Ukraine-Krise: Aktuelles Geschehen am Mittwoch

Foto: epa/dpa Fotomontage
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Frankreichs und Russlands Verteidigungsminister sprechen über Ukraine

PARIS/MOSKAU: In einem ersten Telefonat seit rund eineinhalb Jahren hat Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Schoigu über den Konflikt in der Ukraine und den Antiterrorkampf gesprochen. Wie das Verteidigungsministerium in Paris am Mittwochabend mitteilte, habe Lecornu den islamistischen Terroranschlag bei Moskau verurteilt und an Frankreichs Bereitschaft zu einem verstärkten Austausch bei der Bekämpfung des Terrorismus erinnert. Lecornu habe betont, dass Frankreich keinerlei Informationen zu einer Verbindung zwischen dem Attentat und der Ukraine habe. Der Minister habe an Russland appelliert, jegliche Instrumentalisierung zu unterlassen.

Frankreichs Verteidigungsminister verurteilte nach Pariser Angaben außerdem vorbehaltlos den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Frankreich werde die Ukraine so lange und so intensiv wie nötig in ihrem Kampf um Freiheit und Souveränität unterstützen, um Frieden und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent wiederherzustellen.

Wie es aus Moskau hieß, habe Lecornu versucht, die russische Seite davon zu überzeugen, dass die Ukraine und die westlichen Länder nicht in den Terroranschlag verwickelt seien und die Verantwortung auf die Terrormiliz Islamischer Staat geschoben. Schoigu habe betont, dass die Ermittlungen bis zum Abschluss gebracht und alle Verantwortlichen bestraft würden. Die russische Seite habe Hinweise auf eine ukrainische Spur bei der Organisation des Terroranschlags. «Das Kiewer Regime tut nichts ohne die Zustimmung der westlichen Kuratoren. Wir vertrauen darauf, dass in diesem Fall nicht die französischen Geheimdienste dahinterstecken», sagte Schoigu in Moskau.

Zur möglichen Entsendung französischer Truppen in die Ukraine erklärte Schoigu, dass das im Fall einer praktischen Umsetzung zu Problemen führen werde für das Land. Zugleich habe der russische Minister die Bereitschaft zum Dialog über die Ukraine signalisiert. Grundlage dafür könne die Friedensinitiative von Istanbul kurz nach Kriegsbeginn sein, sagte er. Damals soll die Ukraine etwa bereit gewesen sein, auf einen Nato-Beitritt zu verzichten. Als sinnlos habe Schoigu in dem Gespräch eine in der Schweiz von Kiew geplanten Friedensgipfel bezeichnet, weil Moskau da nicht Teilnehmer sei.


Nato feiert in Brüssel 75. Geburtstag

BRÜSSEL: Die Nato feiert an diesem Donnerstag in Brüssel ihr 75-jähriges Bestehen. Bei einer Zeremonie im Hauptquartier in Brüssel wollen Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Außenminister der mittlerweile 32 Mitgliedstaaten an die Erfolge des Verteidigungsbündnisses erinnern und den Zusammenhalt beschwören. Zudem sind nach der Feier noch Arbeitssitzungen mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und Vertretern der Indopazifik-Partnerstaaten Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea geplant. Bereits am Mittwoch hatten die Außenminister der Nato-Staaten ohne Gäste unter anderem über die weitere Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine beraten.

Die Nato war am 4. April 1949 in Washington in Reaktion auf die als bedrohlich wahrgenommene Politik der kommunistischen Sowjetunion gegründet worden. Im Kalten Krieg sollte das Verteidigungsbündnis der östlichen Militärmacht ein abschreckendes Gegengewicht entgegensetzen und zu Frieden und Sicherheit beitragen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 90er-Jahre nahm die Allianz dann zeitweise die Rolle einer Art Weltpolizei ein. So griff sie unter anderem in die Konflikte in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Libyen ein. Seit dem Beginn des Ukraine-Konflikts liegt der Schwerpunkt der Nato wieder auf Abschreckung und Verteidigung gegen Russland.


