Laos - Thailands kleiner und bescheidener Nachbar

Bericht eines kurzen, aber lohnenswerten Abstechers in seine Hauptstadt Vientiane

Vientiane Ein Besuch in Laos‘ Hauptstadt.  Fotos: lwb
Vientiane Ein Besuch in Laos‘ Hauptstadt. Fotos: lwb

Im Schatten seines großen und berühmten, touristisch vollkommen erschlossenen Nachbarn Thailand fristet Laos, der einzige Binnenstaat in Südostasien, eher ein bescheidenes Dasein. Flächenmäßig nicht einmal halb so groß wie das Königreich und mit circa 7 Mio. Einwohnern nur ein Zehntel so stark, ist die Volksrepublik zu 80 Prozent landwirtschaftlich geprägt. Besucht man Nong Kai im Nordosten Thailands, sollte man gleichwohl unbedingt einen Abstecher über die Thai-Lao-Friendshipbridge nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos, einplanen. Sie liegt nur 24 Kilometer von der thailändischen Provinzhauptstadt entfernt.

In Ermangelung eines blühenden Tourismus zählt der Opiumanbau in Laos immer noch zu einer der größten Geldquellen, zugleich aber ist er auch eines der größten Probleme des Landes. 1962 wurde monatlich etwa eine Tonne Opium nach Südvietnam geliefert, wo es zielgerichtet an US-amerikanische Soldaten verkauft wurde. Für 1995 wurde geschätzt, dass Laos 80 Tonnen Opium für den eigenen Verbrauch produzierte und weiterhin 40 bis 60 Tonnen exportierte. Damit war das Land nach Afghanistan und Myanmar die drittgrößte opiumproduzierende Nation. Heute versucht die Regierung von Laos, in Zusammenarbeit mit dem United Nations Development Programme (UNDP), einer lösungsorientierten, auf breitem Wissen basierenden Organisation, die Ländern dabei hilft, ihre eigenen Entwicklungsziele zu erreichen, sowie anderen Nichtregierungsorganisationen das Problem des Drogenmissbrauchs in den Griff zu bekommen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, das Land bis 2015 drogenfrei zu bekommen.

Laos – Spielball der Mächte

Charles de Gaulle beginnt seine Memoiren mit dem ebenso kurzen wie prägnanten Satz "Frankreich kommt aus der Tiefe der Zeiten". Etwas Vergleichbares kann man über die Länder Südostasiens nicht sagen. Beinahe alle sind eher Produkte des 19. Jahrhunderts, ihre Grenzen wurden oft verschoben oder neu gezogen. Laos war dabei immer wieder Spielball seiner mächtigen Nachbarstaaten Siam, Birma und China, später auch der Kolonialmacht Frankreich. Dazu ins Detail zu gehen, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen.

Die Fahrt durch die Vororte von Vientiane macht jedoch schon zwei Dinge deutlich: es ist keine im Laufe der Jahrhunderte gewachsene Hauptstadt, und Laos selbst ist eines der least developed countries (eines der am wenigsten entwickelten Länder) der Erde. Erst 1945 hat sich das Land gegen den Widerstand Frankreichs für unabhängig erklärt.

Nach der Niederlage der US-Amerikaner in Südostasien übernahmen die Pathet Lao, eine militärische Widerstandsbewegung mit kommunistischer ideologischer Ausrichtung, im Dezember 1975 die Macht in Vientiane.

Das erste Besucherziel in der Hauptstadt ist der Pha That Luang, das Nationalsymbol des Landes. Schon von Weitem fällt einem die goldene Spitze des 45 Meter hohen Stupa ins Auge, der einer stilisierten Bananenblüte ähnelt. Ein Stupa war ursprünglich ein Grabhügel, der in Indien für die Bestattung von Königen errichtet wurde. Im Buddhismus wurden und werden solche in der Regel nach oben spitz zulaufenden Gebäude auch für Buddha-Reliquien oder die Bestattung von herausragenden Mönchen errichtet. Als herausragend gilt derjenige Mönch, der vollständig Gier, Hass und Verblendung abgelegt hat. Der religiöse Titel für solch einen vollendeten buddhistischen Heiligen ist "Arhat". Er hat die zehn Fesseln abgelegt und wird nach dem buddhistischen Glauben durch das Erreichen des Nirwana auch nicht mehr wiedergeboren. Der Stupa ist Ausgangspunkt der Buddha- und Arhatverehrung und wird von den Buddhisten rituell im Uhrzeigersinn umkreist.

