Schmugglercharme im Goldenen Dreieck

Zu Fuß über die thailändisch-burmesische Grenze in Mae Sai

Der nördlichste Ort Thailands.
Der nördlichste Ort Thailands.

Umgeben von einer undurchdringlich scheinenden Berglandschaft liegt das kleine Schmuggler-Nest Mae Sai, das den nördlichsten Punkt des Königreiches darstellt und nur durch einen Fluss von der nicht weniger geschäftigen Grenzstadt Tachilek in Myanmar getrennt wird. Abenteuerlustigen Urlaubern und Residenten wird hier die Möglichkeit geboten, zu Fuß die Grenze zu überqueren und die burmesische Kleinstadt in einem Umkreis von fünf Kilometern zu erkunden. Heute herrscht ein reger Grenzhandel. Doch betagte Bewohner erzählen Fremden gerne von der spannenden Zeit, als die Region noch zu den verruchtesten Schmugglertreffs Südostasiens zählte.

Im wahrsten Sinne des Wortes hört Thailand in Mae Sai auf: Denn folgt man dem Highway A2, der auch die eigentliche Hauptstraße des kleines Ortes darstellt, bis zum Ende, so versperren einem nur noch die Schranken des thailändisch-burmesischen Grenzüberganges die Weiterfahrt nach Myanmar. Wer hingegen in Thailand bleiben möchte, fährt rechtswendend um den letzten Kilometerstein des Landes herum, der aufgrund seiner Größe ein beliebtes Fotomotiv darstellt, den Highway auf gleichem Wege zurück. Rechts und links vom Straßenrand befinden sich unzählige kleine Stände und Geschäfte, wo grenzorttypische Produkte an den Mann gebracht werden: Egal, ob Bekleidung, Edelsteine, chinesischer oder thailändischer Tee, Alkoholika und gepanschter Billig-Fusel, burmesische Briefmarken oder Kyat-Geldscheine. Hier gibt´s alles, natürlich "more cheap mak mak...” als in Myanmar, versichert eine neckische Händlerin, in Sorge, dass die Laufkundschaft zum Shopping in das Nachbarland weiterzieht.

Die kleine Stadt Mae Sai, auf Thai áÁèÊÒÂ, stellt den nördlichsten Punkt Thailands dar und wird nur durch den gleichnamigen Fluss vom benachbarten Myanmar getrennt. DER FARANG tauchte ab in den lebhaften Grenzverkehr, mischte sich zwischen Schmuggler und Händler und schaute sich in Tachilek auf der gegenüberliegenden Grenzseite, der selbsternannten „City of the Golden Triangle”, um. Fotos: bj

Die kleine Stadt Mae Sai, auf Thai แม่สาย, stellt den nördlichsten Punkt Thailands dar und wird nur durch den gleichnamigen Fluss vom benachbarten Myanmar getrennt. DER FARANG tauchte ab in den lebhaften Grenzverkehr, mischte sich zwischen Schmuggler und Händler und schaute sich in Tachilek auf der gegenüberliegenden Grenzseite, der selbsternannten „City of the Golden Triangle”, um. Fotos: bj
Nach dem Aufstieg zur Skorpion-Statue (links), lockt eine Verkäuferin zur Weinverkostung (rechts).
Nach dem Aufstieg zur Skorpion-Statue (links), lockt eine Verkäuferin zur Weinverkostung (rechts).

Überall wird gehandelt, gekauft und verkauft. Es herrscht ein unübersichtliches Kommen und Gehen, was den Schmuggler-Flair in Mae Sai unterstreicht. Und tatsächlich befinden sich am Fluss mehrere illegale Grenzübergänge, an denen Schmuggler von einem Ufer an das andere mit heißer Ware im Gepäck schwimmen. Mitten im quirligen Getümmel lädt eine junge Burmesin an ihrem Marktstand zu einer Wein-Verkostung ein. Geschmacklich zwischen supersüß und megasüß einzuordnen, erinnern die "edlen" Tropfen eher an eine Mischung aus Gummibärchen-Saft und dem populären Wein-Süßgetränk Spy. Trotzdem wird natürlich eine Flasche gekauft, erste Anzeichen eines akuten Kaufrausches! Direkt an der Grenze befindet sich auf thailändischer Seite ein prachtvoller Torbogen, dessen Aufschrift darauf hinweist, dass man sich am nördlichsten Punkt des Königreiches befindet. Von hier aus lässt sich wunderbar das lebhafte Treiben auf der Brücke über den Mae Sai River zwischen den beiden Grenzübergängen beobachten.