Regierungschef: Ukraine braucht Hilfe bei Flugabwehr und Munition

TALLINN: Die Ukraine benötigt nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmyhal gegenwärtig vor allem Waffenhilfe zur Abwehr russischer Luftangriffe. «Was brauchen wir am meisten? Meiner Meinung nach sind Flugabwehrsysteme und Raketen oberste Priorität», sagte er am Mittwoch bei einem Besuch in Estland. Demnach mangele es der Ukraine an Ausrüstung, um ukrainische Städte sowie Energienetze und -produktionssysteme zu schützen. «Die zweite Priorität ist Munition für die Artillerie», sagte Schmyhal nach einem Treffen mit seiner Amtskollegin Kaja Kallas in Tallinn.

Die Ukraine wehrt seit mehr als zwei Jahren eine russische Invasion ab und ist bei der Ausrüstung weitgehend von westlicher Unterstützung abhängig. Kallas sicherte der Ukraine die weitere militärische Unterstützung Estlands zu und rief auch andere Länder dazu auf, ihre Militärhilfe zu erhöhen. «Wir müssen die Ukraine so lange wie nötig und - ebenso wichtig - im erforderlichen Umfang unterstützen. Wir müssen jetzt handeln, wir dürfen keine Zeit verlieren», betonte sie. «Die Ukraine benötigt dringend und schnell Lieferungen.»

Estland gehört international zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine. Nach Angaben von Schmyhal hat der Baltenstaat seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 Militärhilfe im Umfang von mehr 520 Millionen Euro geleistet - dies entspreche rund 1,4 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes.


Nato-Staaten erlauben Planungen für neue Bündnisrolle im Ukraine-Krieg

BRÜSSEL: Die Nato treibt Vorbereitungen für die Übernahme von mehr Verantwortung bei der Unterstützung der Ukraine voran. Die Bündnisstaaten hätten sich darauf verständigt, konkrete Pläne für eine größere Koordinierungsrolle erarbeiten zu lassen, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch nach dem ersten Tag eines Außenministertreffens in Brüssel. Die Hilfe der Ukraine-Verbündeten koordinieren bislang federführend die USA. Stoltenberg sagte, es gehe darum, die Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine auf eine festere und dauerhaftere Grundlage zu stellen. Den Ukrainern gehe nicht der Mut aus, ihnen gehe die Munition aus, warnte er.

Zu Details wollte der Norweger keine Angaben machen. Nach Angaben von Diplomaten sehen erste Vorschläge von Stoltenberg allerdings vor, dass sich das Bündnis künftig über eine «Nato Mission Ukraine» um die Koordination von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte kümmern soll. Derzeit liegt dieser Job in den Händen der USA, die dazu regelmäßig Treffen auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein oder zum Beispiel in Brüssel organisieren.

Hintergrund der Vorschläge ist insbesondere auch die Sorge, dass die USA ihr Engagement für die Ukraine stark reduzieren oder sogar einstellen könnten, wenn im November der Republikaner Donald Trump die Präsidentenwahl gewinnen sollte.

Nach Angaben von Diplomaten hat Stoltenberg zudem vorgeschlagen, der Ukraine für die kommenden fünf Jahre über die Nato militärische Unterstützung im Wert von 100 Milliarden Euro zuzusagen. Endgültige Entscheidungen sollen beim Bündnisgipfel im Juli in Washington getroffen werden. Damit die Pläne umgesetzt werden können, braucht es einen Konsens unter den Mitgliedstaaten.


«Frankfurter Rundschau» zu 75 Jahre Nato

Nur wenige dürften das 75-jährige Bestehen der Nato ausgiebig feiern.