Schon beim Betreten der Anlage bestätigt sich der Eindruck, dass Laos touristisch noch wenig erschlossen ist. Wir sind beinahe die einzigen Besucher vor Ort. Aber auch hier gilt, was in Thailand üblich ist: Laoten bezahlen 2.000 Kip Eintritt, für Ausländer beträgt dieser 5.000 Kip. Aber wollen wir in einem der ärmsten Länder der Welt tatsächlich um umgerechnet 50 Euro-Cent feilschen? Man betritt den Pha That Luang durch das westliche der vier Tore und stellt zunächst überrascht das vollkommen quadratische Ausmaß der Anlage fest. Das Monument ist von einem nach innen offenen, überdachten Wandelgang umgeben, in dem in einem Bereich einige Statuen im Khmer- und im Laos-Stil aufgestellt sind. Der Stupa selbst erhebt sich auf drei nach oben kleiner werdenden, quadratischen Terrassen, die jeweils außen von großen, stilisierten Lotos-Blütenblättern gestützt werden. Durch Tore an den vier Seiten erreicht man jeweils die nächste Stufe.

Verlegung der Hauptstadt nach Vientiane

Um die Errichtung des ursprünglichen Monuments, das hier einmal gestanden hat, ranken sich die unterschiedlichsten Legenden. So viel scheint aber gesichert: als König Sai Setthathirath I. seine Hauptstadt von Luang Prabang nach Vientiane verlegte, hat er den Bau einer Stupa auf den Ruinen eines Khmer-Tempels aus dem 13. Jahrhundert in Auftrag gegeben, die 1566 unter dem Namen "Loka-Chulamani" vom König eingeweiht worden ist. Außerhalb der quadratischen Anlage wurden in alle Himmelsrichtungen Tempel errichtet, von denen heute nur noch der Wat That Luang Nuea (die Residenz des Obersten Patriarchen des laotischen Sangha) im Norden und Wat That Luang Tai im Süden des That Luang existieren.

Nachdem während der siamesischen Eroberung im Jahr 1828 der Pha That Luang stark beschädigt wurde und ein Blitzschlag 1896 weitere Zerstörungen anrichtete, gab die französische Kolonialregierung im Jahr 1900 eine Restaurierung in Auftrag, die durch die École Française d‘Extrême Orient durchgeführt wurde. Dieser Auftrag wurde jedoch schon in den 1930er Jahren revidiert. Da vor allem der Stupa den lokalen Würdenträgern missfiel, ließ die Kolonialregierung stattdessen den Stupa originalgetreu wieder aufbauen. Als Grundlage für dieses Vorhaben dienten den Verantwortlichen die detaillierten Zeichnungen des französischen Architekten und Forschers Louis Delaporte, der als Mitglied der Mekong Exploration Commission im Jahre 1867 Vientiane besucht hatte.

Geschichte des Emerald-Buddha

Außerhalb des Pha That Luang gilt es, zumindest noch einen kurzen Blick auf das Denkmal von König Sayasetthirath (1548-1571) zu werfen. Allein an seiner Biographie wird deutlich, wie fließend seinerzeit die Grenzen in Südostasien waren: seine Mutter war eine Schwester des Königs von Chiang Mai. Er war es auch, der den Emerald Buddha von Chiang Mai nach Luang Prabang, der damaligen Hauptstadt des Königreichs LanXang holte, wo er zunächst für zwölf Jahre blieb. Chiang Mai war von 1296 bis 1775 Hauptstadt des Königreichs Lanna, das damals noch eine Einheit mit dem Königreich LanXang bildete. Als Sayasetthirath 1563 seine Hauptstadt von Luang Prabang nach Vientiane (Vieng Chan) verlegte, nahm er den Emerald Buddha mit. Für 214 Jahre blieb dieser schließlich in Vientiane im dortigen Wat Phrakeo. Als 1778 die Siamesen in das Land eindrangen, plünderten sie Vientiane und nahmen den Emerald Buddha mit nach Thonburi. Am 22. März 1784 wurde er im Zuge der Verlegung der siamesischen Hauptstadt vom Westufer auf das Ostufer des Chao Phraya in den Wat Phra Keo in Bangkok gebracht, wo er sich als eines der größten Heiligtümer des thailändischen Buddhismus bis heute befindet. Der Wat Phrakeo in Vientiane – ohne den Emerald Buddha – ist heute das Nationalmuseum von Laos.

Denkmal für die Unabhängigkeit

Als nächste Sehenswürdigkeit steht der Patou Xai auf dem Programm, ein Triumphbogen am nordöstlichen Ende der Lane Xang-Prachtstraße. Eigentlich wurde der 49 Meter hohe Monumentalbau 1962 als "Denkmal für die Helden der königlichen Armee", d. h. für Laos‘ Unabhängigkeit von Frankreich (1949) errichtet, aber wegen der folgenden turbulenten Geschichte des Landes nie vollendet. Als 1975 die Pathet Lao die Macht übernahmen, blieb das gewaltige Betongebilde zunächst für 20 Jahre namenlos und wurde in der Bevölkerung nur Anousavali (Denkmal) genannt. Zum 20. Jahrestag der Machtergreifung im Jahr 1995 erhielt der Triumphbogen schließlich die neue Widmung "Den Helden des 23. August 1975" (Tag der Machtübernahme in Vientiane). Skulpturen aus der indischen Mythologie schmücken den viertorigen Betonbau.

