Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zu Klimaaktivisten am BER

Die Klimaaktivisten haben nach diversen Straßenblockaden nun auch noch den Betrieb des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) zeitweilig lahmgelegt.

Dabei machen die Klimaaktivisten gleich mehrere Fehler. Der Flugverkehr verursacht laut wissenschaftlichen Studien etwa 3,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes. Das ist immer noch zu viel. Aber die Klimaaktivisten wissen doch auch, wo die wirklich großen Stellschrauben sind. Es ist zudem kontraproduktiv, Rollbahnen zu besetzen. Denn dann müssen Flugzeuge, die eigentlich landen sollten, in der Luft kreisen. Das verursacht zusätzliche CO2-Emissionen. Und eines haben die Aktivisten offenbar unterschätzt: Rechtlich könnte die Aktion unangenehme Folgen haben. Für einen gefährlichen Eingriff in den Flugverkehr sieht das Gesetzbuch eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren vor, in minderschweren Fällen sind es drei Monate bis fünf Jahre.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Asylpolitik

Nicht das erste Mal muss das Bundesverfassungsgericht das Existenzminimum von Asylbewerbern in Schutz nehmen.

Seit 2019 gab es für Alleinstehende gekürzte Leistungen, wenn sie in Sammelunterkünften wohnten. Mit den 37 Euro, die pro Kopf eingespart wurden, dürfte der Staat aber weniger den Geldbeutel der Asylbewerber im Auge gehabt haben als vielmehr den eigenen. Der Regelsatz, um den es im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts geht, wird den Kommunen bis heute mal geiziger, mal großzügiger von den jeweiligen Ländern erstattet. Der Beschluss lässt sich deshalb auch so lesen: Bund und Länder können, wenn sie die Kommunen in der Asylpolitik entlasten wollen, nicht auf dem Rücken der Migranten sparen.


«Stuttgarter Zeitung» zu russischen Angriffen auf die Infrastruktur

Es fällt schwer, die richtigen Worte zu finden, um zu beschreiben, wie das russische Regime gerade umgeht mit den Menschen in seinem Nachbarland.

Grausam, mörderisch, menschenverachtend, barbarisch. Das alles trifft es, und doch sind die Worte nicht genug, um diese gefühllose Erbarmungslosigkeit auch nur im Ansatz zu beschreiben. Mit jeder Rakete, die Moskau gegen Krankenhäuser, Kindergärten und Kultureinrichtungen fliegen lässt, entfernt sich die einst stolze Kulturnation von dem, was eine Zivilisation ausmacht. Mit jeder Drohne, die gegen Kraftwerke und Stromversorger zielt, manövrieren der Kreml und seine Generäle das Land ins Abseits. Russland ist zu einer Schande für die zivilisierte Welt geworden.


«Pravo»: Russland-Resolution des EU-Parlaments müssen Taten folgen

PRAG: Das EU-Parlament hat Russland als staatlichen Terrorismus-Unterstützer verurteilt. Dazu schreibt die Zeitung «Pravo» aus Tschechien am Donnerstag:

«Das Russland des Präsidenten Wladimir Putin erfüllt diese Definition. Dort herrscht ein System, das informell auch als Putinismus bezeichnet wird. Dies umfasst einen Persönlichkeitskult um den Anführer, die Zersetzung des Rechtsstaats, die Liquidierung politischer Gegner sowie Eroberungszüge in Nachbarländer, bei denen Verbrechen an Zivilisten begangen werden. Leider sehen wir in der Gegenwart kein anderes Bild Russlands. Offenbar sind auch keine gesellschaftlichen Veränderungen zum Besseren in Sicht. Doch worin liegt die Kraft einer solchen Resolution? Sollten ihr nicht weitere konkrete und greifbare Maßnahmen folgen? An diplomatische Signale aus dem Westen hat sich die politische Spitze um Putin nach den Erfahrungen mit Tschetschenien, Georgien und der Krim doch längst gewöhnt.»


«Pravda»: Die Ukraine wird auch nach dem Krieg Hilfe brauchen

BRATISLAVA: Die linksliberale slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Donnerstag zum Ukraine-Krieg und seinen Folgen:

«Auf dem Schlachtfeld beginnt die Ukraine allmählich gegen Russland zu gewinnen, sie bezahlt aber einen hohen Preis mit großen materiellen Schäden. (...) Die russische Armee zerstört die zivile Infrastruktur schon seit Beginn der Invasion. Je schlechter es für sie an der Front läuft, desto intensiver konzentriert sie sich auf die Zerstörung von Energie- und anderer Infrastruktur, auf das Bombardieren von Städten. Russland als Aggressor sollte für diese Schäden die Verantwortung tragen und sich maßgeblich am Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg beteiligen. Tatsächlich wird es aber nicht so einfach sein, von Russland Reparationszahlungen zu bekommen. (...)

