Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu BER

Lange war der Hauptstadtflughafen BER das Problemkind Berlins und das Gespött ganz Deutschlands.

Dass er ausgerechnet mitten in der Coronakrise öffnete, gereicht ihm jetzt zum Vorteil: In den ersten beiden Jahren konnte die Flughafengesellschaft den Betrieb bei reduziertem Fahrgastaufkommen testen. Aus den Erfahrungen der ersten Jahre zieht der Flughafen nun seine Schlüsse, um die Kinderkrankheiten beim Check-in und Check-out zu beseitigen. Jetzt sollen die Abläufe optimiert werden. Schon in den vergangenen sechs Monaten stiegen die Passagierzahlen kontinuierlich, Experten erwarten in den kommenden 24 Monaten noch einmal einen gewaltigen Anstieg. Schon jetzt kündigen mehrere Airlines neue Übersee-Strecken an. Insgesamt blickt die Reisebranche optimistisch in die Zukunft. Davon wird auch der neue Hauptstadtflughafen profitieren. Nach all den Katastrophenmeldungen der vergangenen Jahre könnte der BER künftig vor allem gute Nachrichten produzieren. Das wäre dann doch am Ende noch eine gute Wendung der Geschichte.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu verheerender grünen Basta-Politik

Die Grünen scheren sich offenbar wenig um die Sachsen, die Niederschlesier, die Brandenburger, die Sachsen-Anhaltiner ...

Anders als vereinbart soll nun der Kohleausstieg schneller vollzogen werden. Der Osten wird insbesondere von den Grünen als einmaliges Experimentierfeld angesehen. Das war er in der Tat auch lange Zeit - mit verheerenden Folgen bis heute. Ein weiterer gesellschaftlicher Großversuch am lebenden Volk wird teuer werden ... Es ist kein Zufall, dass nach einer neuen Umfrage die AfD im Bund (wieder) vor den Grünen liegt. ... Die Basta-Politik der ... Grünen ..., ist keineswegs immer aus sich heraus verständlich, bezahlbar und mehrheitsfähig. Die Ampel muss aufpassen, dass ihre Politik nicht in Verhältnisse führt, in denen der Kampf gegen den Klimawandel als eher kleines Problem erscheint.


«Stuttgarter Zeitung» zu Beginn des Irakkriegs vor 20 Jahren

Der Angriff der USA war ein willkürlicher, rücksichtsloser Akt, der die Weltgemeinschaft dauerhaft beschädigte und die Region ins Chaos stürzte.

Modernen Großmächten fehlen die Mittel, um im Alleingang ganzen Gesellschaften ihren Willen aufzwingen zu können. Sie üben, wie die USA heute, Macht aus im Verbund und mit Augenmaß. Wladimir Putin hätte das wissen können. Russlands Anspruch, die Welt mit zu formen, ist auf lange Sicht zerstört, und Putins Regime wird diese Schmach auf Dauer nicht überleben.


«Münchner Merkur» zu CSU/Wahlrecht

Im Landtagswahlkampf in Bayern in diesem Herbst sowie in mehreren Ost-Ländern 2024 stehen SPD/Grüne/FDP nun im Ruch, die Opposition und ganze Landstriche, die aus ihrer Sicht unliebsam abstimmen, mundtot machen zu wollen.

Vor allem die CSU will das nutzen. Allein schon um abzulenken vom eigenen taktischen Versagen. Natürlich hat sich die Parteispitze durch jahrelanges Blockieren einer wirklich fairen Reform selbst in diese existenzbedrohende Lage manövriert. Alle Reformen, die sie mitgetragen hat, hatten stets den Nebeneffekt, die CSU überproportional zu bevorzugen - ebenso unlauter wie das jetzige Gesetz. Versagen beiderseits also. Der Ausgang ist rechtlich wie politisch offen. Rot, Grün und Gelb wird klar werden: Die CSU will mit dem Wahlrechts-Zoff den schon bestehenden Eindruck untermauern, die Ampel betreibe Anti-Bayern-Politik. Ein bayerischer Löwe, Mähne zerrupft, nur noch drei Beine und keinen Schwanz, kann in einem Wahljahr ein besonders unangenehmer Gegner sein.


Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

«Frankfurter Rundschau» zu Forderung nach einer Senkung des Strafmündigkeits-Alter

Der Fall der beiden zwölf- und 13-jährigen Mädchen, die die gleichaltrige Luise getötet haben sollen, wühlt das Land auf.

Eine niedrigere Altersschwelle würde solche - zum Glück sehr seltenen - Taten nicht verhindern. Auch in Staaten mit einer niedrigeren Altersgrenze begehen Kinder schwere Delikte. Fachleuten sagen, dass die Rückfallgefahr sogar steigen würde, wenn Kinder mit älteren Straftäter:innen eingesperrt würden. Gefragt sind vielmehr die Jugendhilfe und in einigen Fällen auch die Kinderpsychiatrie. Justizminister Marco Buschmann hat daher Recht, wenn er den populistischen Forderungen nicht nachkommen will. Die Konsequenzen sind viel mühsamer: Eltern, Lehrkräfte und Behörden müssen wachsam sein, wenn es Anzeichen für eine Eskalation der Gewalt gibt.


