Religion

Günther Ruffert
Günther Ruffert

Jeder junge Mann im Isaan wird in der Regel seine 3 Monate Zeit im Kloster abdienen, um dort den Lehren Buddhas zu lauschen, zu beten und zu meditieren. Kaum ein männlicher Thai (zumindest auf dem Lande) entzieht sich dieser Pflicht. Hier gilt auch heute noch nur der als erwachsener Mann (khon suk) und wird gesellschaftlich voll akzeptiert, der seine Zeit im Kloster abgedient hat. Für sie ist die mit der Ordination beginnende dreimonatige Zeit als Mönch der symbolische Übergang in die Welt der Erwachsenen. Für die Zeit im Kloster unterwerfen sie sich den 227 strengen buddhistischen Regeln. Sie dürfen u.a. nicht in bequemen Betten schlafen, singen oder tanzen, kein Parfüm benutzen und müssen ein striktes Zölibat befolgen. Ihre Mahlzeiten, die sie nur vor 12.00 Uhr mittags einnehmen dürfen, erhalten sie am frühen Morgen von den Gläubigen. Der Mönch muss nicht nur die 227 Regeln befolgen, er darf auch im Kloster keinen persönlichen Besitz haben, ausser seiner gelben Robe, der Almosenschale und ein paar Toilettengegenständen.

Die Zahl der Mönche in den Klöstern schwankt je nach Jahreszeit. Am grössten ist sie in der Monsunzeit. Die Regenzeit, wenn die Reisfelder bestellt sind, und man nichts anderes zu tun hat, als auf die Ernte zu warten, ist traditionell die Zeit, in der die jungen Männer für 3 Monate ins Kloster gehen, um dort ihre Mönchszeit abzudienen. Während der Regenzeit dürfen auch die Mönche ihr Kloster nicht verlassen, mit Ausnahme des morgendlichen Rundgangs, um die Nahrung für den Tag einzusammeln.

Das Verbot, eine Frau zu berühren, führt manchmal zu etwas komischen

Situationen. So wird in einem Bus oder der Eisenbahn ein Mönch sich wohl auf einen freien Platz neben einen männlichen Farang setzen, aber nicht, wenn auch noch dessen Frau mit auf der Bank sitzt. Für Mönche ist in Bussen oft die letzte Bank reserviert. Das führt dann wieder zu komischen Szenen, wenn ein Mönch sich in einem vollbesetzten Bus von seinem hinteren Platz nach vorne zum Ausgang durchquetschen muss. Alle Mädchen, die im Mittelgang an den Halteschlaufen hängen, machen dann akrobatische Verrenkungen, um möglichst nicht in Kontakt mit dem Mönch zu kommen. Wenn ein Mädchen das Fahrgeld kassiert, gibt der Mönch das Geld einem anderen Mann in die Hand, der es dann an die Schaffnerin weiterreicht.

Um Mönch zu werden, muss man mindestens 20 Jahre alt sein, aber auch jüngere Leute können - sozusagen als Lehrlinge - für eine Zeit ins Kloster gehen. Man sieht dann manchmal zehnjährige Knirpse in gelben Roben hinter den Grossen hertrotten. Diese Nen genannten Jungen müssen sich auch nach den strengen Klosterregeln richten, legen aber noch nicht die Gelübde ab. Wenn man die jungen Leute nach dem Grund fragt, warum sie ins Kloster gehen, so ist es gar nicht mal in erster Linie für ihr eigenes Seelenheil, sondern vor allem um "tam buun" zu machen für jemanden, der ihnen nahe steht. Meist tun sie das für die Mutter, denn Frauen können zwar auch ins Kloster gehen (sie tragen dann weisse Roben), das Klosterleben steht ihnen aber nur eingeschränkt offen. Sie können keine Gelübde ablegen und keine Verdienste erwerben.

Buddhistische Nonnen gehören weder einem Orden an, noch können sie Rechte und Privilegien beanspruchen. Sie haben auch nicht den besonderen sozialen Status wie die Mönche.

