20. Jahrestag des Irak-Kriegs

Wie erfolgreich ist der US-Einsatz?

Der Palast von Saddam Hussein in Babylon wird 20 Jahre nach dem Einmarsch in den Irak zu einem Museum und einem Ort der Besichtigung. Foto: epa/Ahmed Jalil Attention
Der Palast von Saddam Hussein in Babylon wird 20 Jahre nach dem Einmarsch in den Irak zu einem Museum und einem Ort der Besichtigung. Foto: epa/Ahmed Jalil Attention

BAGDAD/WASHINGTON: US-Truppen stürzten 2003 Saddam Hussein, später bekämpften sie im Irak den IS. Eine funktionierende Demokratie gibt es in dem krisengeplagten Land aber noch immer nicht. Wird der US-Einsatz dort zu einem ähnlichen Fiasko wie jener in Afghanistan?

Die Hälfte der heutigen irakischen Bevölkerung war noch nicht auf der Welt, als der Irak-Krieg vor 20 Jahren begann. Das Leben unter dem autoritär herrschenden Saddam Hussein, den die US-geführte internationale Koalition damals stürzte, kennen sie nur aus Erzählungen. Die Folgen des US-Einmarsches aber prägen das Land bis heute.

Den USA ist es nicht gelungen, im Irak Stabilität oder gar eine funktionierende Demokratie zu etablieren. Wahlen im Land ändern an den realen Machtverhältnissen nur wenig. Das erinnert an die Lage in Afghanistan: Auch dort strebten die Amerikaner eine politische Umgestaltung an - und scheiterten. Nach dem chaotischen Abzug der Nato-geführten Truppen übernahmen dort die Taliban wieder die Macht.

Auch im Irak ist die Lage trotz langjähriger US-Präsenz alles andere als rosig. Die Menschen sind frustriert über die weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft. Obwohl der Irak zu den ölreichsten Ländern der Welt gehört, fällt ständig der Strom aus. Immer wieder kommt es zu Massenprotesten gegen die Führung und ihre Klientelpolitik. Wohl auch deshalb stellen Iraker eine große Gruppe unter den Schutzsuchenden, die in Deutschland Asyl beantragen.

Der US-Militäreinsatz änderte das Kräftegleichgewicht im Irak - und der gesamten Region. Nutznießer war das schiitische Nachbarland Iran, das mit Hilfe von Milizen großen Einfluss im Irak gewann. Diese Milizen stehen auch im Verdacht, Stellungen der US-geführten Koalition anzugreifen, die sie aus dem Land drängen will.

Schiitische Muslime stellen im Irak die Mehrheit. Seit der US-Invasion dominieren sie - gespaltenen in verschiedene Lager - die Politik. Für viele zuvor privilegierte Sunniten waren die Umbrüche frustrierend. In den Reihen des Terrornetzwerks Islamischer Staat (IS), das 2014 große Teile des Landes unter seine Kontrolle gebracht hatte, fanden sich auch viele Sunniten, die früher in Saddams Armee gedient hatten. Als die USA nach dessen Sturz das Militär auflösten, fühlten sich die Soldaten gedemütigt. Der IS nutzte zudem das Chaos nach der US-Invasion aus, um sich im Land auszubreiten.

Die amerikanischen Truppen waren 2011 zunächst aus dem Irak abgezogen, kehrten aber knapp drei Jahre später wieder zurück, um die örtlichen Sicherheitskräfte im Kampf gegen den IS zu unterstützen.

Die Terroristen töteten, verschleppten und versklavten im Irak auch Tausende Angehörige der jesidischen Religionsgemeinschaft. Noch immer leben seitdem etliche vertriebene Jesiden in Flüchtlingslagern.

Das US-Militär habe den IS durch den Einsatz geschwächt, betonte kürzlich der Befehlshaber des für die Region zuständigen Kommandos des US-Militärs (Centcom). Die andauernde Truppenpräsenz sei essenziell, um die Sicherheit in der Region und den Schutz der USA zu erhalten. Trotz der militärischen Niederlage verüben IS-Zellen weiterhin Anschläge in der Region und auch darüber hinaus. Einige Experten fürchten, der IS könne wieder erstarken, sollten die US-Truppen irgendwann aus dem Irak abziehen - und damit eine noch größere Flüchtlingsbewegung Richtung Europa auslösen.

Das US-Militär bildet heute vor allem Iraks Armee aus. Rund 2500 amerikanische Soldaten sind noch im Land stationiert. In der amerikanischen Bevölkerung findet der begrenzte Einsatz kaum noch Unterstützer - ist aber auch kein politischer Zankapfel mehr.

Am 20. März 2003 waren US-Truppen in den Irak einmarschiert. Der damalige US-Außenminister Colin Powell behauptete, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen. Gefunden wurden diese jedoch nie. Hunderttausende Menschen kamen in dem Krieg ums Leben.

«Der US-Militäreinsatz im Irak war in den ersten Jahren von sehr vielen Fehlschlägen gekennzeichnet», sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger der Deutschen Presse-Agentur. Die USA hätten die gesellschaftliche Situation sowie den Zustand des Staates völlig fehleingeschätzt. Dennoch seien nicht alle aktuellen Probleme im Irak auf die Fehler der USA zurückzuführen, betont der Wissenschaftler der Universität Wien, der derzeit als Gastprofessor in Erbil ist. Der Irak sei heute ein sichereres Land als noch vor dem US-Einsatz. Schmidinger zufolge ist es auch «gut vorstellbar, dass die US-Truppen hier wesentlich geregelter abziehen werden als aus Afghanistan.»