Ein Skorpion als Wächter der Stadt

Mit einem atemberaubenden Ausblick über die ineinander fast nahtlos verschmelzenden Städte Mae Sai und Tachilek werden Besucher belohnt, die den tropischen Temperaturen zum Trotz die unzähligen Stufen zum Wat Doi Wao erklimmen, wo ein überdimensionaler Skorpion über die Stadt zu wachen scheint. Im überdachten Marktbereich zu Fuße des Tempelbergs werden vorwiegend chinesische Produkte, wie Kräuter, Teeblätter und Räucherbedarf zum Kauf angeboten. Motorradtaxifahrer und Schlepper führen naive Touristen zu Jade- und Edelsteinschleifereien, wo überteuerte und nicht selten in ihrer Qualität zweifelhafte Ware verkauft wird.

Während abends ein wohliger Duft von gebratenen und gekochten Speisen zahlreicher Garküchen am Wegesrand durch die lebhafte Hauptstraße weht und die späte Laufkundschaft an den wenigen noch geöffneten Marktständen lauthals die letzten Schnäppchen des Tages schlägt, warten in den kleinen, schummerigen Nebenstraßen lüstern dreinblickende Burmesinnen in zwielichtigen Hinterhof-Etablissements auf die vorwiegend lokale Kundschaft. Amüsant gestaltet sich für abenteuerliche Weltenbummler ein Aufenthalt in einem der zahlreichen Karaoke-Restaurants entlang und abseits der Hauptstraße, wo die lokale Jugend ihr Gesangestalent unter Beweis stellt, bevor die jungen Nachtschwärmer weiter in die etwas versteckten Diskos und Nachtclubs der Stadt ziehen, wo zu Thai-Pop und -Rock das Tanzbein geschwungen wird. Westliche Besucher sind hier eher die Seltenheit.

Nepper, Schlepper, Bauernfänger

Tachilek präsentiert sich den Besuchern als „City of the Golden Triangle“ und Schmuggler-Nest. Die Tachilek Shwedagon Pagode (rechts) gilt als Besuchermagnet.
Tachilek präsentiert sich den Besuchern als „City of the Golden Triangle“ und Schmuggler-Nest. Die Tachilek Shwedagon Pagode (rechts) gilt als Besuchermagnet.

Ausgeruht geht’s am nächsten Tag zu Fuß über die Grenze nach Myanmar. Entgegen aller Befürchtungen gestalten sich die Grenzkontrolle und die Einreiseformalitäten für einen Kurzbesuch in Tachilek als völlig problemlos. "Welcome to the Union of Myanmar – enjoy gambling and shopping", informiert ein Zöllner zwinkernd. Nur zwei Schritte weiter empfängt eine Traube von Schleppern, Tuk-Tuk-Fahrern und Zigarettenverkäufern die ahnungslosen Touristen, die zu Fuß die "City of the Golden Triangle" erkunden. Vor allem Letztere erweisen sich als besonders hartnäckig: "Do you want to buy some cigarettes? No! Oh, you dont’t smoke! Do you want to buy some Ya Ba, Ya Ice, Viagra or Marihuana? No! Oh, you don’t use drugs! Do you want have a lady...?” Ein Mix aus dauerhafter Verneinung und beinahe apathisch wirkender Nichtbeachtung des sich als Schlepper für allerlei zweifelhafte Vergnügen entpuppenden Zigaretten-Jungen ermöglicht schließlich die Flucht, um die kulturellen Sehenswürdigkeiten der kleinen Grenzstadt zu erkunden.

Eine burmesische Ampel sorgt für Ordnung (links). Auf den Straßen herrscht geschäftiges Treiben.
Eine burmesische Ampel sorgt für Ordnung (links). Auf den Straßen herrscht geschäftiges Treiben.

Direkt am Kreisel warten zahlreiche Tuk-Tuk-Fahrer, die fußfaule Besucher zu den Tempeln und wenigen Sehenswürdigkeiten der Stadt chauffieren. Bezahlt wird in Thai-Baht. Selbst als Wechselgeld erhält man die harte thailändische Währung, Kyat-Scheine gibt’s in Tachilek höchstens an den Souvenirständen. Doch nicht nur die Währung, auch alkoholische Getränke oder sons­tige Konsumgüter stammen allesamt aus dem benachbarten Königreich. So gestaltet sich die Suche nach einem lokalen Bier als ein schwieriges Unterfangen. Lediglich die Werbung außen an den Bars preist das so genannte Lagerbier namens "Myanmar" an, im Inneren wird jedoch ausschließlich Chang oder Singha ausgeschenkt.