Die russische Aggression gegen die Ukraine hat enorme menschliche und materielle Schäden verursacht. Es wäre gerecht, wenn Moskau sie ersetzen würde. Wenn wir aber das unwahrscheinliche Szenario einer freiwilligen Zustimmung zu Reparationen wegdenken, wird man sich nicht auf russisches Geld verlassen können. Eine stabile und wirtschaftlich erfolgreiche Ukraine ist aber auch in unserem Interesse. Deshalb sollten wir darauf vorbereitet sein, ihr mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg zu helfen.»


«La Vanguardia»: Rückschlag für die schottische Unabhängigkeit

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Donnerstag die Entscheidung des obersten britischen Gerichts, dass Schottland kein Unabhängigkeitsreferendum ohne Zustimmung aus London ansetzen darf:

«Obwohl das Urteil negativ für die Interessen der schottischen Nationalisten ist, scheint es nichts an ihrer Entschlossenheit geändert zu haben. Nicola Sturgeon hatte schon einen Plan B angekündigt. Die neue Strategie besteht darin, die nächsten schottischen Wahlen in Volksabstimmungen zu verwandeln und die Frage der Souveränität in den Mittelpunkt des Wahlprogramms zu stellen. Sollte die SNP einen Erdrutschsieg erzielen, könnte sie das als Ja zur Unabhängigkeit werten. Wahlen in Schottland sind 2024 geplant.

Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass es bei einem zweiten Referendum zu einem faktischen Gleichstand zwischen Separatisten und Unionisten kommen würde. Nach diesem Urteil des britischen Obersten Gerichtshofs wird der politische Kampf weitergehen, aber es bleibt abzuwarten, ob es den Nationalisten gelingt, die Flamme der Unabhängigkeit am Brennen zu halten, oder ob die schottische Bevölkerung andere Themen wie die Inflation und die vom Krieg in der Ukraine ausgelöste Wirtschaftskrise wichtiger findet.»


«The Telegraph»: Unabhängigkeit dient Nationalisten als Ablenkung

LONDON: Der Londoner «Telegraph» kommentiert am Donnerstag das Urteil des obersten britischen Gerichts, wonach Schottland kein Unabhängigkeitsreferendum ohne Zustimmung aus London einberufen darf:

«Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon beabsichtigt nun, bei den für Januar 2025 anstehenden Parlamentswahlen ein Mandat für ein weiteres Referendum zu erhalten. Dies ist eine riskante Strategie für die Nationalisten, denn Kampagnen zu einem einzigen Thema sind schwer, wenn nicht gar unmöglich zu führen. Viele Wähler werden ihre Entscheidungen aufgrund anderer Faktoren treffen, nicht zuletzt mit Blick auf die Bilanz der Nationalisten im Amt.

Bei allem, was in der Welt vor sich geht, könnten sich die Wähler fragen, warum die Schottische Nationalpartei (SNP) so auf die Unabhängigkeit fixiert bleibt. Sie dient als nützliche Ablenkung von den Misserfolgen ihrer Regierung, die seit 12 Jahren im Amt ist. Es kommt den Separatisten gelegen, Westminster für alles verantwortlich zu machen, anstatt für ihre eigenen Unzulänglichkeiten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sie verfügen über weitreichende Befugnisse, um ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln, schüren aber weiterhin Ressentiments gegen das britische Parlament, um das Chaos zu verschleiern, das sie in den Bereichen Gesundheit, Bildung sowie Recht und Ordnung angerichtet haben.»


«Tages-Anzeiger»: Eine Schande für den Finanzplatz Schweiz

ZÜRICH: Nach Milliardenverlusten will die Schweizer Bank Credit Suisse (CS) mit frischem Geld aus dem Tief kommen. Dazu meint der Schweizer «Tages-Anzeiger» am Donnerstag:

«Mehr als zwei Milliarden Franken pro Tag, die abfließen, das übersteht auch die große CS nicht lange. Dass am Schluss die Saudis und Katarer Geld in die CS pumpen, ist also nicht nur für die Schweizer eine gute Nachricht, die ein Konto bei der CS haben, sondern für die ganze Volkswirtschaft. (...)

Die Tatsache aber, dass es so weit kommen musste, ist alles andere als ein Ruhmesblatt für die Schweiz. Zum wiederholten Mal ist es nicht gelungen, Schweizer Investoren dazu zu bringen, auch nur befristet Kapital für eine so wichtige Bank zur Verfügung zu stellen. (...)

