2022 eingestellt werden. Zugleich deuten neue Prognosen auf eine Zinserhöhung im kommenden Jahr hin. Auch die Bank of England betonte am Donnerstag, die wirtschaftliche Erholung sei soweit fortgeschritten, dass man in den kommenden Monaten eine Straffung der drastisch gelockerten Geldpolitik erwägen könne. Die Notenbank von Norwegen reagierte schon jetzt mit ihrer ersten Zinserhöhung seit Beginn der Pandemie. Der Leitzins steigt von null auf 0,25 Prozent.


Chipmangel kostet Autobranche Milliarden - Hella kappt Prognose

MÜNCHEN/NANTERRE: Der Mangel an Mikrochips und anderen wichtigen Elektronik-Bauteilen setzt der Autoindustrie weiter zu. Wegen fehlender Halbleiter dürften der Branche in diesem Jahr insgesamt Einnahmen von gut 210 Milliarden US-Dollar (179 Mrd Euro) entgehen, schätzte die Beratungsfirma Alix Partners in einer am Donnerstag in München vorgelegten Analyse. Im Mai war sie noch von deutlich geringeren globalen Einbußen (110 Mrd Dollar) ausgegangen. Wie lange die Lieferprobleme bei Chips anhalten, ist unklar. Für die Autobranche gehört die stockende Versorgung zu den derzeit größten Risiken - bestellte Fahrzeuge können oft nicht fertiggestellt werden, auch viele Zulieferbetriebe bleiben unter Druck. Der Licht- und Elektronikspezialist Hella strich seine Geschäftsprognose zusammen.


EuGH-Gutachten: Vorverlegter Flug kann zu Entschädigung berechtigen

LUXEMBURG: Verbraucher können bei erheblicher Vorverlegung eines Fluges auf Entschädigung durch die Airline hoffen. Ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg befand am Donnerstag, dass eine frühere Terminierung der Starts - sofern diese ein bestimmtes zeitliches Ausmaß erreiche und daher «erheblich» sei - als ein spezieller Fall der Annullierung angesehen werden könne. Die Unannehmlichkeiten für die Passagierinnen und Passagiere könnten dann noch größer sein als bei einer Verspätung. Eine Vorverlegung von Flügen um mehrere Stunden könne den Fluggast möglicherweise dazu zwingen, «geplante Termine abzusagen, Jahresurlaub zu beantragen, um seinem Arbeitsplatz fernbleiben zu können, eine vorübergehende Unterkunft zu suchen oder Transportmittel zu organisieren», hieß es.


Kabelsalat ade - USB-C soll Standard in Handys, Tablets und Co werden

BRÜSSEL: Europäische Haushalte sollen nach dem Willen der EU-Kommission in Zukunft nur noch ein Kabel zum Laden von Handys, Tablets oder Kopfhörern brauchen. Die Brüsseler Behörde legte am Donnerstag einen Gesetzesvorschlag vor, nach dem die Ladebuchsen in Elektrogeräten vereinheitlicht werden sollen. Gängiger Standard soll der USB-C-Anschluss werden, den schon heute viele Firmen wie Samsung und Motorola verbauen. «Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich lange genug über inkompatible Ladegeräte, die sich in ihren Schubladen anhäufen, geärgert», sagte Kommissionsvize Margrethe Vestager. Zugleich profitiere die Umwelt von einer Vereinheitlichung, weil deutlich weniger Elektroschrott entstehe. Verbraucher sollen durch den Vorschlag der EU-Kommission 250 Millionen Euro im Jahr sparen.


Kräftige Konjunkturerholung vertagt aufs kommende Jahr

KIEL/BERLIN: Der erhoffte kräftige Konjunkturaufschwung in Deutschland nach der Corona-Krise lässt auf sich warten. Die wirtschaftliche Erholung fällt Ökonomen zufolge in diesem Jahr vor allem wegen Materialmangels in der Industrie, aber auch anhaltender Vorsichtsmaßnahmen in der Pandemie schwächer aus, als zunächst vorhergesagt. Im kommenden Jahr soll Europas größte Volkswirtschaft dann umso kräftiger an Fahrt gewinnen. Einer Studie zufolge profitieren einzelne Branchen sehr unterschiedlich vom Aufschwung. «Der Aufholprozess bleibt intakt, bekommt aber über das Winterhalbjahr eine Delle», sagte Stefan Kooths, Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag bei der Vorstellung der aktuellen IfW-Prognose.