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David Ender 20.03.23 21:40
Ein kulturelles Problem ...
Spannend zu sehen wie die verschiedenen Kulturen mit Lebenschancen umgehen: Japan oder Deutschland etwa haben unter ihren Gewaltherrschern Eroberungskriege vom Zaun gebrochen und am Ende vor den Amis kapituliert. Die Chance auf die ersten freien Wahlen in der Geschichte haben sie dann genutzt, um eine friedliche, auf Ausgleich ausgerichtete Gesellschaft aufzubauen. Und Irak und Afghanistan?: Nach quaelenden 6,000 Jahren von Gewaltherrschaft seit Babylon unter stets wechselnden baertigen Herren faellt diesen Gesellschaften nach den ersten freien Wahlen nix besseres ein als uebereinander herzufallen. Schuld ist natuerlich stets "der Ami", dieser unglaeubige Hund. Ganz logisch. Ueberhaupt wollte nach deren sinnverdrehter Logik nicht Saddam das Oel in Kuwait rauben, sondern umgekehrt die USA das irakische. Obwohl die Amis eigentlich Netto-Oelexporteure sind. So einen Unsinn muss man sich erstmal einfallen lassen haha. Koestlich! Jedenfalls - die Kulturen dieser Welt sind offenkundig sehr unterschiedlich talentiert darin ihre Chancen auf ein besseres Leben zu ergreifen. Mein Mitleid haelt sich daher in Grenzen ...
Peter Joe 20.03.23 14:30
USA
Es ging nur ums Oel, diese Eroberung ist gelungen, jetzt haben die Iraki die versprochene Demokratie erhalten.
Ingo Kerp 20.03.23 13:20
Nachdem der Papa den Sadam am Leben gelassen hat, hat der debile Sohn halt das nachgeholt und den Sadam geschnappt. Als US-Präsident kann man solche Rachefeldzüge durchführen, auch ohne UN Zustimmung. Leider waren alle US-Kriege der Neuzeit, d.h. nach 1945 nur Kriege aber, es gab nie einen Plan, was danach zu geschehen hatte. Man war zutiefst davon überzeugt, das der Besiegte mit fliegenden Fahnen sofort und gerne den american way of life annehmen wollte. Zutiefstes Erstaunen seiten der US-Regierung / Bevoelkerung, das man nicht nur nicht wollte sondern, auch anti-amerik. eingestellt war. Sowas undankbares aber auch.
David Ender 19.03.23 16:00
@ Hr Mielig - lesen hilft.
Fragen Sie lieber Saddam und seine Junta-Generaele wo die 544 Tonnen Giftgas versteckt wurden. Oder Hr Mielig luegen hier die UN und jene 31 Demokratien, die auf Basis der Verletzung der Bedingungen zum Waffenstillstand von 1991 die Kaempfe wiederaufgenommen haben? Sie glauben eher Saddam? Alles Giftgas voellig spurlos verschwunden? Nun, ich vertraue eher der UN, USA, CAN, UK, DK, Norw, SpanienTschechien, Polen, Slowakei, Suedkorea und so weiter. So hat jeder seine Praeferenzen im Leben. Ich habs mit Diktaturen halt nicht so ...
Derk Mielig 19.03.23 15:00
@Ender - Ja, wo sind sie denn nur?
Da Sie scheinbar so gut Bescheid wissen, nehme ich an, dass Sie diese in Ihrem Keller verstecken. Sonst hätte man sie ja wohl 2003, nach dem letzten Irakkrieg, gefunden.
David Ender 19.03.23 14:10
Der Deutschen liebste Fantasiegschichtln
Zu diesen zaehlt das Maerchen, dass "Amerika" mit den Briten gemeinsam im Jahr 2003 voellig grundlos den friedliebenden Irak ueberfallen haette. Womit man bequemerweise auch seine eigene Teilnahme an der Entfernung des Saddam-Regimes rechtfertigen kann. Dummerweise muss man dabei ausblenden, dass in Wahrheit eine Koalition von 32 Nationen (davon 31 Demokratien) den Diktator an den Galgen gebracht hatte. Und man muss sich auch staendig einreden es habe "keine Massenvernichtungswaffen" gegeben. Diese Legende wird auch hier wiederholt. Besser bei der UN nachlesen!: In einem Programm zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen hatte der Irak bis Januar 1991 insgesamt 3.859 Tonnen an chemischen Kampfstoffen hergestellt, von dem tatsächlich 3.315 Tonnen in waffenfähiger Form und konkret in 130.000 Sprengkörpern abgefüllt worden waren. Abzüglich der im Ersten Golfkrieg damals gegen den Iran eingesetzten 101.000 chemischen Sprengkörper blieben im Jahre 1991 laut Untersuchungsergebnissen der zuständigen UN-Organisation UNMOVIC (Überwachungs-, Verifikations- und Inspektionskommission der Vereinten Nationen) am Ende 29.000 Giftgas-Sprengkörper und 544 Tonnen an chemischen Kampfstoffen übrig, die vermisst, also "unaccounted for“ blieben, d.h. 21.300 Giftgas-Sprengkörper. Ja wo sind die bloss? So viel zur wohldokumentierten Ausgangsbasis zum Dritten Golfkrieg von 2003. ... Die dt. Medien sagen so, die UN eben so. Wir Deutsche suchen uns halt die bequemere "Wahrheit" aus, oder?