Zähne ziehen, damit man darauf sitzen kann

​Rattan kannte ich bislang nur aus dem Möbelladen, er wächst aber auch im Garten

Stacheln soweit das Auge blickt, sie schützen Rattan vor dem Absturz und außerdem vor hungrigen Mäulern. Fotos: hf
Stacheln soweit das Auge blickt, sie schützen Rattan vor dem Absturz und außerdem vor hungrigen Mäulern. Fotos: hf

Kletterpflanzen waren mir schon lange ein Begriff, aber dass es auch Kletterpalmen gibt, habe ich erst kürzlich gelernt. Sie gebärden sich mitunter recht aggressiv.

Ein wunderschöner Pilz wächst aus dem umgehauenen Holz heraus, farblich ein faszinierendes Kunstwerk.
Ein wunderschöner Pilz wächst aus dem umgehauenen Holz heraus, farblich ein faszinierendes Kunstwerk.

Im hinteren Teil des Grundstücks verläuft einer unserer Wege ganz nah an einem Nachbargrundstück, das stark vernachlässigt ist. Das heißt, niemand unterhält es, der Dschungel hat es zurückerobert. Von dort hingen immer mehr Ranken mit ganz aggressiven Stacheln herab, an denen man – wenn man nicht gut aufpasst – gerne hängen bleibt oder die einem das Gesicht zerkratzen. Es handelt sich dabei um sogenannte „Peitschen“, der Name passt!

Schön, aber auch recht gefährlich

Ich habe immer eine Schere und eine Gartenschere bei mir und wenn diese aggressiven Ranken wieder mal zu tief herunterhängen, schneide ich sie sofort zurück. Dann aber fielen mir die filigranen Äste mit den Samen auf, kleine Pflanzenkunstwerke an sich, die zu den Peitschen dazu gehören. Da erst habe ich mich etwas schlau gemacht und gemerkt, dass es sich bei den Gewächsen um Rattan handelt, um Kletterpalmen, die in den Dschungeln von Südostasien ebenso heimisch sind wie in Afrika und Australien.

Auch die Schlangenfrucht schützt sich hervorragend.
Auch die Schlangenfrucht schützt sich hervorragend.

Es gibt über 600 verschiedene Rattan-Spezies und welche genau bei mir im Garten beziehungsweise im Nachbargarten wächst, weiß ich nicht einmal. Generell liebt Rattan Gegenden mit sehr viel Niederschlag und einem tropischen Klima. Es gibt Sorten, die werden 100 Meter lang und die Stacheln auf den Stämmen schützen sie einerseits und andererseits „beißen“ sie sich, zusammen mit den Peitschen, an anderen Pflanzen fest, das hilft gegen den Absturz ähnlich wie Nagelschuhe im Gebirge den Wanderer schützen.

Rattan wächst schneller als Holz, kann einfach und rasch geerntet werden – Achtung allerdings auf die Stacheln! – und lässt sich einfach verarbeiten sowie in eine passende Form bringen. Das allerdings erst, wenn man dem Rattan gewissermaßen die „Zähne“ gezogen hat, erst dann sollte man sich auf ihn setzen…

Rattan produziert laufend große Mengen an Samen.
Rattan produziert laufend große Mengen an Samen.

Und es bleibt zu hoffen, dass in Singapur, wo es bekanntlich noch die Prügelstrafe für Kriminelle gibt, zahnloses Rattan verwendet wird, denn die Verletzungen, die diese Stacheln anrichten können, sind extrem.

Rattan produziert essbare Früchte

Es gibt sogar mindestens eine Form von Rattan, der essbare Früchte produziert. Salacca zalacca liefert die Schlangenfrucht, eine aromatische Frucht in Feigengröße, deren rot-braune Haut an eine Schlangenhaut erinnert. Ich habe davon vielleicht zwanzig Exemplare im Garten, sie werden etwa vier Meter hoch und in etwa einem Jahr sollte ich erste Früchte ernten können. Ich habe zwei Sorten, es gibt aber über 30 davon. Aber auch bei ihnen, aufgepasst auf die Stacheln.

Zum Schluss noch ein Gewächs auch nicht ganz ohne Stacheln. Wir haben vor einiger Zeit einige übergroße Makok-Bäume (Spondias pinnata oder Thai-Olive) umgehauen. Einige der senkrecht gestellten Stämme haben wieder ausgeschlagen und kräftige Wurzeln gebildet, an einem anderen hat sich ein sehr hübscher, tellerförmiger Pilz gebildet.

Der enthält garantiert keine Stacheln.

Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an hansfritschi1957@gmail.com oder besuchen Sie seine Webseite www.discovery-garden.net oder Facebookseite.

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