Zum einen war das Bündnis nicht ausschließlich erfolgreich wie die Einsätze in Afghanistan und im Kosovo oder die Debatte über den Sinn des Bündnisses zeigen. Diese Diskussion hat der russische Autokrat Wladimir Putin mit dem Überfall auf die Ukraine beendet. Vor allem stellt der Krieg gegen die Ukraine die Nato-Staaten vor Herausforderungen, die sie noch lange nicht gemeistert haben. Derzeit gelingt es ihnen nicht, die ukrainische Armee für die Verteidigung des Landes ausreichend mit Waffen und Munition zu versorgen. Zusätzlich hat der Konflikt die Schwachstellen der Nato offengelegt. Nun müssen sich vor allem die europäischen Nato-Staaten für die russische Bedrohung rüsten. Das ist teuer und beschränkt sich nicht alleine auf das Militärische, sondern auch auf Cyberabwehr und anderes. Und sie müssen sich darauf vorbereiten, dass die USA sich weniger in Europa engagieren wird, egal wie der künftige Präsident heißt.


Ukraine-Krieg: Tschechien fordert mehr Geld für Munitionsinitiative

BRÜSSEL: Tschechien fordert von den Nato-Partnern zusätzliche finanzielle Unterstützung für seine Initiative zur Munitionsbeschaffung für die Ukraine. «Wir brauchen mehr Geld für diese Granaten. Wir brauchen mehr Granaten für die Ukraine, weil Russland immer noch viel produzieren kann - viel mehr, als die Ukraine an der Front einsetzen kann», sagte Außenminister Jan Lipavsky bei einem Bündnistreffen in Brüssel am Mittwoch.

Seinen Angaben zufolge ist bisher nur die Finanzierung für 300.000 Granaten gesichert. Eigentlich plant Tschechien jedoch, insgesamt 800.000 Granaten von Nicht-EU-Staaten zu kaufen, um die Ukraine im Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen.

Wie viel Geld für die weiteren 500.000 Granaten benötigt wird, sagte Lipavsky nicht. Deutschland hat bereits zugesagt, sich mit 576 Millionen Euro an Tschechiens Initiative zu beteiligen. Der Betrag ist für die Beschaffung von 180.000 Artilleriegranaten vorgesehen.


Berlin unterstützt Pläne für größere Rolle der Nato bei Ukraine-Hilfe

BRÜSSEL: Die Bundesregierung unterstützt Vorschläge von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für eine deutlich stärkere Rolle der Militärallianz bei der Unterstützung der Ukraine. Für die Planung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten verlässliche und langfristige Strukturen zu schaffen, sei «richtig und wichtig», sagte Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch bei einem Bündnistreffen in Brüssel. Entsprechende Vorbereitungen liefen bereits.

Vergleichsweise kritisch äußerte sich die Grünen-Politikerin hingegen zu dem Vorschlag Stoltenbergs, der Ukraine für die kommenden fünf Jahre über die Nato Militärhilfen im Wert von 100 Milliarden Euro zuzusichern. «Wichtig ist hier, dass wir die Prozesse zwischen EU und Nato nicht duplizieren», sagte sie mit Blick auf bereits existierende Finanzierungsinstrumente der EU. Sie halte es nicht für sinnvoll, jetzt mit Zahlen zu jonglieren. Baerbock verwies zudem darauf, dass Deutschland bereits 32 Milliarden Euro an ziviler und militärischer Unterstützung für die Ukraine geleistet habe.

Stoltenberg hatte zuvor dafür geworben, der Ukraine auch über die Nato mehrjährige Finanzzusagen zu machen. Zudem will er erreichen, dass die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die Ukraine künftig von der Nato übernommen wird. Endgültige Entscheidungen sollen beim Bündnisgipfel im Juli in Washington getroffen werden. Damit die Pläne umgesetzt werden können, braucht es einen Konsens unter den Mitgliedstaaten.

Um die Koordination von Waffenlieferungen für die Ukraine kümmern sich derzeit federführend die USA. Sie organisieren dazu regelmäßig Treffen auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein oder zum Beispiel in Brüssel. In der Nato gibt es allerdings die Sorge, dass die USA ihr Engagement für die Ukraine stark reduzieren oder sogar einstellen könnten, wenn im November der Republikaner Donald Trump die Präsidentenwahl gewinnen sollte.


