Law Lounge

Foto: vege / Fotolia.com
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In unserem Beruf wird man mit den unterschiedlichsten Lebenssachverhalten konfrontiert und ist eigentlich immer ziemlich nah an den aktuellen Ereignissen. Geht es allen gut wird viel investiert. Stottert die Wirtschaft etwas bearbeiten wir mehr Insolvenzverfahren.

Was uns jedoch in den letzten Wochen an Anfragen und Telefonaten erreicht hat lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass bei vielen die „Nerven blank“ liegen. Es vergeht kaum ein Tag, in welchem wir nicht von einem neuen Strafrechtsmandat informiert werden, wobei die Anzahl der Körperverletzungsdelikte meines Erachtens erschreckend hoch ist. In vielen Fällen wird wegen eines minimalen Anlasses gestritten und dann eskaliert die Sache. Erstaunlich auch die hohe Anzahl von sog. häuslicher Gewalt, d.h., wenn es zu Körperverletzungsdelikten zwischen Eheleuten oder Lebenspartnern kommt. Meine Mutter würde mich auf der Stelle enterben, wenn ich – im strafrechtlichen Sinne – Hand an eine Dame legen würde.

Wenn man sich als ausländischer Staatsbürger einem strafrechtlichen Vorwurf in Thailand ausgesetzt sieht, ist dies keine schöne Sache. Im Folgenden wollen wir in einfachen Zügen einmal darlegen, was man Beachten soll, wenn man in Thailand verhaftet wird. Erste Grundregel ist Ruhe bewahren. Dies ist manchmal leichter gesagt als getan, da, je nach Situation, noch das Adrenalin im Körper seine volle Kraft ausübt oder man fühlt sich völlig missverstanden und versteht die Welt nicht mehr. Dennoch – auch wenn es schwerfällt – ruhig bleiben und wenn man in der Lage ist, mit der Beweissicherung beginnen. Beweissicherung ist ein weiter Begriff. Man sollte Bilder machen von dem Umfeld, sich Namen und Daten von anwesenden Personen notieren, bei einem Unfall Ausschau nach einer möglichen Überwachungskamera halten.

Recht auf Anwalt oder Dolmetscher

Wir hören oft das Vorurteil, dass der ausländische Staatsbürger auf der „Stelle verurteilt wurde, d.h. nur dieser kann schuld sein.“ Wie so vieles im Leben ist ein Unfall, eine Verhaftung, ein Streit etc. der perfekte Nährboden für Miss­verständnisse. Wenn man der thailändischen Sprache nicht mächtig ist und nicht versteht was um einen herum gesprochen wird, erst einmal nichts sagen. Auch in Thailand darf man zu den Vorwürfen schweigen und hat das Recht einen Anwalt zu kontaktieren. Es muss im ersten Moment kein Anwalt sein, es sollte aber auch nicht der beste Freund sein, wenn dieser kein Thai kann. Man kann auch darauf bestehen, dass man die zuständige Botschaft oder ein Konsulat kontaktieren darf. Diese können zwar nicht helfen, dass der strafrechtliche Vorwurf fallen gelassen wird, aber im Idealfall teilen diese mit, wie man sich in den ersten 24 Stunden zu verhalten hat, können die Familie im Heimatland verständigen und benennen Anwälte und Dolmetscher, die zeitnah zur Polizei kommen können. Wer sich keinen Anwalt oder Dolmetscher leisten kann, für den kann es kritisch werden. Wir sagen dies nicht aus Eigeninteresse aber wenn man die Polizisten nicht versteht, endet dies oft in weiteren Missverständnissen. Man hat zwar Anspruch auf einen Pflichtverteidiger aber nur wenn der Tatvorwurf mit zehn oder mehr Jahren geahndet werden kann. Doch auch Schweigen oder Nichtstun kann später gegen einen verwendet werden. So gilt bspw. bei Drogendelikten, welche je nach Drogenklasse ein Strafmaß von mehr als drei Jahren vorsehen, dass man zu einem Drogentest aufgefordert wird. Verweigert man diesen, kann diese Verweigerung in einem späteren Verfahren als Belastungsbeweis eingeführt werden. Da es doch einige Dinge zu beachten gibt, sollte man höflich aber bestimmt auf die Anwesenheit eines Anwalts bestehen. Dieser sichtet dann die aktuelle Beweislage zum Anklagevorwurf und kann dann im Namen seines Mandanten die Verhandlung führen. In manchen Fällen ist es ratsam, den strafrechtlichen Vorwurf auf der Polizeistation mit allen Beteiligten zu regeln, bevor die Akte zur Staatsanwaltschaft geht. Dies macht vor allen Dingen dann Sinn, wenn es um finanziellen Ausgleich geht, denn wenn der Täter im Gefängnis sitzt ist noch kein Baht bezahlt. Kommt es zu keiner Einigung oder handelt es sich um ein Delikt, welches nicht durch Einigung beendet werden kann, droht erst einmal Untersuchungshaft, welche in manchen Fällen mit Hinterlegung einer Kaution abgewendet werden kann. Je nach Schwere des Vorwurfes kann die Kaution schnell ins Geld gehen. Hinzu kommt, dass ausländische Staatsbürger ihren Reisepass abgeben müssen, da Fluchtgefahr unterstellt wird. Wenn man nun nur drei Wochen im Urlaub ist, wird dies schwer, seinem Arbeitgeber in der Heimat mitzuteilen, dass man wohl nicht wie geplant nach dem Urlaubs­ende zur Arbeit zurückkehrt. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, dass man einen Antrag stellen kann, dass man das Land verlassen darf und dann zur Gerichtsverhandlung wiedererscheint. Dabei muss jedoch gesagt werden, dass dies zum einen eine Verdoppelung der Kaution verlangt und die Gerichte sehr restriktiv sind bei der Gewährung solcher Anträge. Der mögliche Arbeitsplatzverlust ist dabei nicht ausreichend. Anträge, welche in der Vergangenheit genehmigt worden waren, bspw. die Teilnahme an der Beerdigung eines Familienmitglieds oder eine medizinische Behandlung, welche nachweisbar in Thailand nicht ausgeführt werden kann (wobei der Schwerpunkt auf der medizinischen und nicht auf der finanziellen Seite lag).

Im Ergebnis gilt, egal in welchem Land wir leben, muss man die Gesetze für eine funktionierende Gemeinschaft beachten. Wer ein Drogenproblem hat, sollte um Asien und nicht nur Thailand einen weiten Bogen machen. Wenn der Partner einen reizt bis aufs Blut, auf die Zunge beißen und gehen und schließlich darf ich meinen damaligen Ausbilder bei der Staatsanwaltschaft zitieren: „Wer Geld für ein Bier hat, hat auch Geld für ein Taxi!“


Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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