Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Stuttgarter Zeitung» zu China-Strategie der Bundesregierung

Der Westen darf dann nicht wirtschaftlich erpressbar sein.

Aber ist er das nicht schon? In Teilen durchaus. Unsere Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen, etwa Seltenen Erden für die Produktion von Chips und Batterien, ist immens. Unsere Versorgung mit Medikamenten ist weitgehend abhängig von der Wirkstoff-Produktion in China. Weniger der Mittelstand als deutsche Konzerne haben so einseitig auf den chinesischen Absatzmarkt gesetzt, dass akute Probleme rasch zu alarmierenden Kettenreaktionen führen könnten. Und niemand sollte glauben, dass die zahlreichen chinesischen Beteiligungen in Europa nur ökonomischen Zielen dienen. Diese Abhängigkeit muss verringert werden, um politisch selbstbestimmt zu bleiben. Auf die Zusammenarbeit mit China werden wir nie verzichten können. Aber sie darf nicht naiv betrieben werden.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Razzia gegen Reichsbürger

Der demokratische Rechtsstaat ist nicht in Gefahr.

Aber diejenigen, die sein Ende herbeisehnen oder an seiner Abschaffung arbeiten, sind nicht zu unterschätzen. (...) Es ist eben doch nicht so, wie manche spöttisch bemerkten, dass es sich bei der unlängst verhafteten Gruppe nur um eher spinnerte Nostalgiker mit veralteten Jagdwaffen handelte. Es besteht ein Netz. Dessen Größe bleibt unklar. (...) Wer meint, eine patriotische Gesinnung sei fragwürdig und meldepflichtig, hat das Grundgesetz selbst nicht verstanden. (...) Auch die Corona-Krise hat leider offenbart, dass manche berechtigte Kritik nur noch in große Verschwörungs- und Gleichschaltungsmythen kleiden können. (...) Ein Patentrezept gibt es nicht, aber dass Gewalt bekämpft werden und eine wahrhaft freie Debatte gepflegt werden muss, sollte klar sein.


«Handelsblatt» zu Moskau-Besuch Xi Jinpings

Für Europa und die USA kann all das nur bedeuten: Jetzt erst recht der Ukraine im Kampf um ihre Souveränität und territoriale Integrität den Rücken stärken - und zwar geschlossen.

Auf die Initiativen anderer zu hoffen oder sich von ihnen ablenken zu lassen bedeutet den Verlust von kostbarer Zeit. Xi ist kein ehrlicher Makler in diesem Konflikt. Der Präsident trifft seine Entscheidungen mit ganz anderem Kalkül. Er sieht in Russland einen Partner für sein Ziel einer Weltordnung ohne westliche Dominanz.


«Trud»: Macron spielt bei Rentenreform mit hohem Risiko

SOFIA: Zum Rentenstreit in Frankreich schreibt am Mittwoch die bulgarische Zeitung «Trud»:

«(Der französische Präsident) Emmanuel Macron ist wohl entschlossen, hart und va banque zu spielen. Er verkündete noch am Dienstag offiziell, dass er weder das von der Opposition geforderte Referendum zur Billigung der Reform, noch ihre Erörterung im Verfassungsgericht des Landes zulassen werde. Geschweige denn ist er bereit, die Premierministerin Élisabeth Borne abzulösen oder das Parlament aufzulösen - was die Franzosen, bei denen er unbeliebt ist, zudem wollen.»


«Corriere della Sera»: Putin und Xi - Zwillinge der Autokratie

ROM: Nach dem Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping in Moskau und seinen Beziehungen zu Wladimir Putin schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Mittwoch:

«Nach westlicher Einschätzung wandelten sich Wladimir Putin und Xi Jinping mit zunehmendem Alter von Führern, mit denen man Geschäfte machen und über Politik reden konnte, zu zwei gefährlichen Gegnern. Sie sind Zwillinge der Autokratie, die von dem gemeinsamen Wunsch beseelt sind, die Weltordnung umzukrempeln und eine revanchistische Herausforderung für die USA darzustellen. Doch es sind ganz unterschiedliche Zwillinge. Und der Russe ist, obwohl er ein Jahr früher geboren wurde, nun der jüngere Bruder geworden - der «Juniorpartner», wie die Diplomaten sagen, der «Vasall», hart ausgedrückt. (...)

Der größte Unterschied zwischen den beiden ist allerdings durch den Beginn ihrer Laufbahn bedingt. Putin begann beim sowjetischen Geheimdienst und erlebte den Niedergang und Zusammenbruch der UdSSR als Trauma. Der junge Parteifunktionär Xi diente im aufstrebenden China und erlebte den Wandel der Volksrepublik vom maoistischen Pauperismus zur wirtschaftlichen Supermacht. Moskau würde gerne in die imperiale Vergangenheit zurückkehren. Peking blickt nach vorn und denkt langfristig. Putin zockt, Xi wartet ab.»


