Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Dienstag

Sechs Tote bei israelischem Militäreinsatz bei Dschenin

RAMALLAH: Bei einem israelischen Militäreinsatz bei Dschenin im Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben mindestens sechs Menschen getötet worden. Dies teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah am Dienstag mit. Nach Darstellung des israelischen Militärs führte eine Spezialeinheit eine Razzia im Ort Kafr Dan nördlich von Dschenin durch. Bewaffnete Palästinenser nahmen die Soldaten demnach unter Feuer, das die Truppen erwiderten. Bei dem Gefecht erhielten sie Unterstützung von einem Kampfhubschrauber.

Während des Einsatzes umstellten die Soldaten ein Gebäude, das nach Armee-Angaben von Terroristen in der Gegend genutzt wurde. In und rund um das Gebäude kam es demnach zum Schusswechsel. Dort fanden die Truppen zahlreiche Waffen und Sprengstoff.

Dschenin und Umgebung gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Die israelische Armee führt dort immer wieder Razzien durch. Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober wurden bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Westjordanland mehr als 500 Palästinenser getötet. Es kam auch verstärkt zu Siedlergewalt gegen Palästinenser.


Soziologe Sznaider: Empathie mit Gegenseite im Krieg unmöglich

KÖLN: Der israelische Soziologe Sznaider verweigert sich auf dem Philosophiefestival Phil.Cologne einem Bekenntnis zu Empathie mit der Gegenseite.

Der israelische Soziologe Natan Sznaider kann in der derzeitigen Kriegssituation keine Empathie für die Opfer im Gazastreifens empfinden. «Das Verlangen nach Empathie im Krieg für die andere Seite ist für mich absurd, sage ich ganz ehrlich», bekannte Sznaider am Dienstag beim Philosophie-Festival Phil.Cologne in Köln. «Ich weiß nicht, ob das in irgendeiner Weise nachzuvollziehen ist, dass, wenn man im Krieg ist, wenn Enkel und Söhne von Bekannten und Freunden im Gazastreifen kämpfen und dann kommt da diese Empathie-Frage für die andere Seite, ja was bin ich? Mutter Teresa?» Das mache in diesem Moment keinen Sinn für ihn. «Es geht nicht um Empathie, es geht um Verantwortung», stellte der 1954 in Mannheim geborene Wissenschaftler klar. Mitverantwortlich für die Taten Israels im Gazastreifen fühle er sich als israelischer Staatsbürger durchaus, auch wenn er die Regierung von Benjamin Netanjahu nicht gewählt habe.

Wenn er von deutschen Journalisten immer wieder danach gefragt werde, ob er Empathie mit den Menschen im Gazastreifen empfinde, habe er manchmal den Eindruck, dass dahinter in Wahrheit die Frage nach Empathie für die deutschen Opfer des Bombenkriegs im Zweiten Weltkrieg stehe, sagte Sznaider. «In einem Interview habe ich das mal versucht zu formulieren und gefragt: Was fragen Sie wirklich? Fragen Sie eigentlich nach der Empathie gegenüber den deutschen Opfern in Dresden oder in Hamburg? Geht's denn wirklich um Gaza oder geht's hier um eine ganz andere Frage?» Er sei sich in diesem Punkt aber nicht sicher, und er wolle sich damit auch nicht aus der Verantwortung stehlen.

Sznaiders Gesprächspartner, der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani, äußerte sich frustriert darüber, dass die eine Seite das Leid der anderen nicht anerkennen könne. Er sei im Übrigen davon überzeugt, dass die Verhärtung Israels gleichzeitig eine Schwächung Israels bedeute. «Israel war noch nie so isoliert wie in diesen Tagen, und das hat zu tun mit der Reaktion Israels auf den 7. Oktober, und es läuft 1:1 nach dem Plan der Hamas», sagte Kermani, der seit Jahrzehnten mit Sznaider befreundet ist. Der Hamas gehe es darum, Israel international in Misskredit zu bringen und eine Solidaritätswelle für die Sache der Palästinenser auszulösen, sagte Kermani. Genau das sei passiert. «Das Versprechen Netanjahus und der Rechten «Wir sorgen für Sicherheit, indem wir maximal hart sind» hat für alle erkennbar zu maximaler Unsicherheit für die israelische Bevölkerung geführt», so Kermani.


