Die Thais feiern gern

Von Songkhran, Loy Krathong und dem Raketenfestival

Farbenprächtiger Festumzug beim Rakenfestival Bong Ban Fai in der Provinz Yasothon
Farbenprächtiger Festumzug beim Rakenfestival Bong Ban Fai in der Provinz Yasothon

Von Günther Ruffert

Im Isaan lässt man keine Gelegenheit zum Feiern aus. Gelegenheiten dazu gibt es reichlich. Der Farang wird sich manchmal gewundert haben, mit welchem Aufwand jeder Geburtstag, den ein Mädchenan der Bar hat, gefeiert wird.

Staatliche Festtage, wie zum Beispiel Neujahr, Verfas-sungstag und Geburtstag des Königs, richten sich nach dem westlichen Kalender, die religiösen Feiertage wie Songkhran und Loy Krathong nachdem beweglichen Mondkalender. Noch viel zahlreicher sind die Feste in den Provinzstädten, mit regionaler oder auch überregionaler Bedeutung, wie der Elefantenauftrieb von Surin.

Die Bedeutung der Festtage für die Thai spiegelt sich aber auch in einer typischen Regelung wider. Wenn ein im Kalender festgelegter Feiertag auf ein Wochenende fällt, braucht am darauffolgenden Montag nicht gearbeitet zu werden, und die Schulen bleiben geschlossen.

Von allen Festen, die der Thai-Kalender bietet, sind aber zwei besonders erwähnenswert: Songkhran und Loy Krathong.

Songkhran ist das traditionelle thailändische Neujahrsfest, das drei Tage lang gefeiert wird. Es beginnt laut Kalender am 13. April, wird aber im Isaan meist eine ganze Woche lang gefeiert. Inden Familien werden bei diesem Fest vor allem die Alten geehrt. Sie werden von allen Kindern und Enkelkindern mit geweihtem Wasser begossen und erhalten Geschenke. Jeder auswärts arbeitendeThai versucht deshalb, wenn irgend möglich zu Songkhran nach Hause zu fahren.

Auf den Strassen läuft an Songkhran, zum Ende der Trockenzeit, eine fröhliche Wasserpantscherei ab, der sich auch kein Farang entziehen kann. Dabei wird ausgelassen mit Wasser durch die Gegendgespritzt, ja regelrechte Wasserschlachten werden veranstaltet. An den Dorfeingängen hat die Jugend Strassensperren aufgebaut, kassiert von jedem Passanten einen Obolus, der dann in Bier undReisschnaps umgesetzt wird und begiesst ihn zum Dank dafür von oben bis unten mit Wasser. All das geschieht mit viel Geschrei und Gejauchze.

Wenn man sich darauf eingestellt hat und nur kurze Hosen und ein T-Shirt trägt, kann das bei Temperaturen um die 40 Grad Celsius so richtig Spass machen. Kommt man aber gerade an diesem Tag mitdem Flug-zeug an und kriegt auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel mehrmals einen Eimer Wasser durchs offene Taxi- oder Busfenster über den guten Reiseanzug, dann kann dem auf solche Sitten nichteinges-tellten Farang schon der Spass vergehen. Es hat aber absolut keinen Sinn, hier böse zu reagieren. Am besten man packt alles, was durch Feuchtigkeitseinwirkung Schaden nehmen kann, wieZigaretten und Geldsch-eine, in eine Plastiktüte, lässt die wasserempfindliche Kamera zu Hause, zieht sein ältestes T-Shirt an und stürzt sich mit in die Wasserplantscherei.

Das Wasser ist in der heissen Jahreszeit nicht kalt, und so ein Guss kann richtig erfrischend sein. Selbst die zur Aufrechterhaltung der Ordnung eingesetzten Polizisten machen bei diesemKarneval mit und laufen in klatschnassen Uniformen herum.

Planschen, weil es so viel Spass macht

Das Songkhran-Fest dauert nach dem Kalender drei Tage, an denen wie bei uns zu Weihnachten kein Mensch arbeitet. Mit Wasser geplanscht wird aber oft schon Tage vorher, weil es doch so vielSpass macht.

