Festkleben oder Zukunft gestalten?

Foto: Orlando Bellini/Fotolia.com
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Fortgeschrittene Sprachverarbeitungsmodelle wie Chat-GPT lassen einen staunen. Künstliche Intelligenz allgemein hat in den letzten Jahren atemberaubende Fortschritte gemacht. Kognitive Fähigkeiten des Menschen werden immer besser imitiert. Die Möglichkeiten scheinen grenzenlos und viele Menschen fragen sich insbesondere, wie sich dies auf ihre Berufstätigkeit auswirken wird.

Dennoch ist die Stimmung in Thailand ausgezeichnet. Alle sind froh, dass Covid-19 gefühlt vorbei ist, und man sieht es besonders den gutgekleideten jungen Leuten in den Geschäftsbezirken an, dass sie ein Stück vom Kuchen abhaben wollen, bevor sie mit dem notorischen Kaffee in der Hand, in ihren Bürotürmen verschwinden.

Die Welt sortiert sich gerade neu

Warum ist dies in Deutschland anders? Warum will ein Teil der jungen Leute dort glauben, morgen sterben zu müssen? Klima-Kleber erklären offen ihr Ziel, ganz Deutschland lahmzulegen. Es wird gewalttätig. Dies erscheint besonders absurd in einer Situation, in der sich die Welt gerade neu sortiert und offenkundig wirtschaftliche Interessen oben auf der Agenda der entscheidenden Akteure stehen. Der grausame Krieg in der Ukraine läutet nun auch in Europa eine neue Blockbildung ein, die unsere Welt nachhaltig verändern wird. Mit Blick auf Energie dürfte Folgendes sicher sein: Russland wird so viele fossile Brennstoffe fördern wie möglich und diese werden auch verbrannt werden. Indiens Außenminister sagt offen, dass wirtschaftliche Interessen der indischen Bevölkerung für seine Regierung im Vordergrund stehen und fossile Brennstoffe auf längere Sicht unverzichtbar sind. Die arabischen Staaten haben noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, ihr Öl bis zum letzten Tropfen fördern zu wollen.

In diesem Umfeld will nun auch in Deutschland eine „letzte Generation“ auf eine „eskalierende Klimakrise“ hinweisen. Dies ist absurd und kontraproduktiv, da ja in Deutschland mit am klimafreundlichsten produziert wird. Wenn Deutschland nun immer mehr deindustrialisiert, bedeutet dies lediglich, dass diese Produkte an anderen Standorten mit schlechteren Umweltstandards hergestellt werden. Hunderte von Millionen Chinesen, Indern und Afrikanern sowie der gesamte globale Süden werden sich ihren wirtschaftlichen Aufstieg nicht vom Westen verbieten lassen, auch wenn viele davon die Folgen des Klimawandels schon jetzt besonders hart zu spüren bekommen. Wer dies erkennt, kommt zwingend zu dem Schluss, dass Fortschritt und technische Entwicklungen die einzige Chance darstellen, den großen Herausforderungen der Menschheit zu begegnen. Stillstand und sich festkleben sind das diametral falsche Signal und in der Sache nutzlos. Auch die „Fridays for Future“-Aktivis­ten könnten sich fragen, ob sie nicht einen Tag mehr statt weniger studieren sollten, um mit guter Ausbildung an den Aufgabenstellungen zu arbeiten und zu einer Lösung beizutragen.

Nachhaltigkeit statt Blockade

Perspektivwechsel zurück nach Asien: Wer die sensationelle Entwicklung Shenzhens in den letzten zwanzig Jahren miterlebt hat, weiß, was möglich ist. Laut McKinsey ist Shenzhen zwischenzeitlich die nachhaltigst­e Stadt der Welt. Der öffentliche Nahverkehr fährt seit 2015 komplett mit Ökostrom, für Fahrräder gibt es ein eigenes Verkehrsnetz, ohne das Auto in Frage zu stellen, und die Menschen dort bewohnen die grünsten Hochhäuser Chinas. Welchem Beispiel wird der globale Süden folgen? Machern, die etwas bewegen oder irgendwelchen Pappnasen, die sich an der Straße festkleben?

Der Staat ist zur Melkkuh geworden

Der zwischenzeitlich verstorbene Bundespräsident Herzog hat Ende des letzten Jahrhunderts klug festgestellt, durch Deutschland müsse ein Ruck gehen. So richtig passiert ist bisher noch nicht viel. Die Parteien werden immer verkrus­teter und bringen vor allem Schwätzer an die Spitze, die außer Geld ausgeben nicht viel bewegen. Der Staat ist zur Melkkuh für alle geworden und noch gibt er ordentlich Milch. Aber die Wende ist bereits eingeläutet und für den aufmerksamen Beobachter sichtbar.

Jeder einzelne sollte sich in diesen Tagen fragen, wie er oder sie leben will. Passiv Festkleben – auch geistig – oder Zukunft aktiv gestalten. Den „Allesverhinderern“ sei an dieser Stelle nur noch gesagt: Der Wohlstand in Deutschland wird schon jetzt messbar weniger. Auch Bürgergeld und Rente sind bei Fortführung aktueller Politik mittelfristig nicht mehr sicher.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hong Kong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting Haus und ist seit 2016 als Chairman einer der ältesten digitalen Marketingagenturen in Südostasien tätig. Feedback zum Gastbeitrag per E-Mail erwünscht!

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