Nachrichten aus der Wirtschaft am Montag

Ein Verbraucher füllt seinen Tank an einer Shell-Tankstelle in London. Foto: epa/Andy Rain
Ein Verbraucher füllt seinen Tank an einer Shell-Tankstelle in London. Foto: epa/Andy Rain

Ölkonzern Shell verlegt steuerlichen Hauptsitz nach London

DEN HAAG: Der niederländisch-britische Ölkonzern Shell will seinen steuerlichen Hauptsitz in den Niederlanden aufgeben und nach London verlegen. Dieser Vorschlag soll der Aktionärsversammlung im Dezember zur Entscheidung vorgelegt werden, wie Shell am Montag in Den Haag mitteilte. Die etwa zehnköpfige Konzernleitung soll dann nach London umziehen. Für die rund 8500 Shell-Arbeitnehmer in den Niederlanden soll der Schritt keine Folgen haben. Der Konzern muss aber das Prädikat «Royal Dutch» in seinem Namen aufgeben.

Der Umzug wird im Zusammenhang mit der Entscheidung der Regierung gesehen, die Dividendensteuer nicht abzuschaffen. In Großbritannien gibt es diese Steuer nicht. Konzern-Chef Ben van Beurden hatte diesen Zusammenhang in einem Interview suggeriert. Shell begründete jetzt die Umzugsentscheidung damit, dass mit einfacheren Strukturen schneller und flexibler operiert werden könne.

Die geschäftsführende Regierung in Den Haag sprach von einer «unangenehmen Überraschung». «Wir sind im Gespräch mit der Führung von Shell über die Folgen des Planes für Arbeitsplätze, wichtige Investitionen und Nachhaltigkeit», sagte Wirtschaftsminister Stef Blok dem niederländischen Radio.

Der geplante Umzug soll keinen Einfluss auf die gerichtlich auferlegten Klimaschutz-Maßnahmen des Konzerns haben. Ein Gericht hatte im Frühjahr in Den Haag Shell dazu verurteilt, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 45 Prozent zu senken. Shell hatte Berufung eingelegt.


Ifo-Präsident warnt vor Schulschließungen wegen Corona

MÜNCHEN: Das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo hat davor gewarnt, dass die Intensivstationen durch Corona-Patienten an ihre Kapazitätsgrenze kommen und Schulen wieder geschlossen werden. «Das hat langfristig extrem hohe wirtschaftliche und soziale Kosten», sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Montag. Den coronabedingten Ausfall der deutschen Wirtschaftsleistung 2020 und 2021 bezifferte Fuest mit rund 325 Milliarden Euro. Die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten seien aber weit höher.

Die neue Corona-Welle müsse auch aus wirtschaftlicher Sicht dringend eingedämmt werden: «Wir brauchen mehr Tests, mehr Impfungen und müssen Ansteckungen nachverfolgen. Wir sollten keinen Lockdown anstreben, sondern vielmehr 2G- oder 3G-Beschränkungen», sagte der Münchner Wirtschaftsforscher.

Fuest warnte zugleich davor, einen Kurs wie Schweden am Anfang der Pandemie zu verfolgen. «Das schwedische Experiment, das mehr Infektionen in Kauf nahm, um Lockdown-Maßnahmen zu vermeiden», habe nicht funktioniert: Schwedens Wirtschaft sei 2020 um 2,8 Prozent geschrumpft, ebenso wie die Finnlands und deutlich stärker als jene Dänemarks oder Norwegens. Gleichzeitig sei die Zahl der Todesopfer im Verhältnis zur Bevölkerung viel höher gewesen.


Handelsüberschuss der Eurozone geht zurück

LUXEMBURG: Der Außenhandel der Eurozone entwickelt sich verhalten. Während die Exporte im September zurückgingen, stiegen die Importe. Die Ausfuhren sanken zum Vormonat saisonbereinigt um 0,4 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Montag mitteilte. Die Einfuhren erhöhten sich hingegen um 1,5 Prozent. Der Handelsüberschuss verringerte sich daher weiter: Er sank von 9,7 Milliarden im August auf 6,1 Milliarden Euro im September.

Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen sowohl die Ausfuhren als auch die Einfuhren kräftig. Die Entwicklung ist Folge des Handelseinbruchs während der ersten Wellen der Pandemie. Allerdings ist auch in dieser Betrachtungsweise der Zuwachs der Einfuhren stärker als der Anstieg der Ausfuhren. Der Außenhandel wird durch die Engpässe im internationalen Warenverkehr, die im Wesentlichen eine Folge der Pandemie sind, gedämpft.


Sewing: EZB muss angesichts steigender Inflation gegensteuern

FRANKFURT/MAIN: Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mahnt angesichts steigender Inflationsraten zu einem Ende der ultralockeren Geldpolitik. «Das vermeintliche Allheilmittel in den vergangenen Jahren - niedrige Zinsen bei vermeintlich stabilen Preisen - hat seine Wirkung verloren, denn jetzt kämpfen wir mit deren Nebenwirkungen», sagte Sewing, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist, am Montag zum Auftakt der «Euro Finance Week» in Frankfurt.

Die Teuerungsraten in Deutschland und im Euroraum klettern seit Monaten deutlich. Die EZB erklärt den Anstieg der Verbraucherpreise zum Großteil mit Sonderfaktoren wie der Erholung der Ölpreise nach dem Corona-Schock sowie Lieferengpässen infolge der deutlich gestiegenen Nachfrage.

Sewing betonte, die Volkswirte des größten deutschen Geldhauses teilten die Meinung der Notenbanken nicht, dass sich bei der steigenden Inflation um einen temporären Effekt handele. «Und mich persönlich macht mit Blick auf die Geldwertstabilität skeptisch, was ich in den Gesprächen mit unseren Kunden höre. Sie alle richten sich darauf ein, dass die hohen Inflationsraten länger andauern werden. Und wir wissen, was das heißt: Steigen die Inflationserwartungen, dann steigt in der Regel irgendwann auch die Inflation - und zwar längerfristig.»

Die Geldpolitik müsse gegensteuern, forderte Sewing - «und das eher früher als später». Der Deutsche-Bank-Chef betonte: «Die Folgen dieser ultralockeren Geldpolitik werden sich immer schwerer heilen lassen, je länger die Zentralbanken nicht gegensteuern.»


Chinas Einzelhandel und Industrie erholen sich überraschend

PEKING: In China hat sich die Lage im Einzelhandel und in der Industrie im Oktober überraschend etwas gebessert. Der Einzelhandelsumsatz zog im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,9 Prozent an, wie aus am Montag veröffentlichten Daten der Regierung hervorgeht. Im September waren die Erlöse noch um 4,4 Prozent gestiegen. Von der Finanzagentur Bloomberg befragte Experten hatten im Schnitt mit einem Rückgang der Wachstumsrate auf 3,7 Prozent gerechnet.

Ähnlich sieht es bei der Industrieproduktion aus. Diese legte im Oktober im Jahresvergleich um 3,5 Prozent zu und damit 0,4 Punkte stärker als im September. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Plus von 3 Prozent gerechnet.

Chinas Wirtschaft ringt mit zahlreichen Problemen. So ist der Immobilienmarkt unter anderem wegen der finanziellen Schwierigkeiten des Konzerns Evergrande ins Straucheln geraten. Zudem leidet die Industrie unter Engpässen beim Strom, und die Regierung bekämpfte die immer wieder auftretenden Corona-Fälle mit Maßnahmen, die zwar lokal begrenzt sind, aber die Aktivitäten in den betroffenen Regionen liegen dann meist weitgehend still.

Deshalb wuchs Chinas Wirtschaft im dritten Quartal nur noch um 4,9 Prozent. Nach einem Rekordzuwachs von 18,3 Prozent im ersten und 7,9 Prozent im zweiten Quartal ist es der bisher schwächste Wert in diesem Jahr.