Dass die Bank in diesem Zustand ist, das ist die Schande der CS-Manager. Dass aber niemand von der Aufsicht eingegriffen hat, bevor nichts anderes mehr möglich war, als Geld von den Saudis anzunehmen, das ist eine Schande für den Schweizer Finanzplatz und sollte eigentlich auch bei den Aufsehern zu Konsequenzen führen.»


«De Standaard»: Russland will Moral der Ukrainer brechen

BRÜSSEL: Zu Russlands Raketenangriffen auf die Infrastruktur der Ukraine heißt es am Donnerstag in der belgischen Zeitung «De Standaard»:

«Hinter den Angriffen auf die kritische Infrastruktur der Ukraine steckt eine gezielte Strategie. Russland begann damit nach der Sabotage der Krim-Brücke. Nach mehreren Wochen intensiver Bombardierung ukrainischer Städte gab es für die Bevölkerung zwar eine Atempause, doch nach dem Fall von Cherson wurden die Angriffe wieder intensiviert. Wenn Russland die Ukraine nicht militärisch erobern kann, dann soll das Land wenigstens der Kälte und der Dunkelheit ausgesetzt werden.

Mehr als die Hälfte des ukrainischen Energieversorgungsnetzes ist ausgefallen. Die Frage ist, ob dies die Moral des ukrainischen Volkes brechen kann. Die ersten Wochen haben die Entschlossenheit nur noch verstärkt, aber die Lebensbedingungen werden nicht besser. (...) Wie lange kann Russland diesen Raketenbeschuss aufrechterhalten? Die meisten Militäranalysten gehen davon aus, dass Russland langsam der Nachschub ausgeht. Aber niemand weiß das genau.»


«NZZ»: EU-Resolution zu Russland ist ein politisch sinnloses Zeichen

ZÜRICH: Das EU-Parlament hat Russland als staatlichen Unterstützer von Terrorismus verurteilt. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Donnerstag:

«Hat die Resolution Konsequenzen? Rechtlich ist sie nicht bindend. Weder die Mitgliedstaaten noch die EU-Kommission sind verpflichtet, ihr Folge zu leisten. Brüssel würde damit in jedem Fall Neuland betreten, denn bislang führt die EU nur Einzelpersonen, Gruppen und Einrichtungen auf einer Terrorliste. Das ist in den USA, wo auch Länder wie Kuba, Iran, Syrien und Nordkorea als «Förderer von Terrorismus» mit Sanktionen belegt werden, anders. Doch selbst in Washington wird derzeit vermieden, Russland als Terrorstaat zu klassifizieren - ohne deswegen die Gräueltaten Moskaus zu bestreiten.

Mit Terroristen, sagen die Amerikaner, verhandle man nicht. Eines Tages, so die Einsicht, dürfte allerdings auch der Westen nicht umhin kommen, sich wieder mit Russland an den Verhandlungstisch zu setzen. In Straßburg will man so lange nicht warten und setzt lieber rasch ein «Zeichen». Das ist emotional nachvollziehbar, politisch aber sinnlos.»


«Die Presse»: Ignoranz oder Arroganz auf Seiten der EU-Kommission

WIEN: Zu dem Marktkorrekturmechanismus, den die EU zur Deckelung der Gaspreise vorgeschlagen hat, schreibt die österreichische Zeitung «Die Presse» am Donnerstag:

«Gewiss kann und soll man in normalen Zeiten darüber streiten, ob, und wenn ja, wie der Staat in privatwirtschaftlich organisierte Märkte eingreifen soll. Doch wir erleben keine normale Zeit. Europa droht eine beschleunigte Deindustrialisierung, die zu einer Verschärfung der sozialen Spannungen und einer dauerhaften geopolitischen Schwächung der EU zu führen droht. Und wer glaubt, dieser Winter sei in Sachen Gasversorgung hart, der möge sich vor Augen führen, wie der nächste aussehen wird, wenn Russlands Regime gar kein Gas mehr liefert (zur Erinnerung: Moskau hat ein Gasembargo gegen weite Teile der EU verhängt, nicht umgekehrt).

Wieso denkt die Kommission, allen voran ihre Präsidentin, Ursula von der Leyen, dieses Problem mit einer Gaspreisbremse lösen zu können, die in ihrer derzeitigen Form wohl nie bremsen würde? Entweder es ist Ignoranz der politischen und gesellschaftlichen Problematik. Oder aber die Arroganz zu glauben, es besser zu wissen als dumme nationale Politiker.»

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