EU will einmal im Jahr für Bio-Produkte werben

BRÜSSEL: EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Länder wollen künftig einmal pro Jahr für ökologisch erzeugte Lebensmittel werben. Die Institutionen unterzeichneten ein Papier, in dem sie von nun an den 23. September zum EU-Bio-Tag erklärten. Dies teilten sie am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Brüssel mit.

Damit wird an einen Aktionsplan angeknüpft. Dieser sieht unter anderem vor, dass bis 2030 ein Viertel der Agrarfläche in der EU auf die Bio-Landwirtschaft entfallen soll. Um den Verbrauch anzukurbeln, umfasst der Plan Maßnahmen wie Informationskampagnen und eine Förderung von mehr Bio-Essen in öffentlichen Kantinen durch die Vergabe öffentlicher Aufträge.


FDP-Anfrage: Bafin sieht keine Evergrande-Gefahr für deutsche Banken

FRANKFURT/BERLIN: Die Finanzaufsicht Bafin sieht derzeit keine Veranlassung für eine vertiefte Prüfung deutscher Banken wegen der Krise des chinesischen Immobiliengiganten Evergrande. «Im vorliegenden Fall schätzt die Bafin das Exposure der deutschen Finanzwirtschaft auf Basis der ihr aus dem aufsichtlichen Meldewesen vorliegenden Informationen aktuell als so gering ein, dass sie diesbezüglich von den unter ihrer Aufsicht stehenden Instituten bislang keinen Stresstest angefordert hat», heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Reginald Hanke.

Im Kern würde es bei einem solchen Test darum gehen, zu klären, wie groß die Gefahr wäre, dass Banken Kreditausfälle verkraften müssten, sollte sich die Evergrande-Krise weiter zuspitzen. Evergrande ist der zweitgrößte Immobilienentwickler Chinas. Der Konzern hat Schulden von umgerechnet mehr als 300 Milliarden Dollar angehäuft, Anleger befürchten einen Zahlungsausfall. Evergrande muss Geld auftreiben, um Banken, Zulieferer und Anleihegläubiger fristgerecht zu bezahlen. Der Konzern ist so groß, dass einige Experten eine «Ansteckungsgefahr» für die chinesische Wirtschaft und darüber hinaus befürchten.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) behalte «die Situation aufgrund der dynamischen Entwicklung um die Evergrande Group in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf die deutsche Finanzwirtschaft ganz genau im Blick», teilte das Ministerium mit.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Gerald Ullrich äußerte sich skeptisch: «Man kann nur hoffen, dass die Bafin mit dieser Unbesorgtheit richtig liegt und nach den Skandalen der letzten Jahre z.B. bei Wirecard mit ihrer Prognose dieses Mal richtig liegt.» Im Fall von Wirecard war weder der Bafin noch den Wirtschaftsprüfern von EY der mutmaßlich über Jahre laufende Milliardenbetrug des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters aufgefallen.


Lkw-Fahrermangel in Großbritannien - BP schließt einige Tankstellen

LONDON: Wegen des enormen Mangels an Lastwagenfahrern muss der Energieriese BP in Großbritannien jetzt manche Tankstellen schließen. «Wir haben an einigen unserer Standorte Probleme mit der Kraftstoffversorgung und können daher leider eine Handvoll Standorte aufgrund eines Mangels sowohl an bleifreiem Benzin als auch an Diesel vorübergehend nicht betreiben», sagte ein BP-Sprecher dem Sender ITV.

Demnach ist zwar insgesamt ausreichend Kraftstoff vorhanden - allerdings hat der Konzern Probleme, diesen an die Tankstellen zu bringen. Die meisten Standorte würden dann an rund anderthalb Tagen je Woche keine Lieferung erhalten. Autobahnrastplätze sollen bevorzugt beliefert werden. Die Regierung zeigte sich besorgt.

