Als Kind wäre ich gerne Gärtner oder Metzger geworden. Ein Gärtner ist eine rundum positive Figur. Der Metzger insofern auch, als er allerlei Köstlichkeiten herzustellen vermag und uns Kinder beim Metzgereibesuch immer mit einer Wurstscheibe bestach. Nur, dass der die Tiere tötet, fand ich immer schon etwas befremdlich…
Nun bin ich im Alter also noch beides geworden, Gärtner und Metzger (Hobbykoch bin ich schon länger). Bei uns zu Hause gab es Weihnachten immer Gans. Als Jugendlicher habe ich sie einmal bei Bianchi in der Stadt für meine Mutter geholt, unglaubliche 70 Franken hat das Riesenviech damals gekostet!
Schon die Eier sind zu umsorgen
Seit rund zweieinhalb Jahren habe ich eigene Gänse, nicht nur, weil ich sie zum Fressen gern habe, ich finde es auch lustig, wie sie mit den Gartenbesuchern interagieren und beobachte sie und ihr soziales Verhalten gerne. Sie sind in Clans organisiert wie die Mafia und neigen deutlich zur Eifersucht, zum Futter- und Sexneid. Von Beginn an haben wir eines richtig gemacht, das Eiermanagement, aber auch da dazu gelernt.
Am Anfang des Gänsebratens steht natürlich Sex, und der sieht für den Beobachter brutal aus. Er besteigt sie auf dem Wasser, verbeißt sich in ihren Hinterkopf oder Hals und drückt ihr beim (Liebes?) Akt den Kopf unter Wasser. Zum Glück dauert die Sache nicht so lange wie im Pornofilm, die Besamung erfolgt ganz rasch.
Irgendwann fängt sie an Eier zu legen, die nehmen wir weg und ersetzen sie durch Plastikeier, die mit Wasser gefüllt wurden, sonst schmeißt sie die aus dem Nest, als zu leicht befunden. Ließen wir die Eier im Nest, könnten sie von den Waranen oder Schlangen gefressen werden. Im Haus sind sie trocken, sicher und wir wenden sie mehrmals am Tag um, damit der Embryo nicht an der Schale kleben bleibt.
28 Tage wird intensiv gebrütet
Sobald die Gans alle ihre Eier gelegt hat, normalerweise etwa ein Dutzend, fängt sie an zu brüten. Wir verbringen sie, zusammen mit den Plastikeiern, an einen sicheren, abschließbaren Ort, wo die Warane nicht zukommen. Akzeptiert sie den neuen Ort, bleibt auf den Plastikeiern sitzen, ersetzen wir sie mit fünf Eiern, die bereits im Inkubator mindestens sieben Tage angebrütet wurden und in denen sich der Embryo schon sichtlich entwickelt hat. Nach weiteren 21 Tagen beginnen die Gänschen zu schlüpfen.
Das ist eine gefährliche Zeit. Manche Mütter erdrücken ihre Kleinen unabsichtlich und dann ist das ganze Nest innert kürzester Zeit voller Ameisen. „Einauge“ konnten wir gerade noch retten, war über und über von Ameisen bedeckt und das eine Auge war nicht mehr zu retten. Einauge hat sich später aber trotzdem sehr gut entwickelt.
Zwei oder drei Wochen lassen wir die Kleinen bei den Müttern, bevor wir sie in Gruppen von in etwa Gleichaltrigen zusammenfassen und rund um die Uhr gut schützen vor Waranen, Krähen und Panik. Geraten sie aus irgendeinem Grund in Panik, zertrampeln sie sich oft gegenseitig.
Und nach maximal sechs Monaten werden sie geschlachtet.
Einauge wurde übrigens bei der jüngsten Schlachtung ebenfalls in den Gänsehimmel verschoben, weil er aufgrund seiner Behinderung von den anderen Gänsen gemobbt wurde. Früher oder später hätten den Einzelgänger sicher die Warane geschnappt, die von der Seite attackiert hätten, wo er nichts sah.
Weihnachten dürfte bei den Gänsen übrigens deutlich weniger beliebt sein als bei uns Menschen.
Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an hansfritschi1957@gmail.com oder besuchen Sie seine Webseite www.discovery-garden.net oder Facebookseite. |