«Nepszava»: Macron wird zunehmend unbeliebter

BUDAPEST: Zum Rentenstreit in Frankreich schreibt die ungarische Tageszeitung «Nepszava» am Mittwoch:

«Die französische Regierung hat zwar am Montag zwei Misstrauensabstimmungen überlebt, doch vorerst zeichnet sich kein Ende der Krise ab. (Präsident) Emmanuel Macron hatte den Mut, das Reformvorhaben gegen Ende seiner zweiten Amtszeit durchzuziehen. Und obwohl auch sein Vorgänger Ähnliches versucht hatte, wagte es bisher niemand, derart umfassende Veränderungen anzupacken.

Macron möchte wohl als großer Reformer in die Geschichte eingehen. Doch wegen der Verkürzung der von den Franzosen als heilige Kuh betrachteten Rentenzeit läuft er Gefahr, als einer der unbeliebtesten Präsidenten der Geschichte zu enden.»


«de Volkskrant»: Macron hat Franzosen nicht geeint

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Mittwoch den Versuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, seine Rentenreform gegen alle Widerstände durchzusetzen:

«Macron konnte die Franzosen einfach nicht überzeugen. Die große Mehrheit der Öffentlichkeit war entschieden gegen eine Anhebung des Rentenalters. Auch im Parlament konnte er keine Unterstützung gewinnen. Daher sah er sich gezwungen, die Abgeordneten mit Hilfe des berühmten Artikels 49.3 der Verfassung zu übergehen.

Der Gang der Dinge bestätigt zudem Macrons Image als arroganter Spitzenpolitiker, der sich zu weit vom Volk entfernt hat. Auf diese Weise besiegelt die Rentenreform das Scheitern des Macronismus. 2017 wurde der junge Macron mit einem Programm gewählt, das Frankreich energischer, dynamischer und unternehmerischer machen sollte. Wenn die Franzosen das Vertrauen in die Zukunft zurückgewännen, so versprach er, würden sie sich nicht mehr mit Händen und Füßen gegen jeglichen Abbau ihrer erworbenen Rechte wehren.

Macron hat es nicht geschafft, die Franzosen zu einen. Unter seiner Führung haben sich die Gräben nur vertieft. Dass sein Reformversuch aus der politischen Mitte heraus nicht überzeugen kann, eröffnet den Extremen von links und rechts neue Chancen.»


«El Mundo»: China spannt Schutzschirm über Putin auf

MADRID: Zum Staatsbesuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Russland schreibt die spanische Zeitung «El Mundo» am Mittwoch:

«Xi Jinping hat einen diplomatischen Regenschirm aufgespannt, um seinen Freund Wladimir Putin vor dem Sturm der weltweiten Ablehnung zu schützen, der ihn seit dem Einmarsch in die Ukraine zum Paria gemacht hat. Das Timing könnte nicht kritischer sein: Der Rettungsanker des chinesischen Präsidenten kommt genau zu dem Zeitpunkt, an dem der Internationale Strafgerichtshof gegen seinen russischen Kollegen - den er als «strategischen Partner» bezeichnete - einen Haftbefehl erlassen hat, der den Vorwurf von Kriegsverbrechen erhärtet.

Xis Besuch diente auch dazu, die gefährliche politische und wirtschaftliche Allianz zwischen zwei Autokratien zu stärken, die in dem Wunsch vereint sind, die Weltordnung zu ändern, um gegen die Demokratien und gegen die humanistischen Werte des Westens ihre illiberale Agenda durchzusetzen.»


«Pravda»: China verfolgt seine eigenen Interessen

BRATISLAVA: Zum Staatsbesuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Russland schreibt die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» am Mittwoch:

«Russland, das vor einem Jahr die Ukraine überfiel, ist in internationale Isolation geraten. Der Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Moskau soll daher als Beweis dienen, dass diese Isolation durchbrochen sei. Zu einer Zeit, da gegen (Russlands Präsidenten Wladimir) Putin gerade ein internationaler Haftbefehl erlassen wurde, bedeutet ein solcher Besuch zweifellos einen Ausdruck der Unterstützung. Aber obwohl der Besuch russische Hoffnungen auf militärische Hilfe für Moskau weckt, geht es China in erster Linie um die Durchsetzung eigener, chinesischer Interessen. (...)

