Gaza-Konflikt: Aktuelles Geschehen am Montag

Ein beschädigtes Gebiet in Khan Younis, südlicher Gazastreifen. Foto: EPA-EFE/Mohammed Saber
Ein beschädigtes Gebiet in Khan Younis, südlicher Gazastreifen. Foto: EPA-EFE/Mohammed Saber

US-Außenminister warnt Israel erneut vor Rafah-Bodenoffensive

WASHINGTON: Die USA sind vehement gegen die Pläne Israels für eine Rafah-Offensive. Dazu sollte es Gespräche mit einer israelischen Delegation geben. Nach deren Absage redet Washington einem anderen ins Gewissen.

Die US-Regierung hat Israel einmal mehr vor einer großangelegten Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt. Das US-Außenministerium teilte am Montagabend (Ortszeit) nach einem Treffen von Ressortchef Antony Blinken mit dem israelischen Verteidigungsminister Joav Galant mit, Blinken habe sich bei den Beratungen erneut gegen eine größere Bodenoffensive in Rafah ausgesprochen, die das Wohlergehen der mehr als 1,4 Millionen palästinensischen Schutzsuchenden dort weiter gefährden würde. Der Minister habe betont, dass es Alternativen zu einem solchen Einsatz gebe, die sowohl Israels Sicherheit als auch den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung besser gewährleisten würden, hieß es weiter.

Die US-Regierung kritisiert seit Längerem die Pläne der israelischen Führung, in Rafah eine Bodenoffensive zu beginnen. US-Präsident Joe Biden hatte sogar explizit eingefordert, dass die israelische Führung eine Delegation nach Washington schickt, um über die Bedenken gegen eine Rafah-Offensive zu beraten - und um Israel mögliche Alternativen zu erläutern. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagte den Besuch seiner Entsandten jedoch am Montag in letzter Minute ab, nachdem der UN-Sicherheitsrat mithilfe der USA eine Resolution verabschiedet hatte, die den internationalen Druck auf Israel erhöht. In der Resolution forderte das mächtige UN-Gremium fast sechs Monate nach dem Beginn des Gaza-Krieges erstmals eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen.

Galants Besuch war bereits seit Längerem anberaumt gewesen - unabhängig von der geplanten Delegationsreise. Am Montag traf Galant neben Blinken auch Bidens Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan. Für Dienstag ist ein Treffen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin angesetzt.


Hamas: Halten an Forderung nach Waffenstillstand fest

GAZA/BEIRUT: Bei den indirekten Verhandlungen im Gaza-Krieg beharrt die islamistische Hamas auf ihrer Forderung nach einem umfassenden Waffenstillstand. Den Vermittlern sei mitgeteilt worden, dass man an der ursprünglichen Position festhalte, gab die Hamas am späten Montagabend auf Telegram bekannt. Diese sehe neben einem «umfassenden Waffenstillstand» auch den Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen, die Rückkehr der Vertriebenen und einen «echten» Gefangenenaustausch vor, hieß es. Grund sei, dass Israel «auf keine der grundlegenden Forderungen unseres Volkes und unseres Widerstands eingegangen ist». Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu «und seine extremistische Regierung tragen die volle Verantwortung dafür, dass sie alle Verhandlungsbemühungen vereitelt und eine Einigung bisher verhindert haben», hieß es.

Israel hat die Forderungen der Hamas nach einem vollständigen Rückzug der Truppen aus dem Küstengebiet und einem dauerhaften Waffenstillstand stets zurückgewiesen. Die Hamas wiederum hat jede weitere Geiselfreilassung von einer israelischen Verpflichtung zur Beendigung des Krieges abhängig gemacht. Netanjahu hat diese Forderung wiederholt als illusorisch bezeichnet und darauf bestanden, dass der Krieg mit dem Ziel einer Zerschlagung der Hamas wieder aufgenommen wird, sobald ein Abkommen zur Geiselbefreiung umgesetzt ist. Am Montag hatte es in Medienberichten geheißen, dass sich Israel bei den Verhandlungen der Vermittlerstaaten Katar, Ägypten und USA bereiterklärt habe, auf die Hamas zuzugehen und im Austausch für 40 israelische Geiseln Hunderte mehr palästinensische Häftlinge freizulassen als bisher zugestanden worden war.

Mit einer völkerrechtlich bindenden Resolution hatte der Weltsicherheitsrat am Montag erstmals seit Kriegsbeginn eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln. Damit steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien. Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf ihre Entscheidungen zum weiteren Kriegsverlauf haben wird. Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten.


UN-Generalsekretär: Forderung nach Waffenruhe muss umgesetzt werden

NEW YORK: UN-Generalsekretär António Guterres hat mit Nachdruck eine Umsetzung der Resolution des Weltsicherheitsrats gefordert, die eine sofortige Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung aller Geiseln verlangt. «Ein Scheitern wäre nicht zu verzeihen», mahnte Guterres am Montag auf der Plattform X, vormals Twitter.

Der Sicherheitsrat in New York, das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen, hatte unmittelbar zuvor erstmals eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das Gremium die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Geiseln. Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Fast sechs Monate nach Kriegsbeginn war es die erste Forderung des Sicherheitsrats nach einer Waffenruhe.