Grenzverkehr und Pagoden-Zauber

Auf den Straßen und Gassen bietet sich ein buntes Panoptikum aus wackeligen Fahrrad-Rikschas, knatternden Zweiradkonstruktionen, völlig überladenen Handwagen, echten sowie unechten Mönchen und fleißigen Frauen, die ihre dunkle Haut auffällig mit weißer Tanaka-Paste geschminkt haben. Den Höhepunkt des Rundgangs stellt ein Besuch der Tachilek Shwedagon Pagode dar, ein imposanter Nachbau des bekannten Originals, die bereits schon aus weiter Ferne von Mae Sai aus sichtbar ist. Auch hier bietet sich ein Panoramaausblick auf das weitläufige Stadtgebiet und die bergige Landschaft.

Nach dem Durchqueren der Grenze (links) weist ein Schild den Weg zurück nach Thailand (rechts).
Nach dem Durchqueren der Grenze (links) weist ein Schild den Weg zurück nach Thailand (rechts).

Den Abschluss des Stadtspaziergangs stellt ein Besuch auf dem großen Markt in unmittelbarer Nähe zur Grenze dar, wo ein identisches Warenangebot wie bereits in Mae Sai angeboten wird, jedoch auffallend teurer im Preis. Die Finger lassen sollte man von den allgegenwärtig angebotenen Zigaretten vom Schwarzmarkt, die nicht zu Unrecht als ungenießbar gelten. Mit allerlei neuen Impressionen im Gepäck geht’s zurück Richtung Grenze, wo ein großes Schild mit der Aufschrift "To Thailand", gefolgt von einem großen DEA-Plakat, das vor dem Schmuggel und Konsum chemischer Drogen warnt, den Weg weist. Als Grenzstadt und Schmugglernest am Rande des sagenumwobenen Goldenen Dreiecks versprüht Tachilek einen ganz eigenen und spannenden Charme. Wer jedoch mehr über die Kultur und das Leben in Myanmar erfahren möchte, mag vielleicht enttäuscht reagieren.

So gibt’s das Tages-Visum

Touristen können den Grenzübergang von Mae Sai nach Tachilek zu Fuß überqueren und dürfen die burmesische Grenzstadt in einem Umkreis von fünf Kilometern besichtigen. Bei der Ausreise erhält man auf thailändischer Seite einen Stempel in den Pass. Die Einwanderungsbehörde in Myanmar am anderen Ende der Brücke behält den Reisepass bis zur Ausreise ein. Für 500 Baht erhält man zur Einreise ein Tagesvisum. Das erforderliche Foto wird direkt vor Ort geschossen. Die Regelungen ändern sich jedoch öfters. Bei der Wiedereinreise nach Thailand gibt’s ein 15-Tage-Visum.

Anreise und Übernachtung

Mae Sai liegt etwa 800 Kilometer von Bangkok entfernt. Auto: Selbstfahrer erreichen Mae Sai über den Highway 1, Fahrtzeit 11 Stunden. Bus: Vom Northern Bus Terminal (Mo Chit) in Bangkok fahren täglich Busse um 17.30 Uhr, 18.15 Uhr und 20.30 Uhr für 490 bis 630 Baht nach Mai Sai. Komfortabler lässt sich mit den VIP-32-Bussen für 970 Baht um 7.30 Uhr und 19.40 Uhr reisen. Die Fahrt beträgt 12,5 Stunden. Flugzeug: Zweimal täglich fliegt Thai AirAsia den nächstgelegenen Flughafen in Chiang Rai an, Thai Airways dreimal täglich. Übernachtung: Das Wang Thong Hotel bietet etwas in die Jahre gekommene Zimmer für knapp 1.000 Baht inklusive Frühstück und Nachtclub, Tel.: 053-733.388-95. Empfehlenswert gestaltet sich eine Homestay-Übernachtung bei Uwe. Der Deutsche kennt den hohen Norden wie seine Westentasche und bietet spannende Touren an, Tel.: 081-030.5672.

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