In Großbritannien fehlen nach Angaben des Branchenverbands Road Haulage Association mindestens 100.000 Lkw-Fahrer. Grund sind die Folgen der Corona-Pandemie, fehlender Nachwuchs sowie harte Einwanderungsregeln nach dem Brexit. In der Folge bleiben seit Wochen immer wieder Supermarktregale leer. Auch andere Branchen leiden unter einem starken Fachkräftemangel.

Wie ITV am Donnerstag berichtete, hat BP die Regierung bereits vor Tagen über die Probleme informiert. Die Lage sei «schlecht, sehr schlecht», sagte demnach die zuständige BP-Managerin Hanna Hofer bei einem Treffen mit Regierungsvertretern. Hofer habe erklärt, dass der Konzern nur über zwei Drittel des normalen Tanklagerbestands, «der für einen reibungslosen Betrieb erforderlich ist», verfüge - und dass dieser Wert «sehr schnell» zurückgehe. Daher bereite sich das Unternehmen darauf vor, die Lieferungen «sehr bald» einzuschränken.


EU-Finanzmarktkommissarin McGuinness: Müssen Bankenunion vollenden

FRANKFURT/MAIN: Die EU-Kommission dringt auf Fortschritte bei der Vervollständigung der Bankenunion in Europa. «Es ist entscheidend, dass die Diskussion mit dem Ziel fortgesetzt wird, vor Ende des Jahres eine Einigung zu erzielen», sagte die per Video zugeschaltete EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness bei einer Bankenkonferenz am Donnerstag in Frankfurt.

Mit der Schaffung der Bankenunion reagierten die Europäer auf die Finanzkrise 2008. Ziel ist, den Bankensektor mit einheitlichen Regeln grenzübergreifend stabiler zu machen. Seit November 2014 werden die größten Banken und Bankengruppen im Euroraum zentral von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt. Auch für den Fall, dass Institute in Europa wegen einer Schieflage abgewickelt werden müssen, gibt es nun gemeinsame Regeln. Gestritten wird über die gemeinsame Einlagensicherung Edis (European deposit insurance scheme), also die grenzübergreifende Sicherung von Spargeldern als dritte Säule der Bankenunion. Deutschland fordert zunächst den Abbau von Risiken in den Bilanzen europäischer Banken.

«Um es deutlich zu sagen: Die Bankenunion wird erst dann vollständig sein, wenn Edis eingerichtet ist», betonte McGuinness. Und sie mahnte: «Die Vollendung der Bankenunion wird mit der Zeit immer schwieriger.»

Es müsse sichergestellt werden, dass die Finanzierung der Industrie in der gesamten Europäischen Union funktioniere - auch in Krisenzeiten, in denen weniger öffentliche Hilfsgelder flössen als während der Corona-Pandemie. «Wenn wir eine Krise brauchen, um voranzukommen, wie es in der Vergangenheit oft war, dann lassen Sie uns diese Krise nutzen, um die Bankenunion wiederzubeleben», sagte McGuinness.


Norwegens Notenbank hebt Leitzins erstmals seit Pandemie-Beginn

OSLO: Die Notenbank von Norwegen hat ihren Leitzins erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie angehoben. Der Leitzins steigt von null auf 0,25 Prozent, wie die Norges Bank am Donnerstag in Oslo mitteilte. Ökonomen hatten mit der Anhebung gerechnet. Zuletzt hatte die Notenbank im September 2019 die Zinsen angehoben. In der Pandemie wurde der Leitzins im Mai 2020 auf Null gesenkt. Notenbank-Chef Oystein Olsen stellte eine weitere Zinserhöhung für den Dezember in Aussicht. Er verwies auf die Normalisierung der Wirtschaft, die auch eine graduelle Normalisierung der Zinsen nötig mache.