Hamas übermittelt Antwort auf US-Vorschlag für Gaza-Waffenruhe

GAZA/TEL AVIV: Die islamistische Terrororganisation Hamas hat nach eigenen Angaben den katarischen und ägyptischen Vermittlern ihre Antwort auf den US-Vorschlag für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg übermittelt. Die Hamas und die kleinere militante Gruppe Palästinensischer Islamischer Dschihad bekundeten in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstagabend zudem, sich «positiv zu verhalten», um eine Einigung zur Beendigung des Kriegs zu erzielen. Dies hätten sie gegenüber Katar und Ägypten zum Ausdruck gebracht.

Der genaue Inhalt ihrer Antwort an die Vermittler blieb zunächst unklar. In der Erklärung hieß es lediglich, dass die Priorität für Hamas und Islamischen Dschihad darin bestehe, den Krieg im Gazastreifen vollständig zu beenden, und dass Israels Armee sich vollständig zurückzieht.

Ende Mai hatte US-Präsident Joe Biden überraschend einen dreistufigen Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg vorgestellt. Der Plan sieht während der vollständigen Waffenruhe vor, dass eine bestimmte Gruppe israelischer Geiseln freigelassen wird. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.

Den USA zufolge hat nur die Hamas dem Plan bislang nicht zugestimmt. Eine klare und öffentliche Zustimmung gibt es bislang aber auch von der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht. Der UN-Sicherheitsrat hat sich inzwischen für den Vorschlag ausgesprochen. Er nahm zuletzt eine entsprechende Resolution an.


Biden-Plan widerspricht nicht den israelischen Kriegszielen

TEL AVIV: Der von US-Präsident Joe Biden vorgestellte Plan für eine Gaza-Waffenruhe widerspricht nach Worten eines israelischen Regierungsvertreters nicht den Kriegszielen Israels.

«Israel wird den Krieg nicht beenden, bevor alle seine Kriegsziele erreicht sind: die Zerstörung der militärischen und Regierungsfähigkeiten der Hamas, die Freilassung aller Geiseln und die Gewährleistung, dass Gaza für Israel künftig keine Bedrohung darstellen wird», sagte der israelische Repräsentant am Dienstag. «Der Vorschlag ermöglicht es Israel, diese Ziele zu erreichen, und Israel wird dies tatsächlich tun.» Der UN-Sicherheitsrat hatte dem Vorschlag Bidens, der eine Waffenruhe in drei Phasen vorsieht, am Montag zugestimmt.


Keine deutschen Waffen für Israel? Gericht lehnt Antrag ab

BERLIN: Mehrere palästinensische Antragsteller aus dem Gazastreifen sind vor dem Berliner Verwaltungsgericht mit dem Versuch gescheitert, der deutschen Regierung durch einen sogenannten vorläufigen Rechtsschutz Waffenlieferungen an Israel zu untersagen.

Dieser Rechtsschutz dient dazu, einen provisorischen Schutz zu gewähren, bis in der Hauptsache entschieden wird. Das Verwaltungsgericht wies die Anträge zurück, weil sich derzeit nicht bestimmt absehen lasse, welche Entscheidungen der Bundesregierung künftig überhaupt bevorstünden und unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergingen. Das wurde am Dienstag mitgeteilt.

Das Gericht argumentierte, es lasse sich nicht vorhersagen, dass die deutsche Regierung Genehmigungen von Waffenlieferungen unter Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen erteilen werde. Die Antragsteller würden den mit Handlungsalternativen verbundenen Entscheidungsspielraum der Bundesregierung verkennen.

Sie hätten auch nicht überzeugend dargestellt, dass überhaupt Entscheidungen über Waffenexporte konkret anstünden und die Bundesregierung die Gesetze missachten werde. Die Bundesregierung habe etwa die Möglichkeit, Waffenexporte zu verbieten oder Nebenbestimmungen zu verhängen oder Zusagen zu Beschränkungen des Empfängerlandes einzuholen.


