Druck aus den USA wegen Nahostplans?

Tunis ruft UN-Botschafter zurück

TUNIS (dpa) - Offiziell ist der tunesische UN-Botschafter Moncef Baati wegen «mangelnder Koordination» zurückgerufen worden. Diplomaten in New York aber berichten von Druck der Trump-Regierung.

Im Streit um den Entwurf einer UN-Resolution zum Nahostplan von US-Präsident Donald Trump hat Tunesien seinen Botschafter bei den Vereinten Nationen zurückgerufen. Der im September ernannte Moncef Baati sei von dem Posten abberufen worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TAP am Freitag.

Grund sei die «mangelnde Koordination» mit dem tunesischen Außenministerium sowie mit Vertretern arabischer und islamischer Staaten bei den UN. Inhaltlich sei es um einen Resolutionsentwurf zu Trumps Nahost-Plan gegangen, zitierte TAP eine Quelle im tunesischen Präsidialamt.

Mehrere Diplomaten in New York brachten die Rückbeorderung des Botschafters gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mit direktem Druck der US-Regierung auf Tunis in Zusammenhang. Baati hatte zusammen mit Indonesien im Namen der Palästinenser eine Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums für Dienstag angefragt, zu der auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erwartet wird. Tunesien und Indonesien sind momentan Mitglieder des UN-Sicherheitsrates.

Am Dienstag könnte dabei auch die Resolution - ebenfalls eingebracht von Tunesien und Indonesien - vorgestellt werden. Sie wendet sich gegen den Ende Januar von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Nahostplan. Ein Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, beinhaltet eine Zwei-Staaten-Lösung unter Berücksichtigung der UN-Resolutionen und auf Basis der Grenzen von 1967. Er enthält außerdem eine direkte Ablehnung des von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner ausgearbeiteten US-Plans.

Kushner war am Donnerstag in New York, um den Botschaftern des Sicherheitsrates den «Deal des Jahrhunderts» zur Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern schmackhaft zu machen. Der Plan war nach seiner Vorstellung in Washington vielerorts auf Ablehnung gestoßen - unter anderem bei der EU und den Palästinensern -, weil er die Palästinenser zu erheblichen Zugeständnissen an Israel zwingt. Gleichzeitig würde er Israel die Annexion des Jordantals und von jüdischen Siedlungen im Westjordanland erlauben. Ein Palästinenserstaat wäre mit harten Auflagen verbunden und der Traum der Palästinenser von einer Hauptstadt im historischen Ost-Jerusalem zunichte gemacht.

Auch die Vereinten Nationen äußerten sich bestenfalls verhalten und betonten, dass sie eine Zwei-Staaten-Lösung auf Grundlage der UN-Resolutionen und den Grenzen von 1967 für notwendig halten. Unter Diplomaten wird die Rückbeorderung des tunesischen Botschafters nun als Ergebnis des Versuchs der USA gesehen, diplomatischen Widerstand im Sicherheitsrat mit Druck auf die Regierung Tunesiens zu brechen. Tunesiens Präsident Kais Saïed hatte den US-Nahost-Plan als «Ungerechtigkeit des Jahrhunderts» kritisiert. Die amerikanische UN-Vertretung äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.

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