Ölpreise geben nach - Debatte über US-Reserven

SINGAPUR: Die Ölpreise sind am Montag mit Abschlägen in die neue Handelswoche gestartet. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 81,58 US-Dollar. Das waren 59 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 50 Cent auf 80,29 Dollar.

Nach wie vor prägt die Diskussion über die strategischen Ölreserven der USA den Rohölmarkt. Hintergrund sind die hohen Erdölpreise, die im Oktober mehrjährige Höchststände markiert hatten. Seither haben sie jedoch moderat nachgegeben.

Eine Möglichkeit, auf den Ölpreisanstieg zu reagieren, stellt der Rückgriff auf die nationalen US-Reserven dar. Seit einiger Zeit spekulieren Marktteilnehmer über einen solchen Schritt. US-Präsident Joe Biden wird auch aus den eigenen Reihen dazu gedrängt. Am Wochenende forderte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, Biden zu dem Schritt auf.

Die stark gestiegenen Ölpreise sind mitverantwortlich für die hohe Inflationsrate, die zuletzt in den USA auf einen 31-jährigen Höchststand geklettert ist und zu den schlechteren Umfragewerten Bidens beiträgt.


Euro knapp über Tiefstand seit Mitte 2020

FRANKFURT/MAIN: Der Euro hat zu Wochenbeginn weiter in der Nähe seines tiefsten Stands seit Mitte 2020 notiert. Am Montagmorgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,1460 US-Dollar und damit etwas mehr als am Freitagabend. In der vergangenen Woche war der Euro mit 1,1433 Dollar auf den tiefsten Stand seit Juli 2020 gefallen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Freitag auf 1,1448 Dollar festgesetzt.

Zum Wochenstart stehen nur wenige Konjunkturdaten auf dem Programm, die an den Finanzmärkten größere Kursbewegungen auslösen könnten. In der Eurozone werden Zahlen vom Außenhandel erwartet, in den USA wird mit dem Empire-State-Index ein regionaler Industrieindikator veröffentlicht. Daneben äußern sich einige hochrangige Notenbanker, darunter EZB-Präsidentin Christine Lagarde.


Japans Wirtschaft im dritten Quartal geschrumpft - Aussichten positiv

TOKIO: Japans Wirtschaft ist im dritten Quartal angesichts schwacher Nachfrage im In- und Ausland geschrumpft. Gegenüber dem Vorquartal sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Juli bis September um 0,8 Prozent, wie die Regierung am Montag auf Basis vorläufiger Daten bekanntgab. Auf das Jahr hochgerechnet (annualisiert) war das BIP damit um 3,0 Prozent rückläufig. Zurückzuführen ist der Rückgang den Zahlen zufolge vor allem auf geringere Exporte sowie die coronabedingt weiterhin schwache Nachfrage privater Haushalte. Viele Ökonomen hatten mit einem etwas geringeren Rückgang des BIP in der vor Deutschland drittgrößten Volkswirtschaft der Welt gerechnet.

Zwischen Juli und September war in Japan der inzwischen aufgehobene Corona-Notstand in den Wirtschaftszentren Tokio, Osaka und anderen Regionen in Kraft. Obgleich in diesem Zeitraum die Olympischen Spiele und die Paralympics stattfanden, waren die Öffnungszeiten der Restaurants verkürzt und große Kaufhäuser geschlossen worden. Unter diesen und anderen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Krise hatten vor allem die Gastronomie und die Tourismusbranche zu leiden. Zudem gingen die gesamtwirtschaftlich wichtigen Exporte der japanischen Automobilindustrie infolge der globalen Lieferengpässe bei Halbleiterkomponenten zurück.

Im Vorquartal hatte Japans Wirtschaftsleistung vor allem dank umfangreicher Investitionen der Unternehmen noch zugelegt. Angesichts der Aufhebung des Corona-Notstands am 1. Oktober und der allmählichen Lockerung der Restriktionen rechnen viele Ökonomen damit, dass das BIP im Quartal von Oktober bis Dezember wieder deutlich anziehen wird.

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