Weiter heftiger Beschuss zwischen Israel und Hisbollah im Libanon

BEIRUT/TEL AVIV: Die Hisbollah im Libanon hat nach eigenen Angaben Dutzende Raketen vom Typ Katjuscha auf Ziele in Nordisrael abgefeuert. Es sei eine Reaktion auf vorige Angriffe der israelischen Armee in der Bekaa-Region gewesen, teilte die Schiitenmiliz am Dienstagmorgen mit. Das israelische Militär berichtete, dass etwa 50 Geschosse aus dem Libanon identifiziert worden sein. Einige seien erfolgreich abgeschossen worden, andere seien in offenes Gelände gefallen. Es habe keine Verletzten gegeben, hieß es.

Bei dem mutmaßlich israelischen Angriff auf einen Lastwagenkonvoi im Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Syrien sind Aktivisten zufolge nahe der Bekaa-Ebene am Montagabend fünf Menschen getötet und weitere verletzt worden. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass unter den Opfern auch hochrangige Vertreter der Hisbollah gewesen seien. Die Miliz lagere in dem getroffenen Gebiet einen Großteil ihrer Waffen.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen kommt es täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee mit der proiranischen Hisbollah-Miliz, die mit der islamistischen Hamas verbündet ist, sowie anderen Gruppierungen im Grenzgebiet. Die Lage hat sich in den letzten Tagen deutlich zugespitzt.

Tote gab es dabei auf beiden Seiten. In Ortschaften beiderseits der Grenze hat der gegenseitige Beschuss schwere Zerstörungen angerichtet. Rund 150.000 Menschen wurden evakuiert oder verließen die Kampfzone. Zuletzt war die Lage noch weiter eskaliert, und es herrscht die Sorge vor einer deutlich größeren militärischen Konfrontation, sollten diplomatische Bemühungen scheitern.


Vier israelische Soldaten bei Explosion in Gebäude in Rafah getötet

TEL AVIV/GAZA: Bei einer Explosion in einem Gebäude in Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Militärangaben vier israelische Soldaten getötet worden. Die Armee gab den Tod der vier Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren am Dienstag bekannt. Nach israelischen Medienberichten hatten die Soldaten einen Sprengsatz in ein verdächtiges dreistöckiges Gebäude in Rafah geworfen, um mögliche Sprengfallen zur Explosion zu bringen. Es sei jedoch erst zur Explosion gekommen, als die Truppen bereits das Gebäude betreten hätten. Das Haus sei eingestürzt und habe mehrere Soldaten unter sich begraben.

Die Armee habe später einen Tunneleingang in dem Gebäude gefunden und gehe davon aus, dass dort ein ranghohes Mitglied der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gewohnt habe. Es seien auch sieben Soldaten verletzt worden, einige davon schwer.

Israelische Soldaten gehen bei dem Einsatz in dem Küstenstreifen unter anderem von Haus zu Haus auf der Suche nach Waffen. Viele Gebäude sind nach Militärangaben mit tödlichen Sprengfallen präpariert. Mit dem Vorfall am Dienstag sind seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober nach Angaben der Armee auf israelischer Seite 650 Soldaten und Soldatinnen gefallen und mehr als 3700 weitere verletzt worden. Auslöser des Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten.

Im folgenden Krieg wurden nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 37.100 Palästinenser getötet. Die Behörde unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern. Die Zahlenangaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden.


Vier Hamas-Mitglieder im Westjordanland getötet

RAMALLAH/TEL AVIV: Bei einem israelischen Militäreinsatz im Westjordanland sind vier Mitglieder des bewaffneten Arms der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden. Die Armee teilte am Dienstag mit, israelische Sicherheitskräfte seien am Montagabend in einen Ort nahe Ramallah eingedrungen, um nach einem Anschlagsversuch einen Tatverdächtigen festzunehmen.

Als sich die Truppen dem Gebäude näherten, in dem sich der Mann und drei weitere Hamas-Mitglieder versteckten, hätten diese in einem Fahrzeug fliehen wollen. Sie hätten versucht, die Soldaten anzufahren. Diese hätten daraufhin das Feuer eröffnet. In dem Fahrzeug seien ein Gewehr sowie Sprengsätze gefunden worden. Hamas-Medien berichteten, die vier Getöteten seien Mitglieder der Kassam-Brigaden, des militärischen Hamas-Arms, gewesen.

In Ramallah wurde am Dienstag aus Protest ein Generalstreik eingehalten. Die Lage im besetzten Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. Seitdem wurden nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums 516 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen getötet.

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