Schlechte Aufklärung, viele Opfer - Kritik an Luftwaffe

Afghanische Gemeindearbeiter reinigen den Tatort nach einer Bombenexplosion in Kabul. Foto: epa/Hedayatullah Amid
Afghanische Gemeindearbeiter reinigen den Tatort nach einer Bombenexplosion in Kabul. Foto: epa/Hedayatullah Amid

KABUL: Afghanistans Luftwaffe steht nach einer Bombardierung mit vielen zivilen Opfern erneut in der Kritik. 18 Menschen verloren am Sonntag in der südwestlichen Provinz Nimrus ihr Leben, als Jets vermeintliche Stellungen der Taliban bombardierten. Die Wut in der Provinz ist groß. Es ist nicht das erste Mal, dass Afghanistans Luftwaffe Versagen vorgeworfen wird.

Wenige Angehörige der afghanischen Streitkräfte sprechen über das Scheitern der Luftwaffe. Sahir Asimi, Ein General im Ruhestand macht im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur vor allem schlechte Aufklärung für die vielen Toten verantwortlich. «Quellen, die die Informationen liefern, agieren manchmal zwiegespalten. Das heißt, sie geben das Ziel so durch, dass auch die Taliban davon profitieren können». Das sei nützlich für ihre Propaganda. Oft sei auch technisches oder menschliches Versagen verantwortlich.

Der Regierung wirft Asimi vor, zivile Opfer vertuschen zu wollen. «Sie verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn Einheimische die zivilen Opfer aufgedeckt haben. Die Menschen vertrauen den Beamten nicht mehr, weil sie widersprüchliche Berichte liefern.» Ganz zu vermeiden seien zivile Opfer im Krieg nicht, sagt der General. Er fordert jedoch lückenlose Aufklärung und Entschädigung der Hinterbliebenen.

Das Verteidigungsministerium versprach am Sonntag schnelle Aufklärung. Dabei warten Angehörige der Opfer ähnlicher Vorfälle immer noch auf Antworten. Nur selten werden die Verantwortlichen verfolgt, beklagt Afghanistans Unabhängige Menschenrechtskommission (AIHRC). «Der Zugang der Familien der Opfer zu Gerechtigkeit ist für sie leider nur ein Traum», sagt AIHRC-Sprecher Sabiullah Farhang.

Bei einem fatalen Luftschlag in der Provinz Tachar mit 12 getöteten Kindern im Jahr 2020 drohte Afghanistans Vizepräsident Amrullah Saleh Journalisten gar mit Konsequenzen, sollten sie das afghanische Militär verantwortlich machen. Der Sprecher der Provinz musste nach eigenen Angaben seinen Posten räumen, nachdem er über den Vorfall informiert hatte.

Luftschläge sind nach Angaben der UN-Mission in Afghanistan fast für ein Zehntel der zivilen Opfer jährlich verantwortlich. Die meisten zivilen Opfer gehen jedoch auf das Konto von Extremisten. Die militant-islamistischen Taliban waren 2020 bis Ende September für 45 Prozent der Opfer verantwortlich, die afghanische Armee für 23 Prozent. Mehr als 100.000 Zivilisten wurden seit 2009 im Afghanistankonflikt getötet oder verwundet.

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