PORT-AU-PRINCE: Inmitten einer Regierungskrise hat Haitis Präsident Jovenel Moïse eine Verfassungsreform angekündigt. Erst danach werde es eine Wahl geben, sagte er am Freitag (Ortszeit) in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. US-Außenminister Mike Pompeo hatte wenige Tage zuvor zu «überfälligen» Parlamentswahlen in dem Karibikstaat aufgerufen, sobald diese technisch machbar seien. Auch die Organisation Amerikanischer Staaten hatte baldige Wahlen gefordert.
Seit gut zwei Jahren legen teils gewaltsame Proteste Haiti immer wieder lahm. Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Moïse, dem sie Korruption vorwerfen. Nach Ansicht vieler ist Moïse vor allem dank der Unterstützung der früheren Besatzungsmacht USA noch im Amt. Im vergangenen Oktober fielen wegen der Proteste geplante Parlamentswahlen aus. So gab es zum Beginn der neuen Legislaturperiode im Januar nicht genug Abgeordnete für ein handlungsfähiges Parlament. Moïse regiert daher per Dekret.
Mit diesem Mittel ernannte der Staatschef, der seit 2017 im Amt ist, im September einen neuen Wahlrat und beauftragte diesen, neben einer Wahl auch ein Verfassungsreferendum zu organisieren. Die Opposition wirft ihm vor, die Zusammensetzung des Rates verstoße gegen die Verfassung.
Moïse nannte am Freitag keine Einzelheiten der geplanten Reform. Er kritisierte allerdings die geschwächte Position des Präsidenten nach der aktuellen Verfassung von 1987. Demnach ist der Premierminister der Regierungschef. Dieses Amt führt derzeit Joseph Jouthe aus - bereits der fünfte Premierminister unter Moïse.
Das Land verdiene eine moderne Verfassung, sagte der Präsident. Er wolle sich damit nicht selbst einen Vorteil verschaffen und werde bei den Wahlen nicht wieder antreten.