Unter den Staaten mit den zehn am meisten gehandelten Währungen der Welt ist Norwegen das erste Land, das seit Beginn der Pandemie die Zinsen anhebt. Schweden dagegen hat zuletzt auf eine Leitzinsanhebung verzichtet. In der Eurozone liegt eine Zinserhöhung noch in weiter Ferne. Hier wird derzeit sogar noch über eine Ausweitung der Anleihekäufe diskutiert. In der EU haben kleinere Länder wie Tschechien und Ungarn die Zinsen angehoben. Die US-Notenbank Fed will bald mit dem Ausstieg aus ihren Anleihekäufen beginnen und hat eine Zinserhöhung im kommenden Jahr zumindest in Aussicht gestellt.

Norwegens konsumgetriebener Aufschwung hat die Erwartungen der Notenbank übertroffen. Die registrierte Arbeitslosigkeit lag zudem niedriger, als von der Notenbank erwartet worden war. Die Inflationsrate war zuletzt auf 3,4 Prozent gestiegen. Allerdings sank die Kernrate, die schwankungsanfällige Größen ausschließt, auf 1,0 Prozent. Dies ist der niedrigste Wert seit 2017. Die Notenbank strebt eine Rate von 2,0 Prozent an. Die Gefahr einer zu hohen Inflation sei trotz bestehender Lieferengpässe beschränkt, hieß es. Die norwegische Krone legte nach der Entscheidung zu anderen wichtigen Währungen zu. Die Kurse norwegischer Staatsanleihen gaben nach.


Britische Lebensmittelverbände: Versorgung «auf Messers Schneide»

LONDON: Mehrere britische Lebensmittelfirmen und Verbände haben angesichts der angespannten Versorgungslage Alarm geschlagen und vor Hamsterkäufen in der Weihnachtszeit gewarnt. Die Lebensmittelversorgung des Landes stehe «auf Messers Schneide», schrieb die Chefin des Bauernverbandes National Farmers' Union, Minette Batters, in einen Brief an den Premierminister, der von mehreren Lebensmittelverbänden unterzeichnet wurde. Man brauche Notfallvisa, um ausländische Arbeitskräfte rekrutieren zu dürfen. «Ohne das werden wir mehr leere Regale haben, und Verbraucher werden Panikkäufe machen, um durch den Winter zu kommen», schrieb Batters.

In den vergangenen Monaten waren in Großbritannien immer wieder Engpässe bei verschiedenen Produkten aufgetreten, so dass einige Regale leer blieben. Das liegt vor allem an einem starken Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft und bei Lastwagenfahrern, der sich durch Brexit und Pandemie verschärft hat. Nun belasten zusätzlich hohe Gaspreise und ein damit verbundener Mangel an CO2, der für die Verpackung von Fleisch und anderen frischen Produkten genutzt wird, die Branche zusätzlich.


Ölpreise legen weiter zu

SINGAPUR: Die Ölpreise sind am Donnerstag im frühen Handel weiter gestiegen, wenn auch nur leicht. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 76,35 US-Dollar. Das waren 16 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 15 Cent auf 72,38 Dollar.

Die Erdölpreise haben in den vergangenen Wochen von der Aussicht auf ein zu geringes Angebot profitiert. Wesentlicher Grund sind anhaltende Ausfälle von Förderanlagen im Golf von Mexiko, die auf Nachwirkungen des schweren Hurrikans Ida zurückzuführen sind. Ausdruck der Entwicklung sind seit Wochen rückläufige Lagerbestände der USA, die mittlerweile auf dem niedrigsten Stand seit knapp drei Jahren liegen.


Euro erholt sich leicht

FRANKFURT/MAIN: Der Euro hat sich am Donnerstag im frühen Handel etwas von seinen Kursverlusten vom Vorabend erholt. Am Morgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,1710 Dollar und damit etwas mehr als im asiatischen Handel. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1729 Dollar festgesetzt.

Belastet wurde der Euro am Vorabend durch den aufwertenden Dollar. Die US-Währung profitierte von der Zinsentscheidung der amerikanischen Notenbank Fed. Die Zentralbank signalisierte, womöglich bereits zur nächsten Zinssitzung Anfang November mit der Rückführung ihrer milliardenschweren Wertpapierkäufe zu beginnen. Hintergrund sind die solide Erholung der Konjunktur von dem Corona-Einbruch und die hohe Inflation.