Wenn ich einen jungen Mann, der im Kloster war, frage, was ihm denn an diesem Leben so gefallen hat, dann antworten interessanterweise auch die Burschen, von denen ich aus persönlicher Bekanntschaft weiss, dass sie allen leiblichen Freuden durchaus nicht abgeneigt sind, es wäre die Ruhe, die Meditation und die gemeinsame Beschäftigung mit den Lehren Buddhas, die sie an diese Zeit gerne zurückdenken lassen.

Klöster gibt es im Isaan sicher nicht weniger als Kirchen in Bayern. Sie sind aber nicht nur Aufenthaltsort der Mönche und Andachtsstätte für die buddhistische Bevölkerung der Umgebung, sondern auf dem Lande auch der kulturelle Mittelpunkt des jeweiligen Bezirks. Die für alle Kinder obligatorische 6-stufige Volksschule befindet sich in der Regel beim Kloster, wenn auch der Lehrkörper heute aus staatlich bezahlten Lehrern besteht. Von Zeit zu Zeit findet auf dem Klostergelände auch eine Freilicht-Filmvorführung statt, meist mit zwei oder drei Spielfilmen hintereinander. Die jungen Leute aus der ganzen Gegend kommen dann zusammen, in Buden wird alles mögliche Ess- und Trinkbare verkauft, und es ist jedesmal eine kleine Kirmes.

Vor den Klöstern, vor allem vor denen, die einen besonders "guten und wundertätigen Buddha" haben, geht es oft den ganzen Tag über zu wie auf einem Markt. Verkaufsstände und offene Imbissbuden bieten alles an, was dem Thai begehrenswert erscheint, wenn er schon mal aus seinem Dorf wegkommt. Interessant sind die Frauen, die mit Körben voll kleiner Vögel vor dem Tempeleingang sitzen und einem diese winzigen Spatzen für ein paar Baht anbieten. Der Zweck ist aber nicht etwa, die Tiere mit nach Hause zu nehmen und sie wieder in einen Käfig zu sperren, sondern sie an Ort und Stelle wegfliegen zu lassen und damit eine gute Tat zu tun, die einem sicher irgendwie vergolten wird. Ich habe mich allerdings nie des Eindrucks erwehren können, dass die Spatzen wie Brieftauben abgerichtet sind und ein paar Strassen weiter wieder in einen Käfig fliegen, von wo aus sie dann von neuem zum Verkauf vor dem Tempeleingang transportiert werden. In Klöstern, die am Wasser liegen, werden für den gleichen Zweck auch kleine Fische und Schildkröten angeboten, denen man dann im Wasser wieder die Freiheit schenken kann.

Spannendes Buch über den Isaan

kam vor über zwei Jahrzehnten als Bauingenieur erstmals nach Thailand. Vor sieben Jahren baute er sich im Isaan bei Surin ein Haus, in dem er mit seiner thailändischen Frau und Tochter lebt. Die Familie kauft bei Bauern nach der Ernte Reis auf und gibt ihn an Grosshändler weiter. Zudem hat der jetzt 75jährige auf 150 Rai mit dem Zuckerrohranbau begonnen. Da Anbau und Ernte arbeitsintensiv sind, ist zeitweise die Hälfte der Dorfbewohner bei Ruffert beschäftigt. Der Deutsche spricht inzwischen fliessend Thai und versucht, sich dem alltäglichen Tagesablauf in seinem Dorf anzupassen. Im FARANG berichtet über das Leben in den Dörfern und die Jahrhunderte alten Sitten dieses Landes.

Wer mehr über das weitestgehend unbekannte Isaan erfahren möchte, sollte zu Rufferts neuem Buch greifen: "Ein Fenster zum Isaan" beschreibt den Alltag der Menschen im Nordosten aus unterschiedlichen Perspektiven. Das Buch kostet 395 Baht und ist in Pattaya in der FARANG Geschäftsstelle an der Thepprasit Road, in den Bookazine-Geschäften in der Royal Garden Plaza und im Central Festival Center/Big C, bei Amigo Tailor an der Soi Diamond und im Restaurant Braustube an der Naklua Road erhältlich.

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