Russland braucht die Hilfe und Unterstützung Chinas, nicht umgekehrt. Zwar eint beide Länder ihre Abneigung gegen den Westen, aber die chinesischen Kommunisten verhalten sich im Unterschied zum Kreml-Herrscher pragmatisch und sind interessiert daran, dass sie ihre Absatzmärkte nicht verlieren. (...) Zynisch gesagt: Ihnen ist es egal, ob in Mariupol die russische oder ukrainische Flagge weht. Wichtig für sie ist nur, dass die Lieferung von Öl und anderen Rohstoffen aus Russland ununterbrochen bleibt. (...) Auch wenn sie sich jetzt gegenseitig anlächeln, können sich die Beziehungen zwischen dem chinesischen Kaiser und dem russischen Zaren in eine unvorhersehbare Richtung ändern.»


«WSJ»: Marktdisziplin im US-Bankenwesen vorbei

NEW YORK: US-Finanzministerin Janet Yellen hat die Bereitschaft zu zusätzlichen Bankenhilfen in Aussicht gestellt. Dazu schreibt die US-Zeitung «Wall Street Journal» am Mittwoch:

«Es ist wichtig zu verstehen, was dieser Moment bedeutet: das Ende der Marktdisziplin im US-Bankenwesen. (...) Übersetzung: Die Einleger müssen sich keine Sorgen um Sicherheit und Wohl der Banken machen. Vater Staat wird dafür sorgen, dass Sie kein Geld verlieren. Das ist zwar keine explizite Garantie, aber für die Arbeit der Regierung kommt es dem nah genug.

Die Folgen werden weitreichend sein, auch wenn der Schaden nicht sofort ersichtlich ist. (...) Die Regierung stellt ihren Eingriff als einmalig dar. Aber sobald die Aufsichtsbehörden etwas tun, wecken sie die Erwartung des Marktes, dass sie es wieder tun werden. Und wenn sie es nicht tun, wird die darauf folgende Marktpanik sie unweigerlich dazu zwingen.»


«Hospodarske noviny»: Russland ist nun Chinas Vasalle

PRAG: Nach dem Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping in Moskau schreibt die tschechische Zeitung «Hospodarske noviny» am Mittwoch:

«Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, worüber der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping tagelang verhandelt haben. Doch dieses Treffen wird zweifellos in die Geschichtsbücher als der Moment eingehen, in dem Russland definitiv zu einem Vasallen Chinas geworden ist. Das ist allein der Verdienst Putins, der mit seinem Krieg gegen die Ukraine und den dadurch ausgelösten westlichen Sanktionen die russische Wirtschaft in die Knie gezwungen hat.

China könnte nun schrittweise den Druck auf Russland erhöhen und nicht nur die Lieferung von Rohstoffen verlangen, sondern auch den Transfer von Militärtechnologien. Die russische Wirtschaft dürfte ihre Geschäfte künftig immer mehr in der chinesischen Währung Yuan abwickeln.»


«NZZ»: Bundestagspräsidentin agiert wie linke Kulturkämpferin

ZÜRICH: Zur Änderung des deutschen Wahlrechts durch die Ampel-Koalition meint die «Neue Zürcher Zeitung» aus der Schweiz am Mittwoch:

«Sollte das neue Gesetz vom Bundespräsidenten unterzeichnet und damit gültig werden, wäre es ein Mahnmal der Angst - vor dem Staatsbürger. Der wird von dem Regelwerk in die Schranken gewiesen. (...) Wenn künftig nicht mehr jeder Wahlkreissieger und nicht jede Partei mit mindestens drei Direktmandaten in den Bundestag einzieht - weil allein eine deutschlandweit berechnete Fünf-Prozent-Hürde darüber entscheiden soll -, dann verliert die Persönlichkeitswahl an Bedeutung. Die Dominanz des Verhältniswahlrechts begünstigt den strippenziehenden Listenkandidaten zulasten des kantigen Wahlkämpfers, der sich vor Ort ins Getümmel stürzt und den Kontakt zum Bürger sucht.

Angesichts der Wunden, die die Wahlreform ins Verhältnis von Regierung und Opposition geschlagen hat, wäre die Bundestagspräsidentin als Versöhnerin gefragt. Bärbel Bas, protokollarisch die Nummer zwei im Staate nach dem Bundespräsidenten, agiert jedoch wie eine linke Kulturkämpferin. Dem eigenen Anspruch, das Amt überparteilich zu führen, wird die SPD-Politikerin nicht gerecht. Ihre als «persönlicher Wunsch» deklarierte Forderung, zügig das nächste «Paket zum Wahlrecht zu schnüren», treibt die Spaltung vielmehr voran.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Max Strauss 24.03.23 04:20
Seltene Erde brauchts immer weniger im E Auto
auch der neue E Megane von Renault hat einen A synchron Motor. Also ohne Festmagnet als Stator.
Auch in den Batterien geht dieser Trend so weiter.