In den Städten werden zu Songkhran farbenprächtige Umzüge mit prunkvoll geschmückten Festwagen veranstaltet. Jedes Dorf, das zum Umzug einen Festwagen stellt, versucht, die anderen Dörfer zuübert-reffen. Auf den Wagen sitzen die hübschesten jungen Mädchen der Gegend in prachtvollen Festtagskos-tümen. Vor jedem Wagen bilden die Schulkinder des jeweiligen Dorfes, auch alle mittraditionellen Gewän-dern geschmückt, eine Tanzgruppe.

Warnen muss man den Besucher allerdings, eine Reise unmittelbar vor oder nach Songkhran anzutreten, es sei denn, er hat seine Plätze lange im voraus fest gebucht. Zu Songkhran setzt landesweiteine Völker-wanderung ein. Jeder möchte dieses Fest zu Hause im Kreise der Familie verbringen, vor allem aber Eltern und Grosseltern zum neuen Jahr ehrerbietig grüssen. Behörden und Banken,Unternehmen, Betriebe und Büros sind mindestens zwei bis drei Tage geschlossen.

Da alle auswärts tätigen Thais, vor allem die hunderttausende in Bangkok beschäftigten Leute aus dem Isaan, diesen höchsten Feiertag des Jahres zu Hause bei der Familie verleben wollen, sindalle Fernver-bindungen rettungslos überfüllt. Auf den grossen Bahnhöfen und Busstationen kann man dann ein unglau-bliches Gedränge erleben. Vor den Ticketschaltern bilden sich lange Schlangen,Busstationen und Bahnhöfe sind überfüllt, obwohl Busunternehmen und staatliche Eisenbahn Sonderwagen einsetzen. Jeder versucht nach Leibeskräften noch in den Waggon oder Bus hineinzugelangen,und wenn das nicht möglich ist, zumindest einen Platz auf dem Waggondach zu ergattern.

Eine Besonderheit ist, dass Songkhran im Haupttouristenort Pattaya eine Woche später als im übrigen Thailand gefeiert wird. Da die in den Bars arbeitenden Mädchen meist aus dem Isaan stammenund zum Fest alle nach Hause fahren wollen, sind die Bars und Clubs an diesen Tagen fast ohne Besatzung. Um vor allem die Farang in den Genuss der ausgelassenen Wasserplantscherei kommen zulassen, hat man das Fest einfach um eine Woche verschoben, bis die Barbesatzungen wieder komplett sind.

Auch das besinnlichste thailändische Fest, an dem besonders die Touristen ihre Freude haben, Loy Krathong - das Fest der Wassergeister - hat mit Wasser zu tun. Es wird jeweils am letztenVollmond im November gefeiert und markiert das Ende der Regenzeit und den Beginn der Reisernte im Isaan. Wasser ist im Isaan, wo der grösste Teil der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebt,lebenswichtig. Vor allem der Reisanbau erfordert viel und regelmässige Bewässerung.

Dabei verhält man sich gegenüber den Wassergeistern nicht immer ganz korrekt. Man wäscht nicht nur sich selbst, sondern auch die schmutzige Wäsche im Wasser und befördert ausser dem Inhalt derToiletten oft auch den ganzen sonstigen anfallenden Unrat in vorbei fliessende Kanäle.

So etwas muss natürlich die Wassergeister erzürnen. Man tut also gut daran, zumindest einmal im Jahr Abbitte zu tun und die Geister wieder zu versöhnen. Das geschieht eben an Loy Krathong. Daes sich ja um thailändische Geister handelt, die den guten Willen für die Tat nehmen, reichen ein paar schöne Blumen hierfür schon aus. Man kann sie aber nicht auf einen Altar stellen, da dieGeister ja im Wasser wohnen.

Also werden aus Bananen- und Palmenblättern kleine Schiffchen - Krathongs genannt - gebastelt, schön mit bunten Blumen geschmückt und mit Räucherstäbchen und einer Kerze besteckt.

An Loy Krathong sitzen überall die Frauen und Mädchen zusammen und basteln die schönsten Krathongs, etwa so wie bei uns der Weihnachtsbaum festlich geschmückt wird. Die Schulkinder wetteiferndarum, wer den schönsten Krathong gebastelt hat, und in der Schule gibt es einen Preis dafür. Wenn es dann dunkel ist und der Vollmond scheint, geht man ans Wasser, zündet die Kerze und dieRäucherstäbchen an und lässt die Schiffchen schwimmen. Je länger man die Kerze brennen sehen kann, umso mehr Glück wird man im kommenden Jahr haben.