Ukraine-Hilfe: Nato-Generalsekretär wirbt für stärkere Bündnisrolle

BRÜSSEL: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat zum Auftakt eines Außenministertreffens der Bündnisstaaten für eine deutlich stärkere Rolle der Militärallianz bei der Unterstützung der Ukraine geworben. Es gehe darum zu diskutieren, wie die Nato mehr Verantwortung für die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten übernehmen könnte, sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel. Zudem brauche es mehrjährige Finanzzusagen, um die Unterstützung aufrechtzuerhalten.

«Jede Verzögerung bei der Bereitstellung von Unterstützung hat derzeit Konsequenzen auf dem Schlachtfeld», erklärte Stoltenberg mit Blick auf die jüngsten großen Angriffe Russlands. Es gehe deswegen darum, eine neue Dynamik zu schaffen und mehr auf feste mehrjährige Nato-Zusagen als auf freiwillige Beiträge zu setzen. «Wir müssen der Ukraine auf lange Sicht zuverlässige und vorhersehbare Sicherheitshilfe gewährleisten», sagte Stoltenberg.

Zu Details seiner Pläne wollte sich Stoltenberg am Mittwoch zunächst nicht öffentlich äußern. Nach Angaben von Diplomaten hat er konkret vorgeschlagen, der Ukraine für die kommenden fünf Jahre militärische Unterstützung im Wert von 100 Milliarden Euro zuzusagen. Endgültige Entscheidungen sollen beim Bündnisgipfel im Juli in Washington getroffen werden. Damit die Pläne umgesetzt werden können, braucht es einen Konsens unter den Mitgliedstaaten.

Um die Koordination von Waffenlieferungen für die Ukraine kümmern sich derzeit federführend die USA. Sie organisieren dazu regelmäßig Treffen auf ihrem Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein oder zum Beispiel in Brüssel. In der Nato gibt es allerdings die Sorge, dass die USA ihr Engagement für die Ukraine stark reduzieren oder sogar einstellen könnten, wenn im November der Republikaner Donald Trump die Präsidentenwahl gewinnen sollte.


Cameron fordert Nato-Mitglieder zu höheren Verteidigungsausgaben auf

LONDON/BRÜSSEL: Vor dem Außenministertreffen der Nato hat der britische Ressortchef David Cameron die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses zu höheren Rüstungsausgaben aufgefordert. Die Ukraine sei einer Mitgliedschaft in der Allianz näher als je zuvor, sagte Cameron einer Mitteilung vom Mittwoch zufolge. Daher müsse die Nato ihre Unterstützung für das von Russland angegriffene Land aufrechterhalten, damit die Ukraine den Krieg gewinnen könne. «Angesichts der andauernden russischen Aggression und einer gefährlicheren Welt müssen die Verbündeten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen.»

Cameron will die Verbündeten bei dem Treffen in Brüssel auch auffordern, sich Initiativen zum Kauf von Marschflugkörpern und Munition für die ukrainischen Streitkräfte anzuschließen. «75 Jahre nach ihrer Gründung feiern wir eine Nato, die noch nie stärker und wichtiger war, vor allem nach dem Beitritt von Schweden im vergangenen Monat», sagte Cameron demnach.

Die Allianz feiert an diesem Donnerstag ihr 75-jähriges Bestehen. Sie hatte vor zehn Jahren vereinbart, dass die Mitglieder mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Rüstung investieren. Cameron war damals britischer Premierminister. Großbritannien gibt derzeit rund 2,2 Prozent des BIP für Verteidigung aus. Im jüngsten Haushalt wurden die Ausgaben nicht erhöht, deswegen gab es auch innerhalb der regierenden Konservativen Partei scharfe Kritik.

Bei dem Treffen in Brüssel wollen die Nato-Außenminister die Vorbereitungen für den nächsten Bündnisgipfel vorantreiben. Konkret soll es insbesondere darum gehen, wie die Unterstützung der Ukraine noch schlagkräftiger gestaltet werden kann.

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