Hochrangige Oppositionspolitiker festgenommen

Foto: Freepik
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TUNIS: In Tunesien sind zwei hochrangige Oppositionspolitiker der islamischen Ennahda-Partei festgenommen worden. Wie die Partei in der Nacht zum Mittwoch mitteilte, wurde Interimschef Mondher al-Wanissi am Dienstag festgenommen. Die Festnahme des amtierenden Parteichefs erfolgte, nachdem eine Audioaufnahme durchgesickert war, die ihm zugeschrieben wird. Darin soll es um Konflikte innerhalb der Partei, ausländische Finanzierungen und Vereinbarungen über einen politischen Übergang im Land gegangen sein. Al-Wanissi bestritt jegliche Verbindung zu den Aufnahmen.

Auch Abdel Karim al-Harouni, Chef des Shura-Rates - dem höchsten Gremium der Partei - wurde nach Parteiangaben festgenommen. Al-Harouni stand bereits seit Samstag unter Hausarrest.

Der tunesische Präsident Kais Saied hatte in den vergangenen Monaten etliche Kritiker festnehmen lassen, darunter Oppositionelle, Aktivisten und Richter. Ihnen werden etwa Korruption und «Verschwörung gegen die Staatssicherheit» vorgeworfen. Auch mehrere Ennahda-Mitglieder sind betroffen, unter ihnen ist auch der prominenteste Kritiker Saieds, Ennahda-Anführer Rached Ghannouch

Die einst beliebte Ennahda-Partei hat auch in der Bevölkerung stark an Zuspruch verloren. Viele Tunesier halten sie für korrupt.

Seit den Umbrüchen nach der Revolution beim sogenannten Arabischen Frühling von 2011 wurden in Tunesien wichtige demokratische Reformen eingeleitet. Heute ringt das Land mit großen wirtschaftlichen Problemen.

Präsident Saied sicherte sich in den vergangenen Jahren immer mehr Macht in dem nordafrikanischen Land mit zwölf Millionen Einwohnern. Er löste dafür im Vorjahr auch das Parlament auf, deren stärkste Kraft die Ennahda war. Die Macht der als moderat geltenden Islamisten wurde dadurch erheblich beschnitten. Saied ließ später eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen. Der Staatschef führte außerdem eine umstrittene neue Verfassung ein, dank der er auch eigenmächtig Richter ernennen und entlassen darf.

Kritiker werfen ihm vor, das Land in eine Autokratie führen. Saied argumentiert, dass die Maßnahmen der Stabilität des Landes dienten.

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