Der Besuch des Denkmals von King Anouvong am Ufer des Mekong beendet den kurzen Ausflug in die laotische Hauptstadt. Anouvongs erfolgreicher Kampf 1827/ 28 gegen siamesische Eindringlinge hatte ihn zum Nationalhelden des Landes gemacht.

Auch wenn es sich insgesamt nur um eine kurze Momentaufnahme gehandelt hat, war der Kurzbesuch von Vientiane der Mühe wert. Er vervollständigt das Bild der Hauptstädte Südostasiens.

Laos‘ Schicksal während des Vietnamkriegs

Während des Vietnamkriegs war Laos neutral, und es gab keine offizielle Kriegserklärung der Vereinigten Staaten an Laos. Dennoch führte die CIA in den 1960er und 1970er Jahren mit einer geheimen, von ihr selbst ausgehobenen Hmong-Armee von Long Cheng aus einen in der Öffentlichkeit bis heute unbeachteten Krieg gegen die Pathet Lao. Marc Eberle dokumentierte dies in seinem Dokumentarfilm "Amerikas geheimer Krieg in Laos". Der zu einem großen Teil durch Laos verlaufende Ho-Chi-Minh-Pfad war nur ein Teilaspekt im Kampf gegen den Kommunismus, so wurden über Laos bei den amerikanischen Flächenbombardements pro Einwohner geschätzte 2,5 Tonnen an Sprengsätzen abgeworfen. Daher gehört Laos zu den am schwersten bombardierten Ländern der Welt. Bis heute wurden und werden keine Reparationszahlungen an die Zivilbevölkerung geleistet. (Auszug aus: Wikipedia „Laos“, v. 07.04.12)

Zukunftsperspektiven für Laos

Die Zukunftsaussichten der Volksrepublik Laos als Binnenland, ohne nennenswerten Tourismus, dessen Bevölkerung zu 80 Prozent in der Landwirtschaft tätig ist, mit einem nur rudimentär ausgebauten Eisenbahnnetz und verrotteten Straßen, die noch größtenteils aus der Zeit der französischen Kolonialherrschaft stammen, sowie einem nach wie vor aus dem Drogenanbau resultierenden Problem, sind nicht allzu rosig. So ist es nicht verwunderlich, dass die Nationalversammlung des kommunistisch regierten Landes ein Projekt gebilligt hat, das als Teil eines umfangreicheren Trans-Asian Rail Agreement gilt, das bereits 2006 von etwa 20 asiatischen Staaten unterzeichnet wurde. Eine von Peking finanzierte Eisenbahnverbindung soll zwischen Kunming, der Hauptstadt von Chinas südlicher Provinz Yunnan, durch Laos‘ nordwestliche Provinz Oudomxai nach Vientiane, der laotischen Hauptstadt verlaufen und von dort weiter nach Bangkok ausgebaut werden, um schließlich im geplanten Tiefseehafen Dawei am Golf von Bengalen in Myanmar zu enden. Auf diese Weise könnten die Chinesen den Schiffsverkehr durch die gefährliche Straße von Malacca umgehen. Ein weiterer Transportweg für das Öl aus dem Mittleren Osten läge absolut in Pekings strategischem Interesse. Überhaupt scheint der explodierende Handel mit Südostasien Chinas Blick auf diese Region zu schärfen, dies umso mehr, wenn bis zum Jahr 2015 die ASEAN-Staaten die Vollendung einer Wirtschaftsgemeinschaft anstreben. In Kunming ist jedenfalls bereits der größte Container-Bahnhof Chinas in der Planung.

Inwieweit jedoch Laos von dem Gesamtprojekt profitiert, bleibt abzuwarten. Kritiker weisen schon jetzt darauf hin, dass China, als der größte Investor, den aus dem Eisenbahngeschäft zu erwartenden Gewinn kaum mit jemandem zu teilen bereit sein wird. Darüber hinaus haben erst kürzlich neueste Berechnungen ergeben, dass der Tiefseehafen Dawei einschließlich der besonderen Wirtschaftszone sowie deren zweigleisige Schienenanbindung mit 325 Milliarden Baht (circa 8,2 Milliarden Euro) die bisherigen Kostenschätzungen von 200 Milliarden Baht bei weitem übertreffen wird, und Experten warnen vor weiteren Steigerungen! Gleichwohl deutet alles darauf hin, dass dieses Mammutprojekt wohl nicht mehr aufzuhalten ist.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.