Darüber hinaus ließ die Fed durchblicken, ihren Leitzins möglicherweise früher und rascher anzuheben als bisher gedacht. Allerdings resultiert dieses Szenario aus den Zinsprognosen der Notenbank, die sich in der Vergangenheit als nicht besonders zuverlässig erwiesen haben. Fed-Chef Jerome Powell versuchte, Erwartungen in Richtung baldiger Zinsanhebungen zu dämpfen.


Warum hassen Kinder Brokkoli? Neue Studie gibt Hinweise

LONDON/CANBERRA: Brokkoli oder Blumenkohl - für viele Kinder sind diese Lebensmittel einfach nur «pfui, bäh». Aber warum? Ein Forscherteam hat nun untersucht, was beim Essen der Kohlsorten passiert: Im Mund könnten Speichel-Bakterien dabei schwefelhaltige Verbindungen erzeugen, die unangenehm riechen, berichten die Wissenschaftler im «Journal of Agricultural and Food Chemistry». Eine hohe Konzentration der Verbindungen führe dazu, dass Kinder diese Kohlsorten nicht mögen. Dies könne auch eine Erklärung für die Abneigung gegen anderes Kohlgemüse sein.

Für die Studie identifizierten Forscher der australischen Wissenschaftsagentur Csiro zunächst die wichtigsten geruchsaktiven Verbindungen in rohem sowie gedünstetem Blumenkohl und Brokkoli. Diese wurden dann von 98 Familien mit Kindern zwischen sechs und acht Jahren bewertet - am schlechtesten schnitt dabei Dimethyltrisulfid ab, eine chemische Verbindung, die faul und schwefelig riecht.

Anschließend vermischte das Team um Damian Frank Speichelproben mit rohem Blumenkohlpulver und analysierte die entstandenen Verbindungen. Ergebnis: Kinder, deren Speichel hohe Mengen an flüchtigen Schwefelverbindungen produzierte, mochten rohes Kohlgemüse meistens nicht. Anders sah es allerdings bei Erwachsenen aus. Daraus schließen die Forscher, dass sich die Geschmacksnerven vieler Menschen über die Zeit an die Lebensmittel gewöhnen.


Deutsche Kartoffelernte diesmal wohl schwächer als im Vorjahr

BERLIN: Bei Kartoffeln aus Deutschland zeichnet sich diesmal wohl eine schwächere Ernte ab als im vergangenen Jahr. Erwartet wird eine Menge von voraussichtlich 10,6 Millionen Tonnen, wie nach Angaben des Bundesagrarministeriums aus vorläufigen Daten hervorgeht. Das wären 9,2 Prozent weniger als bei der Ernte 2020 - im Vergleich zum Schnitt der Jahre 2015 bis 2020 aber nur 0,4 Prozent weniger.

Hauptfaktor für das geringere Ergebnis sei eine kleinere Anbaufläche gewesen. Mit Kartoffeln bestellt wurden diesmal rund 259.300 Hektar Ackerfläche - ein Minus von 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Deutsches Kartoffelland Nummer eins ist demnach weiter Niedersachsen mit einem Flächenanteil von rund 45 Prozent, gefolgt von Bayern mit 15 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit etwas unter 15 Prozent.

Ein weiterer Grund für das schwächere Ergebnis war ungünstiges Wetter, wie es zur Erläuterung hieß. Im außergewöhnlich kalten Frühjahr hätten sich die Bestände zögerlich entwickelt. Der vielerorts wechselhafte und nasse Sommer habe zu mehr Pilzinfektionen geführt, Ertrag und Qualität seien beeinträchtigt worden. Im Juli und August seien viele Felder zu nass zum Befahren gewesen, erst seit Anfang September kämen die Arbeiten zügiger voran.

Das Ministerium erläuterte, dass für die vorläufigen Schätzungen diesmal noch relativ wenige Auswertungen ausgewählter Felder vorlägen. Daher könnten sich beim tatsächlichen Ernte-Ergebnis noch größere Abweichungen ergeben.


Europäische Firmen sehen Chinas Wirtschaftskurs mit Sorge

PEKING: Europäische Unternehmen sehen den neuen Wirtschaftskurs der chinesischen Führung mit großer Sorge. «Auf den ersten Blick scheint im Reich der Mitte zwar alles in Ordnung zu sein», sagte der Präsident der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke, am Donnerstag in Peking.