Ein bisschen Glück für die Zukunft

Nun wären Thai aber keine Thai, wenn sie die schöne Gelegenheit nicht benutzten, um auch etwas für sich dabei herauszuholen. Die Schiffchen sollen alle an den Wassergeistern begangenen Sündendavontragen. Bei dieser Gelegenheit kann es aber nicht schaden, sie gleich um ein bisschen Glück für die Zukunft zu bitten. Man legt also als persönliche Gabe für die Geister ein Geldstück indas Schiffchen, und damit diese auch wissen, von wem die Gabe kommt, ein Haar und ein Stück vom Fingernagel dazu. Dann sagt man beim ins Wassersetzen des Krathongs den Geistern, was man sichwünscht. Wenn das Schiffchen dann ruhig wegschwimmt und die Kerze solange brennt, bis der Krathong dem Auge entschwindet, dann hat man gute Chancen, dass die Geister die Gabe gnädig aufgenommenhaben und vielleicht die ausgesprochenen Wünsche erfüllen.

Die aus Bananenblättern selbst gebastelten Blätterschiffchen sind manchmal richtige Kunstwerke. Allerdings hat in den Städten die Kommerzialisierung mancherorts zur Massenproduktion derrituellen Schiffchen geführt. Sie werden dann unter Verwendung von Styropor oder Plastik hergestellt. Da diese Styropor-Teller nicht wie die organischen Materialien auf den Grund der Gewässersinken und sich dort zersetzen, sondern auf der Oberfläche schwimmen bleiben, belasten sie Thailands ohnehin nicht gerade schadstoffarme Gewässer über Monate hinaus mit zusätzlichem Müll.

Ob nun Wunscherfüllung oder nicht, auf jeden Fall ist es ein wunderschönes Bild, wenn der Kanal oder Fluss nachts mit vielen kleinen Blumenschiffchen und brennenden Kerzen bedeckt ist, dielangsam davon-schwimmen.

Ausserdem ziehen sich die Frauen zu Loy Krathong gerne besonders festlich an. Man sieht überall die schönen thailändischen Trachten, die meist nur zum Loy-Krathong-Fest angelegt werden. Dazukommt natürlich der übliche Kirmesbetrieb mit Festzügen, vielen Verkaufsständen, Theateraufführungen und der Wahl der Miss Loy Krathong.

Ein anderes Fest, an dem auch Touristen ihre Freude haben und dazu anreisen, ist das Raketen-festival Bong Ban Fai.

Mit Bong bezeichnet man ein Stück ausgehöhltes Holz oder Bambusrohr. Fai bedeutet Feuer oder Licht. Es vereinigt animistische, buddhistische und brahmanische Elemente und findet jeweils in deräusserst trocke-nen Jahreszeit Anfang Mai in der Provinz Yasothon statt. Zentrum des Festes ist die Stadt Nong Khai.

Bei den zwei Tage andauernden Festlichkeiten werden jede Menge hausgemachte Raketen abgefeuert. Die farbenfreudigen Raketen, die dabei in den Himmel geschossen werden, sollen den Geisterngefallen und die Regenzeit bringen.

Die kleineren Raketen, die ungefähr 10 bis 12 Kilogramm Schiesspulver enthalten, werden auch heute noch aus Bambusrohr hergestellt. Besonders bewundert werden von den Zuschauern jedoch diegrossen Raketen, die sogar die zehnfache Menge an Schiesspulver aufweisen können und beträchtliche Höhen erreichen.

Spannendes Buch über den Isaan

Günther Ruffert kam vor über zwei Jahrzehnten als Bauingenieur erstmals nach Thailand. Vor sieben Jahren baute er sich im Isaan bei Surin ein Haus, in dem er mit seiner thailändischen Frau undTochter lebt. Die Familie kauft bei Bauern nach der Ernte Reis auf und gibt ihn an Grosshändler weiter. Zudem hat der jetzt 75jährige auf 150 Rai mit dem Zuckerrohranbau begonnen. Da Anbau undErnte arbeitsintensiv sind, ist zeitweise die Hälfte der Dorfbewohner bei Ruffert beschäftigt. Der Deutsche spricht inzwischen fliessend Thai und versucht, sich dem alltäglichen Tagesablauf inseinem Dorf anzupassen. Im FARANG berichtet Günther Ruffert über das Leben in den Dörfern und die Jahrhunderte alten Sitten dieses Landes.

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