Papierkraniche für Krebskranke - Deutsche sammelt Spenden

Eine Mittelschülerin bietet Senbazuru oder Tausend Papierkraniche für die Opfer des Atombombenabwurfs im Hypocenter Park in Nagasaki an. Foto: epa/Jiji Press
Eine Mittelschülerin bietet Senbazuru oder Tausend Papierkraniche für die Opfer des Atombombenabwurfs im Hypocenter Park in Nagasaki an. Foto: epa/Jiji Press

TOKIO: Ein Monument in Hiroshima erinnert an ein japanisches Mädchen, das 1945 die Atombombe überlebte und Jahre später an Leukämie erkrankte. Dorthin will eine Deutsche 1000 Kilometer durch Japan wandern und Spenden für Krebskranke sammeln. Mit dabei: 1000 Papierkraniche.

Als die Amerikaner am 6. August 1945 eine Atombombe über Hiroshima abwerfen, ist Sadako Sasaki zwei Jahre alt. Knapp zwei Kilometer vom Ort der Bombenexplosion entfernt überlebt die kleine Japanerin das atomare Inferno. Sadako wächst nach Kriegsende so wie ihre Altersgenossen auf, geht glücklich zur Schule, wirkt gesund und sportlich. Doch eines Tages, nach einem wichtigen Staffellauf, bei dem sie ihrer Mannschaft zum Sieg verhalf, fühlt sich Sadako extrem müde und schwindelig. 1955, zehn Jahre nach der Atombombenexplosion, ist die Kleine an Leukämie erkrankt. Sie wird in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte geben ihr nicht mehr als ein Jahr zu leben.

Ihre beste Freundin Chizuko bringt ihr Origami-Faltpapier ins Krankenhaus und erzählt Sadako von einer Legende. Danach bekommt derjenige, der 1000 Papierkraniche faltet - in Japan ein Symbol langen Lebens - von den Göttern einen Wunsch erfüllt. In der Hoffnung auf Genesung beginnt Sadako, mehr als 1000 Kraniche zu falten - bis zu ihrem Tod nur wenige Monate später. Sadako wurde zwölf Jahre alt.

Das Ausmaß der Spätfolgen der Atombombe war erst langsam bekannt geworden, weil Japans Ärzten bis 1952 der Zugang zu Daten über die Wirkung der Strahlen von den Besatzungsbehörden verwehrt worden war. Das Schicksal eines kleinen Mädchens, das zehn Jahre nach dem Ende des Krieges der Bombe zum Opfer fiel, wirkte in Japans Öffentlichkeit «wie ein Katalaysator» für das Bewusstsein für den unmenschlichen Charakter dieser Waffe, wie der Japanologe Florian Coulmas schrieb.

Mit Spenden aus dem ganzen Land wurde 1958 im Gedenken an Sadako ein Monument errichtet. Die Bronzestatue im Friedenspark von Hiroshima stellt ein junges Mädchen dar, das einen großen Papierkranich über dem Kopf hält - Symbol der Hoffnung der Kinder auf eine friedliche Zukunft. Das Friedensmonument der Kinder ist heute ein Wallfahrtsort, an dem jedes Jahr Menschen lange Ketten aus Papierkranichen ablegen. Das hat in Kürze auch die 28 Jahre alte Düsseldorferin Eva Fritz vor.

Fritz, die wegen des Berufes ihres Vaters mit sechs Jahren nach Japan kam, dort zur Schule ging und die Sprache lernte, verlor ihre beste Freundin ebenfalls an Leukämie. «Sie war in der dritten Klasse. Als sie krank wurde, haben wir in der Schule 1000 Kraniche gefaltet und ihr ins Krankenhaus gebracht», erinnert sich Fritz im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Tokio. Damals hörte sie erstmals vom Schicksal der kleinen Sadako und der Legende von den Papierkranichen.

Als Fritz mit zwölf Jahren nach Deutschland zurückkehrte, gab ihr eine Freundin aus der Grundschule 1000 Papierkraniche mit auf den Weg. «Seither haben mich die Kraniche mein ganzes Leben begleitet», erzählt Fritz. Ob bei Krankenbesuchen - ihr Großvater und eine Freundin starben beide an Krebs - zu Geburtstagen, Hochzeiten oder Geburten: Zu all diesen Anlässen bastelte Fritz 1000 Papierkraniche. Mehr als 16.000 hat sie davon in ihrem Leben schon gefaltet.

Im Gedächtnis blieb dabei immer auch die Geschichte von Sadako Sasaki. Nach vielen Jahren ist Fritz nun nach Japan, dem Land ihrer Kindheit, zurückgekehrt, mit einem ehrgeizigen Projekt: Sie will voraussichtlich noch im September von Tokio aus zweieinhalb Monate lang mit Rucksack und Zelt 1000 Kilometer über Kyoto bis nach Hiroshima wandern. Mit im Gepäck: 1000 bunte Papierkraniche. Und ein Spendenaufruf für die Deutsche Kinderkrebshilfe. «Ich wollte die Reise ohnehin machen. Und da habe ich mir gedacht, dass ich das eigentlich auch mit einem guten Zweck verbinden kann», erzählt Fritz.

Um für Spenden zu motivieren, hat sie einen Instagram-Account erstellt, auf dem sie ihre Reise dokumentiert. Die Spenden gehen direkt an die Deutsche Kinderkrebshilfe. Ihre Reise finanziert Fritz aus eigenen Mitteln. Mehr als 3500 Euro an Spendengeldern konnte sie bereits sammeln. Jeder Spender, der seinen Namen nennt, bekommt diesen auf einen Kranich geschrieben. «Jeder wird dann seinen Kranich am Ende in Hiroshima hängen haben.» Am Denkmal für Sadako Sasaki.

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