Baerbock hebt Palästinenser-Beitrag für UN-Resolution zu Gaza hervor

RAMALLAH: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) und deren Präsidenten Mahmud Abbas für ihren Beitrag zur UN-Resolution für eine sofortige Waffenruhe in Gaza gelobt. Mit der klaren Verurteilung der Gewalt der islamistischen Hamas gegen Zivilisten am 7. Oktober in Israel habe die PA von Abbas «einen wichtigen Beitrag» zur Entscheidung in New York geleistet, sagte die Grünen-Politikerin am Montag in Ramallah nach einem Treffen mit Abbas. Zugleich verurteilte Baerbock erneut israelische Ankündigungen für neuen Siedlungsbau im Westjordanland.

Dem Aufruf der PA von Abbas an die Hamas, die Waffen niederzulegen, könne sie sich nur anschießen, sagte Baerbock. Der eindringliche Appell der Weltgemeinschaft für eine Feuerpause sei überfällig. Wichtig seien auch die darin enthaltene Forderung nach einer Freilassung aller Geiseln in Gaza und für mehr Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung. Die Entscheidung bedeute auch: «Im jetzigen Moment kann es keine Ausreden mehr geben. Die Menschen in Gaza brauchen dringend jeden Liter Wasser und die Familien in Israel brauchen dringend ihre geliebten Familienangehörigen zurück», verlangte Baerbock.

Die Bundesaußenministerin forderte die Palästinensische Autonomiebehörde auf, ihre Reformbemühungen etwa zur Korruptionsbekämpfung fortzusetzen. Die im Westjordanland herrschende PA brauche darüber hinaus Zugang nach Gaza «und die Gewissheit, dass Gaza und vor allen Dingen das Westjordanland eins sind». Der israelische Siedlungsbau reiße in diesem Zusammenhang immer «neue Lücken und damit auch Sicherheitsgefahren» auf. Baerbock kritisierte: «Das verbaut buchstäblich die Zweistaatenlösung. Das verbaut buchstäblich den Frieden.» Sie setze sich zudem weiter dafür ein, dass gewalttätige radikale Siedler Konsequenzen spüren müssten.

Medienberichten zufolge hat die Zivilverwaltung Israels 800 Hektar im Westjordanland zu israelischem Staatsland erklärt. Auf dem Gebiet sollen unter anderem Hunderte Siedlerwohnungen entstehen. Die israelischen Siedlungen im Westjordanland sind nach internationalem Recht illegal.


Baerbock in Kairo: «Großoffensive auf Rafah darf es nicht geben»

KAIRO: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich bei einem Besuch in Ägypten erneut gegen einen israelischen Bodeneinsatz in der Stadt Rafah im Gazastreifen ausgesprochen. «Eine Großoffensive auf Rafah darf es nicht geben», sagte sie am Montag am Flughafen in Kairo. «Menschen können sich nicht in Luft auflösen.» In der Stadt suchen Schätzungen zufolge derzeit 1,5 Millionen der 2,2 Millionen Bewohner des Gazastreifens auf engstem Raum Schutz vor den Kämpfen in den anderen Teilen des Küstengebiets. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zufolge hat die Armee Pläne ausgearbeitet, um die Zivilisten in Sicherheit zu bringen.

Baerbock betonte am Montag angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen außerdem, Hilfslieferungen aus der Luft und über das Meer könnten nur einen geringen Beitrag leisten. «Was wir brauchen, ist die Öffnung des Landweges». Es gebe eine Verantwortung der israelischen Regierung, Zugang zu Nahrung und Wasser sowie sichere Fluchtorte zu garantieren. Die Grünen-Politikerin warf Israel auch vor, nicht stark genug zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterscheiden. Dies sowie auch die furchtbare humanitäre Situation förderten den Terror im Gazastreifen weiter, so Baerbock. «Es wird keine Geisel befreien, wenn Kinder in Gaza derzeit verhungern.»

Die Ministerin plädierte dafür, das Leid auf beiden Seiten zu sehen und es nicht gegeneinander auszuspielen. «Wir müssen alles dafür tun, dass die furchtbare Situation für die Menschen in Gaza endlich aufhört. Und wir müssen alles dafür tun, dass die Familien, die seit über fünf Monaten auf ihre Liebsten, auf ihre Töchter, Söhne, Eltern warten, dass diese Menschen endlich nach Hause kommen und die Bedrohung Israels von der Terrororganisation Hamas aus ein Ende hat.»

Baerbock wollte am Montag weiter nach Israel und ins Westjordanland reisen.


Erstmals seit langem wieder Raketenalarm in israelischer Stadt Aschdod

TEL AVIV: Erstmals seit mehr als zwei Monaten hat es am Montag in der israelischen Hafenstadt Aschdod wieder Raketenalarm gegeben. Der militärische Arm der islamistischen Terrororganisation Hamas reklamierte den Angriff für sich. Es sei eine Reaktion auf israelische Angriffe auf Zivilisten, teilten die Kassam-Brigaden mit. Die israelische Nachrichtenseite ynet schrieb, insgesamt seien acht Raketen auf Aschdod abgefeuert worden. Zwei seien von der Raketenabwehr abgefangen und der Rest auf unbewohntem Gebiet eingeschlagen.

