Zeitungen zum Geschehen am Samstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
Foto: Pixabay/Gerd Altmann

«Tages-Anzeiger»: Scholz hat europäische Verbündete exponiert

ZÜRICH: Zur Weigerung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Ukraine Taurus-Raketen zu liefern, heißt es am Samstag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Den bisher größten Scherbenhaufen hat Scholz mit seiner Begründung angerichtet, weshalb Deutschland, anders als Briten und Franzosen, keine Langstreckenraketen zur Verfügung stellen will. Die europäischen Partner hätten Soldaten vor Ort in Kiew, um bei der Zielsteuerung der Lenkwaffen zu helfen. In London ist man «not amused», spricht von Geheimnisverrat und bestreitet gleichzeitig, dass britische Soldaten bei der Programmierung vor Ort helfen.

So oder so ist der Schaden angerichtet, das Vertrauensverhältnis beschädigt. Der Sozialdemokrat ist in Berlin unter Druck von Opposition und von den Koalitionspartnern, die für eine Lieferung der Taurus-Raketen sind. Die Ukraine benötigt die Marschflugkörper, um die Nachschublinien der russischen Streitkräfte zu erreichen. Aus rein innenpolitischen Gründen hat Scholz also die europäischen Verbündeten exponiert, Briten und Franzosen quasi als «Kriegspartei» geoutet.

Dabei hat Putin dem Westen und der europäischen Sicherheitsarchitektur selber schon lange den Krieg erklärt. Es ist naiv und gefährlich, wenn ein deutscher Bundeskanzler das auch zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine immer noch nicht sieht.»


«Irish Times» Waffenstillstand ist unbedingt nötig

DUBLIN: Zur tödlichen Katastrophe bei der Ankunft von Hilfslieferungen im Gazastreifen meint die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Samstag:

«Angesichts vieler Behauptungen und Gegenbehauptungen über den genauen Hergang könnte die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung dieses schockierenden Ereignisses, wie sie von den UN und einer Reihe von Ländern erhoben wurde, nicht dringender sein. (...) Zuvor hatten sich Unterhändler der USA, Israels, Ägyptens und Katars Berichten zufolge in Paris auf die «Grundzüge» eines Abkommens über eine Feuerpause geeinigt. Während ein baldiger Durchbruch nun infrage gestellt ist, äußern sich einige Teilnehmer weiterhin zuversichtlich. (...)

Doch schon vor den Ereignissen vom Donnerstag gab es vor Ort echte Hindernisse für eine Einigung, dazu gehörte insbesondere die Behinderung von Hilfslieferungen. Die Hamas hat eine Verstärkung der humanitären Hilfe - mindestens 400 Lastwagen pro Tag - zur Bedingung für eine Freilassung von Geiseln gemacht. Derweil bereitet Israel weiterhin eine neue Offensive in Rafah vor, während es längerfristig eine Zwei-Staaten-Lösung nicht einmal in Erwägung ziehen will. Dennoch dürfen die Hoffnungen auf einen Waffenstillstand nicht durch die jüngsten Ereignisse zunichtegemacht werden. Sie zeigen vielmehr, warum er unbedingt vereinbart werden muss.»


«de Volkskrant»: Israel-Politik kostet Biden Wählerstimmen

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» beschäftigt sich am Samstag mit möglichen Auswirkungen des Gaza-Krieges auf die Präsidentschaftswahlen in den USA:

«US-Präsident Joe Biden ist in der vergangenen Woche wegen seiner Israel-Politik unter Beschuss geraten. Bei den Vorwahlen der Demokraten in Michigan brachten rund 100.000 überwiegend arabischstämmige und junge Wähler ihre Verärgerung darüber zum Ausdruck, indem sie mit «unentschieden» stimmten. (...)

Bislang hat Biden auf die Besorgnis über den Gazastreifen stets mit Versprechen humanitärer Hilfe und vagen Ankündigungen reagiert, dass der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu unter seinem Einfluss sicher einlenken werde. Am liebsten weicht das Team Biden dem Thema aus und erinnert die Wähler einfach nur daran, was passieren könnte, wenn der Präsident die Wahl am 5. November verliert und Donald Trump erneut an die Macht kommt. Das scheint aber nicht mehr zu genügen. (...)