«The Telegraph»: Macht der Zentralbanken hat ihre Grenzen

LONDON: Die britische Zeitung «The Telegraph» hinterfragt am Sonntag die Rolle der Zentralbanken und Ratingagenturen bei der Regulierung der Finanzmärkte:

«Seit 2008 oder schon eher seit der Ära von Alan Greenspan an der Spitze der US-Notenbank Fed lebten wir in einer Wunderwelt des billigen Geldes. Quantitative Lockerung und Zinssätze nahe Null haben die Weltwirtschaft anderthalb Jahrzehnte lang am Leben erhalten. Auch in dieser Krise wirkten die Ratingagenturen wie Autofahrer, die am Steuer eingeschlafen sind. Wie kann es sein, dass so wenige das Offensichtliche erkannt haben? Dass Zinsen, die fallen, auch wieder steigen können, und zwar sehr schnell. (...)

Falsche Zuversicht seitens der Regulierungsbehörden führt zu Instabilität. Die Zinssätze müssen sich von ihrem künstlich niedrig gehaltenen Niveau aus normalisieren können, damit sie in einer freien Wirtschaft die koordinierende Rolle spielen, die ihnen zukommt. Doch in der brüchigen, künstlichen Situation, die die Götter der Zentralbanken geschaffen haben, führt jede Krise zu weiteren Maßnahmen und jede Maßnahme zu einer weiteren Krise. Irgendwann müssen wir die Kette der fehlgeschlagenen Interventionen unterbrechen und anerkennen, dass die Macht der Zentralbanken Grenzen hat.»


«NZZ am Sonntag»: Frankreich braucht Macrons Rentenreform

ZÜRICH: Zur Rentenreform in Frankreich meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Natürlich wäre es mit der Zustimmung der Nationalversammlung besser gewesen. Dennoch war es richtig und wichtig, dass Präsident Emmanuel Macron von seinem verfassungsmäßigen Sonderrecht Gebrauch gemacht und die Rentenreform ohne sie durchgedrückt hat. Eine Mehrheit der Abgeordneten wäre nur zum Preis einer weiteren Verwässerung der Vorlage zu haben gewesen. An einer Erhöhung des Rentenalters und der Beitragsjahre kommt Frankreich jedoch nicht vorbei. Denn auch in diesem Land wächst das Loch in der Rentenkasse.

Mit seinem mutigen Alleingang nimmt der Staatschef Misstrauensanträge sowie weitere Streiks und Straßenproteste in Kauf. Sie könnten das Ende der Regierung bedeuten und ihn selbst für den Rest seiner Amtszeit zur lahmen Ente machen. Dass er das tut, was er für wichtig hält für das Land, ist ihm zugutezuhalten. Manch anderer Politiker wäre lieber zurückgekrebst, wie man das in der Vergangenheit so oft gesehen hat. Einzig die Gefahr Marine Le Pen könnte Macron unterschätzt haben. Seine rechtsnationalistische Gegenspielerin ist eine Nutznießerin des verbreiteten Unmuts über die Reform und dürfte damit in Zukunft einigen Zulauf an Wählern erhalten.»


«El País»: Krise in Frankreich könnte sich auf Europa ausweiten

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Sonntag die angekündigten Misstrauensanträge gegen die Regierung Frankreichs:

«Emmanuel Macron hat die Rentenreform mit Hilfe des Artikels 49.3 der französischen Verfassung ohne Abstimmung im Parlament durchgesetzt und damit den schlechtesten Weg gewählt, um ein Gesetz zu verabschieden, das das Rentenalter in Frankreich von 62 auf 64 Jahre anheben wird. Der französische Präsident hatte andere Optionen. Er hätte sich um eine Einigung mit den gemäßigten Gewerkschaften bemühen können, wie er es in der Vergangenheit bei anderen Reformen getan hat. Er hätte das Projekt den Bürgern besser erklären und die Ungereimtheiten der Debatte der vergangenen zwei Monaten vermeiden können. Oder er hätte zumindest eine ausreichende Anzahl von Abgeordneten in der Nationalversammlung überzeugen können, um ihre Zustimmung zu gewährleisten.

Die politische und soziale Krise stärkt die Extreme und kann teuer werden. Frankreich ist ein Land, in dem die extreme Rechte bei den letzten Präsidentschaftswahlen mehr als 13 Millionen Stimmen bekommen hat und sich auf die Machtübernahme vorbereitet. Vorgezogene Parlamentswahlen könnten zu einer Mehrheit für die Partei der euroskeptischen und russophilen Marine Le Pen führen und die Krise auf Europa ausweiten.»

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