Es gab zunächst keine Berichte zu möglichen Verletzten. In den Grenzorten zum Gazastreifen hatte es in den vergangenen Tagen ebenfalls Raketenangriffe gegeben. Nach israelischen Angaben haben extremistische Palästinenser seit dem 7. Oktober mehr als 15.000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert.


UN: Trotz Warnungen vor Hunger in Gaza nicht mehr Hilfslieferungen

TEL AVIV/GAZA: Ungeachtet eindringlicher Warnungen vor einer Hungersnot im Gazastreifen kommen nach Angaben der Vereinten Nationen nicht mehr Hilfslieferungen in den umkämpften Küstenstreifen. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA teilte am Montag mit, dass in diesem Monat - bis einschließlich 23. März - täglich durchschnittlich 157 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gefahren seien. «Dies ist immer noch weit unter den operativen Fähigkeiten beider Grenzübergänge und dem Ziel von 500 am Tag», hieß es in der Mitteilung der Organisation, gegen die Israel zuletzt Terror-Vorwürfe erhoben hatte.

Israelische Behörden erlaubten keine dringend notwendigen Lieferungen von Lebensmitteln in den Norden des Gazastreifens. Entsprechende Anfragen von UNRWA seien allesamt zurückgewiesen worden. Hilfsorganisationen haben mehrfach gewarnt, der Hunger im Gazastreifen habe katastrophale Ausmaße erreicht. Israel erlaubt es nach Darstellung des Chefs von UNRWA nicht mehr, dass das Hilfswerk humanitäre Konvois in den Norden des Gazastreifens schickt. UNRWA werde daran gehindert, lebensrettende Hilfe nach Nord-Gaza zu bringen, schrieb Philippe Lazzarini am Sonntag auf der Plattform X, vormals Twitter.

Eine Vertreterin der für die Koordinierung der Nothilfe zuständigen israelischen Militärbehörde Cogat sagte vergangene Woche in Genf, es gebe keine Einschränkung von Hilfskonvois. Die Cogat-Spitze habe mehrfach betont, die Lage im Gazastreifen sei zwar schwierig, es gebe aber keine humanitäre Krise. Israel könne 44 Lastwagen pro Stunde abfertigen. Das Problem liege vielmehr auf der anderen Seite, innerhalb des Gazastreifens, weil die Akteure dort offenbar nicht in der Lage seien, mehr Material zu verteilen. Im Norden des Gazastreifens komme gemessen an der Zahl der dort lebenden Menschen - rund 300.000 - wahrscheinlich mehr Hilfe an als im Süden.

Mehr als die Hälfte der 2,2 Millionen Einwohner waren wegen der israelischen Angriffe in den Süden des Gazastreifens geflüchtet. Es gibt immer wieder Vorwürfe, dass die islamistische Hamas die Hilfsgüter abgreift. Teils werden auf Märkten im Gazastreifen umsonst gelieferte Hilfsgüter zu horrenden Preisen verkauft. In der UNRWA-Mitteilung hieß es, im Norden des Gazastreifens seien Grundbedarfsgüter 25 Mal teurer als vor Beginn des Gaza-Krieges. Ein Sack mit 25 Kilo Mehl koste dort umgerechnet mehr als 370 Euro.


Baerbock trifft israelischen Außenminister Katz - Gaza im Zentrum

JERUSALEM: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kommt am Dienstag (8.30 Uhr) in Jerusalem mit ihrem israelischen Kollegen Israel Katz zusammen. Im Mittelpunkt des Treffens dürften neben der Frage des Zugangs für humanitäre Hilfsgüter für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen die politische Zukunft der Region stehen. Seit Wochen wirbt die Grünen-Politikerin für eine humanitäre Waffenruhe, damit die von der islamistischen Hamas weiterhin festgehaltenen israelischen Geiseln freikommen und Hilfslieferungen den Gazastreifen erreichen.

Schon zum Auftakt ihres knapp zweitägigen Besuches in Ägypten, den Palästinensischen Gebieten und Israel hatte die Bundesaußenministerin die israelische Regierung erneut aufgefordert, «endlich die Grenzübergänge für viel mehr Hilfe» zu öffnen. Luftabwürfe oder Seebrücken für Hilfsgüter seien keine nachhaltige Lösung. Die deutsche Luftwaffe hatte vor gut einer Woche damit begonnen, vor allem Lebensmittel über Gaza abzuwerfen.

Baerbock warnt zugleich vor der geplanten israelischen Bodenoffensive in Rafah. Die Pläne für eine Bodenoffensive sind stark umstritten, weil etwa 1,5 Millionen der 2,2 Millionen Bewohner des Gazastreifens dort Schutz vor den Kämpfen in anderen Teilen des Küstenstreifens gesucht haben. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat deutlich gemacht, dass er eine Offensive in Rafah notfalls auch im Alleingang durchführen will.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.