So hätten viele Unternehmen im vergangenen Jahr wieder Rekordzahlen bei Umsatz und Gewinn erzielt, was sich in naher Zukunft auch nicht ändern dürfte. Auch kurzfristig blieben die Aussichten für europäische Unternehmen, die in China tätig sind, insgesamt positiv. Es gebe jedoch «besorgniserregende Anzeichen» dafür, dass sich China zunehmend nach innen wende.

«Diese Tendenz lässt erhebliche Zweifel am künftigen Wachstumspfad des Landes aufkommen», sagte Wuttke bei der Vorlage des jährlichen Positionspapiers der EU-Handelskammer. Diese verwies auf den im März auf dem Pekinger Volkskongress verabschiedeten neuen Fünfjahresplan, der als Kurs klar vorgebe, «die Abhängigkeit vom Rest der Welt zu verringern und schließlich einen hohen Grad an Autarkie zu erreichen».

Dabei werde China voraussichtlich die Rolle, die ausländische Unternehmen derzeit in seiner Wirtschaft spielen, weiter reduzieren - insbesondere in den Hochtechnologiesektoren. «Große Sorgen bereitet den Mitgliedern der Europäischen Handelskammer die Frage, inwieweit sie in der Lage sein werden, zum künftigen Wirtschaftswachstum Chinas beizutragen», sagte Wuttke.


Kammer: Keine Chance für britischen Beitritt zu Amerika-Handelspakt

WASHINGTON/LONDON: Großbritannien hat nach Ansicht eines Außenwirtschaftsexperten derzeit kaum Aussicht auf eine Teilnahme an großen Handelsbündnissen. «Ein Beitritt zum Handelspakt CPTPP der Pazifikanrainer und vor allem zum nordamerikanischen USMCA sind erst einmal nicht realistisch, zumindest nicht in naher Zukunft», sagte Emanuel Adam von der britisch-amerikanischen Handelskammer der Deutschen Presse-Agentur. Zwar sei es noch zu früh, um über den Beitritt zum USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA) zu sprechen, räumte Adam ein. «Jedoch erscheint diese Idee etwas weit hergeholt.»

Das vom britischen Premierminister Boris Johnson erhoffte Freihandelsabkommen mit den USA, ein wichtiges Vorhaben nach dem Brexit, ist in weite Ferne gerückt. US-Präsident Joe Biden hat deutlich gemacht, dass ein solcher bilateraler Vertrag derzeit keine Priorität hat und sieht überdies Londons Rolle im Streit mit der EU-Kommission über Brexit-Regeln für die britische Provinz Nordirland kritisch. Daraufhin berichteten britische Medien, Großbritannien wolle sich um eine Aufnahme zum USMCA bemühen.

«Es ist gar nicht klar, ob USMCA den Beitritt anderer Parteien zulässt, zumal ein Beitritt eine Neuverhandlung des gerade erst mit Mühen errungenen Pakts bedeuten würde», sagte Handelsexperte Adam. «Darüber hinaus hat das Vereinigte Königreich bereits Abkommen mit Kanada und Mexiko.» Kompliziert sei auch die Lage beim CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership). «Die Verhandlungen um einen Beitritt zum CPTPP sind erst am Anfang, und die Intention Chinas, sich ebenfalls um einen Beitritt zu bemühen, könnte den Prozess erschweren.»

Die britisch-amerikanische Handelskammer fordert «in Anbetracht der Tatsache, dass es vorerst nicht zu einem Handelspakt zwischen den USA und Großbritannien kommt», eine neue transatlantische wirtschaftliche Kooperation. So könnten Washington und London etwa spezifische Abkommen zu Datentransfers, zum Handel von digitalen Dienstleistungen und Technologien sowie zu einem weiteren Ausbau der lokalen Handelsförderung vereinbaren, sagte Adam. Das käme gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute: «Dies könnte mittelfristig mehr Gewicht haben als lange Verhandlungen mit ungewissem Ausgang.»

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