KOH SAMUI: In Myanmars Hauptstadt Yangon und in weiten Teilen des Nachbarlandes haben sich die Proteste gegen das Todesurteil im Koh Tao Prozess seit dem Weihnachtstag ausgeweitet. Wütende Protestanten auf burmesischer Seite – wütende Gegenreaktionen auf thailändischer – der Fall nimmt gehobene politische Dimensionen an.
Wie berichtet, hatte das Provinzgericht Koh Samui am 24. Dezember die burmesischen Gastarbeiter Zaw Lin und Wai Phyo (22) für schuldig befunden, im September 2014 zwei britische Touristen auf Koh Tao ermordet und geschändet zu haben. Das Urteil sorgte weltweit für geteilte Meinungen. Insbesondere der Umstand, dass weder Foltervorwürfe gegen die thailändischen Ermittler in Betracht gezogen worden waren noch eine von Gerichtsmedizinern als dilettantisch und einseitig geführte Beweismittelführung, erhitzt die Gemüter.
Vor der Thailändischen Botschaft in Yangon in Myanmar breiten sich seit Tagen die Proteste aus. Die Landesvertretung Thailands ist vorübergehend geschlossen worden. Auch an Grenzübergängen zum Königreich machen Burmas Kritiker nicht halt. Augenzeugen sagen, dass der Übergang am Dreipagodenpass in der Provinz Kanchanaburi für Thailänder gesperrt worden ist. Burmas Militärchef hat von den Machthabern in Thailand eine objektive Neuuntersuchung des Koh Tao Mordfalles gefordert.
Indessen ist Thailands amtierender Premierminister Prayut Chan-o-cha seinerseits auf Konfrontation gegangen. Vor einer Dienstreise nach Surat Thani am Morgen des heutigen Montags keilte er vor Reportern in Richtung burmesischer Protestanten. Es seien, so Thailands Premier, politisch motivierte Aggressionen gegen Thailand und keine wahren Proteste. Thailand lasse sich von keinem Land sein Rechtssystem vorschreiben – die Richter auf Koh Samui hätten ein souveränes und faires Urteil gefällt, sagte Prayut sichtlich verärgert.
Dass die Nerven auch bei Thailands Ordnungshütern blank liegen, bewies eine Pressekonferenz der Polizeidirektion in Bangkok am Sonntag. Stellvertretender Landespolizeisprecher Piyaphan Pingmuang sagte umrundet von Ermittlern der damaligen Mordkommission, dass eine Neuuntersuchung des Falles nicht in Frage käme. Er betonte, sowohl die Spurensicherung als auch die DNA-Auswertung und Dokumentation nach dem Doppelmord an Hannah Witheridge und David Miller seien nach internationalem Standard erfolgt.
Thailands Außenministerium hat sich zwischenzeitlich offiziell an die burmesische Landesregierung gewandt und eine Beendigung der Protestaktionen verlangt. Außenminister Don Pramudwinai bestellte den burmesischen Botschafter ein und ließ über ihn eine entsprechend ‘Note’ an die Militärregierung in Myanmar weiterreichen. „Dieser Mordprozess geht voraussichtlich in die Berufungsinstanz“, sagte Pramudwinai, es gäbe keinerlei Anlass, in einem solchen Fall politisch zu intervenieren.
International hat der Doppelmord von Koh Tao seit dem Mordtag des 15. September 2014 enormes Aufsehen erregt. Die Hoffnung der thailändischen Justiz, dass sich nach dem schnellen Urteil auf Koh Samui die Wogen glätten und Normalität in die Urlaubsregionen einkehrt, hat sich als Trugschluss erwiesen.
Menschenrechtsorganisationen fordern nicht nur eine Neuuntersuchung des Mordfalles an den britischen Touristen von unabhängigen Ermittlern, sie wollen auch eine eigene Ermittlung gegen die Polizeikräfte erreichen, die das Geständnis der Angeklagten Zaw Lin und Wai Phyo durch Folter und Morddrohungen erpresst haben sollen. Diese Anschuldigungen haben die Polizeibeamten stets bestritten. Auch das Provinzgericht Koh Samui hielt die Foltervorwürfe für unbewiesen und fällte anhand ‚eindeutiger DNA-Beweise gegen die Angeklagten‘ das Todesurteil. Gegengutachten der Verteidigung blieben bei dem Urteilsspruch außen vor.