Nicht nur arabischstämmige Amerikaner sind wütend. Auch schwarze Wähler sind entsetzt darüber, dass immer mehr Geld nach Israel fließt. Sie sind solidarisch mit der Notlage der Palästinenser, die ja auch ein unterdrücktes Volk seien. Selbst viele jener jungen Menschen, die 2020 in Rekordzahlen für Biden gestimmt hatten, haben nun angesichts seiner Israel-Politik das Gefühl, nicht gehört zu werden.»


«NZZ»: Europa muss seine Verteidigungsfähigkeit stärken

ZÜRICH: Zur Reaktion des Westens auf Russlands Krieg gegen die Ukraine heißt es am Samstag im Leitartikel der «Neuen Zürcher Zeitung»:

«Die vor über dreißig Jahren durch das Ende des Kalten Kriegs ermöglichte Friedensdividende war großartig. Doch diese schöne Zeit ist seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine definitiv Geschichte. In Europa herrscht wieder Krieg, und jedes Land muss seine Sicherheit mit größeren Anstrengungen verteidigen. (.)

Es braucht glaubwürdige Signale an Russland, dass Europas Bürger bereit sind, sich gegen einen Angriff zu verteidigen. Olaf Scholz tut das Gegenteil. Er gibt sich als radikaler Friedenskanzler und verweigert der Ukraine den dringend benötigten Marschflugkörper Taurus. Dies begründet er mit der äußerst zweifelhaften Behauptung, die Mitwirkung einzelner deutscher Soldaten bei der Planung ukrainischer Angriffe wäre ein unverantwortliches Risiko für Deutschland. Wer so viel Angst vor Russland hat, lädt Putin geradezu zur Aggression ein.

Brutaler und klarer als mit Russlands Angriff auf die Ukraine kann die neue Bedrohungslage gar nicht demonstriert werden. Westeuropa darf sich nach zwei Jahren Krieg nicht daran gewöhnen, es muss konsequent darauf reagieren. Sonst ist plötzlich nicht nur die Friedensdividende vorbei, sondern auch eine historisch einmalige Phase von Frieden und Prosperität.»


«Die Presse»: Europa in der Sinnkrise

WIEN: In den USA läuft die Wirtschaft rund, in der Eurozone dümpelt sie vor sich hin. Woran das liegt, kommentiert die österreichische Zeitung «Die Presse» am Samstag:

«Die USA ziehen Europa im Eiltempo davon: Laut der Industrieländerorganisation OECD wächst die US-Wirtschaft heuer um 2,1, die der Eurozone lediglich um 0,6?Prozent, voriges Jahr war das Verhältnis ähnlich. (...)

Europa steckt in einer Sinnkrise. Das Versprechen von Fortschritt verfängt nicht mehr: Freiheit, Wohlstand, Sicherheit - war alles immer schon da, das muss man nicht beschützen, denken viele. Und das Bewusstsein, dass Wohlstand geschaffen werden muss, bevor er verteilt werden kann, war auch schon einmal ausgeprägter. Wir Europäer müssen endlich unsere Zukunft in die Hand nehmen. Solang wir noch optimistisch sein können.»

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Strauss 04.03.24 12:52
Ganz verkehrt ist das nicht,
wenn man die ganz grossen Geschütze gegen die Russen in der Ukraine, nicht gerade aus den angrenzenden Ländern wie Finnland und Deutschland auffährt.
Rolf W. Schwake 03.03.24 21:30
Scholz weigert sich ...
... mit der Lieferung der Taurus-Marschflugkörper, weil er einen Tanz zwischen zwei Stühlen absolviert: Um das Gesicht gen Westen nicht zu verlieren, muss er "Ja" sagen, wobei er dann aber durch immer zu spät, zu langsam oder zu wenig hinauszögert - zum anderen muß er als marxistisch orientierter Mensch sein marxistisches Weltbild und das seines Freundes Ex-Kanzler Schröder, der sich ebenfalls als "konsequenten Marxisten" bezeichnete, den Wünschen des russischen Neo-Zars anpassen! Laßt daher ein solch miserables, verlorenes Verhalten nicht zu und zwingt ihn zur Lieferung! Nochmals: Seit 2000 Jahren gilt der Spruch: Wenn Du Frieden willst, bereite den Krieg vor. Eine andere Sprache verstehen viele Despoten dieser Erde nicht!
Und einen anderen Grund gibt es nicht, zumal mehrere NATO-Staaten gleichartige Waffen seit längerem liefern!