Unterwegs auf entlegenen Pfaden

Mit Mister Nan zu Besuch bei den Bergstämmen um Chiang Rai

Unterwegs auf entlegenen Pfaden

In der verwunschen wirkenden Bergwelt rund um Chiang Rai haben sich verschiedene Minoritäten angesiedelt, zu denen die Stämme der Hmong, Yao, Lahu, Lisu, Akha und Karen zählen. Von den Thais als "chao khao" bezeichnet, leben sie auch heute noch in traditioneller Dorfgemeinschaft.

Auch wenn sie im allgemeinen Sprachgebrauch als "Bergvölker" oder "Hilltribes" bezeichnet werden, ist dieses eigentlich nicht ganz korrekt: "Große Teile der Stämme lebten ursprünglich in fruchtbaren Tälern, bis sie von stärkeren Völkern in die unwirtlichen Gebirge verdrängt wurden", erklärt Mister Nan, der natur- und kulturinteressierte Besucher mit auf spannende Trekking- und Jeep-Touren auf entlegenen Pfaden nimmt.

Über holprige Dschungelpisten und steile Bergpässe quält sich Nans’ allradbetriebener Suzuki-Jeep durch das thailändische Hochland, bis eine aufgeregte Gruppe junger Frauen, allesamt mit geflochtenen Körben zur Ernte von tropischen Früchten bestückt, das Fahrzeug anhält. Im Graben liegt ein roter Pickup, den mehrere Männer mit purer Muskelkraft probieren, wieder auf die Straße zu bewegen. Nach einem kurzen Smalltalk übersetzt Nan, der eigentlich Thailänder ist, doch auch mehrerer Sprachen der Berg-Minderheiten mächtig ist, dass hier ein Dorfbewohner betrunken mit seinem Wagen in den Graben abgerutscht sei. "Er wollte in das nahe gelegene Nachbardorf fahren, um dort nach Frauen zu schauen", grinst der Trekking-Guide und weist gleichsam auf die nicht selten lockeren Gepflogenheiten in den zwischenmenschlichen Beziehungen der Bergbewohner hin. Die Ehefrau des Unfallverursachers, die gerade mit ihrem Moped die Unfallstelle erreicht, findet das Missgeschick ihres Schürzenjäger-Gatten jedoch alles andere als lustig, was auch die der Sprache nicht mächtigen Besucher auf Anhieb verstehen.

Abseits des Touristen-Trubels

Endlich geht die Fahrt weiter. Es stehen mehrere Bergdörfer auf dem Programm, von denen der Guide verspricht, dass diese nicht auf den typischen Touris­ten-Pfaden liegen würden und nur von ihm angefahren werden. Und tatsächlich: Anders als in den häufig zu reinen "Touristen-Zoos" deklarierten Dörfern, die nicht selten mit Reisebussen angefahren werden, sind hier außer Nans’ Gästen weit und breit keine Fremden zu sehen. Die Bewohner freuen sich sehr über den Besuch des sympathischen Guides und tauschen mit ihm interessiert den neuesten Klatsch und Tratsch im Dorf aus. Während des Besuches eines Lahu-Stammes lädt eine ältere Frau die Kleingruppe in ihre windschiefe Bambus-Hütte ein, in dem sie, zusammen mit ihrer 19-jährigen Tochter, traditionelle Textilprodukte fertigt. Natürlich erhofft sich die betagte Dame, dass der ein oder andere Gast eines der kunterbunten Unikate als Souvenir erwirbt.

"Naturromantiker reagieren nicht selten enttäuscht, wenn sie sehen, dass auch in den Bergdörfern langsam, aber sicher der moderne Fortschritt in Form von Mopeds, Handys oder westlichen Softdrinks längst angekommen ist. Sie stellen sich das Leben der Hilltribes vor, wie es noch vor einigen Jahrzehnten war und gestehen ihnen keine Entwicklung zu. Sie vergessen jedoch, dass in einem äußerst begrenzten Staatsterritorium wie Thailand traditionelle Subsistenzwirtschaft und Wanderfeldbau heutzutage nicht mehr möglich sind", erklärt Nan nachdenklich. "Andere hingegen plagt aufgrund ihres kolonialen Gedankenguts tief in ihrem Unterbewusstsein nicht selten ein schlechtes Gewissen, wenn sie hautnah beobachten, wie einfach und ärmlich diese naturnahen Völker leben." So hängt es sehr von der eigenen Einstellung ab, ob sich Trekker während des Besuches wohl fühlen oder nicht. Denn westlich geprägte Moral- und Wertvorstellungen auf fremde Kulturen zu übertragen, erscheint auch hier absolut fehl am Platz.

Von Ängsten und Geisterglaube

Die Bergstämme besitzen eine ausgesprochen hohe und bisher weitestgehend unerforschte Kultur, die oftmals völlig andersartig erscheint, doch von der auch "zivilisierte Westler" noch eine Menge lernen können. Sie personifizieren beispielsweise ihre Ängste mit Geistern und wissen darüber hinaus auch bestens Bescheid, mit diesen umzugehen. Nan führt die Gäste zu mehreren torähnlichen Holzkonstruktionen abseits des Dorfes: "Dieser spirituelle Ort dient dem Schutz des Dorfes und verhindert, dass böse Geister in das Dorf gelangen. Einmal im Jahr wird für die Geister dann feuchtfröhlich ein großes Fest gefeiert, bei dem jeder Einwohner einmal dieses magische Tor, das als eine Art Portal zur Geis­terwelt dient, durchläuft."

Schlafen im Karen-Dorf am Mae Kok

In dem kleinen Karen-Dorf Khaew Wuadum, knapp 24 Kilometer nordwestlich von Chiang Rai, betreibt Mister Nan das malerisch am Mae Kok-Fluss liegende My Dream Guesthouse, das über mehrere Bungalows (300 bis 500 Baht) verfügt. Nicht verpassen sollte man die leckeren Speisen, die er und seine Frau für die Gäste liebevoll zubereiten. Das gemütliche Resort gilt auch als Ausgangspunkt für die ein- bis dreitägigen Trekkingtouren, auf Wunsch mit Elefantenreiten. Infos, Tel.: 082-388.0705, www.mydreamguesthouse.com.

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