TUNIS: In Tunesien ist der inhaftierte Chef eines für kritische Berichterstattung bekannten Radiosenders freigelassen worden. Wie der Privatsender Mosaique FM am Mittwoch weiter mitteilte, kam Noureddine Boutar nach mehr als drei Monaten Haft gegen eine Kaution von umgerechnet rund 300.000 Euro frei.
Gegen den Journalisten wird unter anderem wegen des Verdachts auf Geldwäsche ermittelt. Kritiker sehen in der Festnahme dagegen einen weiteren Versuch, die Pressefreiheit im Land zu untergraben. Gegen Boutar wurde ein Reiseverbot verhängt.
Sicherheitskräfte hatten den Journalisten Mitte Februar festgenommen. Nach Angaben der Organisation Reporter Ohne Grenzen (RSF) wurde der Direktor des Senders zunächst wegen seiner «redaktionellen Entscheidungen» verhört. Gegen ihn habe kein Haftbefehl vorgelegen. Der Privatsender ist bekannt dafür, auch Kritiker des tunesischen Präsidenten Kais Saied zu Wort kommen zu lassen.
Saied baut seine Macht im Land immer weiter aus, so etwa mit einer umstrittenen Verfassung. Er löste zudem das Parlament des Landes auf und ließ eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen. Etliche Kritiker, darunter Richter und Politiker der Opposition, wurden festgenommen. Ihnen wird unter anderem Korruption vorgeworfen.
Beobachter fürchten schon länger um die Presse- und Meinungsfreiheit in dem nordafrikanischen Land, das darin einst Vorreiter in der arabischen Welt war. Vor einigen Tagen nahm die Polizei auch zwei Studenten fest, nachdem sie ein satirisches Lied über Tunesiens Sicherheitskräfte im Internet veröffentlicht hatten. Die Verfahren gegen die Männer wurden inzwischen aber eingestellt. Der Präsident hatte die Festnahmen der beiden öffentlich in Frage gestellt. In den sozialen Medien hatte es zuvor eine Welle der Solidarität mit den Studenten gegeben.
In der vergangenen Woche wurde ein Journalist von Mosaique FM zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er soll Informationen über die Arbeit der Sicherheitsdienste, darunter Abhörpraktiken, publik gemacht haben.