Nachrichten aus der Wirtschaft am Donnerstag

Bundesweite Verkehrsstreiks legen am 27. März den Betrieb der Deutschen Bahn lahm. Foto: epa/Anna Szilagyi
Bundesweite Verkehrsstreiks legen am 27. März den Betrieb der Deutschen Bahn lahm. Foto: epa/Anna Szilagyi

Gewerkschaft EVG bietet Bahn in Tarifkonflikt Gespräche an

BERLIN: Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn hat die Gewerkschaft EVG den Konzern aufgefordert, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. «Letztlich muss der, der den Verhandlungsraum verlässt, irgendwann auch wieder reinkommen», argumentierte die EVG am Donnerstag. Man habe die Verhandlungsspitze der Bahn zu einem Gespräch mit den EVG-Tarifvorständen Cosima Ingenschay und Kristian Loroch eingeladen. «Wir sehen durchaus Möglichkeiten, eine Basis für konstruktive Verhandlungen zu finden. Darüber wollen wir in Ruhe reden.» Von möglichen Warnstreiks war in der Mitteilung nicht die Rede. Am Mittwoch hatte die EVG solche in der aktuellen Lage als unausweichlich bezeichnet.

Die Gewerkschaft verhandelt mit der Bahn und 50 weiteren Unternehmen der Branche über Löhne und Gehälter für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte. Der Fokus liegt auf den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn, bei der rund 180.000 dieser Beschäftigten arbeiten.

Die Gewerkschaft fordert einen Festbetrag von mindestens 650 Euro im Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Die Bahn hatte bei den Verhandlungen Ende Mai stufenweise zwölf Prozent bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll noch in diesem Jahr kommen. Hinzu käme eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit soll zwei Jahre betragen.

Die EVG lehnte dieses Arbeitgeberangebot ab. Daraufhin erteilte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler weiteren Verhandlungen vorerst eine Absage.


Studie: Mehrheit der jungen Türken will ins Ausland gehen

ISTANBUL: Ein großer Teil der junge Türkinnen und Türken möchte ihr Land laut einer Umfrage verlassen. 63 Prozent würde die Türkei verlassen, wenn sich die Möglichkeit bietet, wie aus einer Vorabveröffentlichung der repräsentativen Türkischen Jugendstudie 2023 der Konrad-Adenauer-Stiftung vom Donnerstag hervorgeht. Als Hauptmotivation nannte fast die Hälfte die Aussicht auf bessere Lebensbedingungen. Befragt wurden Menschen zwischen 18 und 25 Jahren.

61,3 Prozent sagten, sie hätten in ihrer Ausbildung mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Fast alle der Befragten (98,4 Prozent) sehen Probleme in der Türkei - mit Blick auf wirtschaftlichen Verhältnisse, Recht und Gerechtigkeit, Arbeitslosigkeit, Vetternwirtschaft, Korruption und Bestechung. In der Türkei steht die Inflation laut offiziellen Angaben bei derzeit 44 Prozent, die Landeswährung hat deutlich an Wert verloren. Ökonomen machen dafür die unorthodoxe Wirtschaftspolitik von Präsident Recep Tayyip Erdogan verantwortlich.

Deutlich unzufrieden war ein Großteil der Befragten zudem mit der Flüchtlingspolitik der Regierung (91,8 Prozent). In der Türkei leben laut den Vereinten Nationen knapp vier Millionen Flüchtlinge, 3,4 Millionen davon aus dem Nachbarland Syrien. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, Flüchtlinge sollten in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, gut 80 Prozent nannten Flüchtlinge gar eine Gefahr für die Zukunft der Türkei.

Das Thema Flüchtlinge hatte auch den Wahlkampf im Voraus der Abstimmungen um Parlament und Präsidentschaftsamt bestimmt. Sowohl die Opposition als auch die regierende AKP traten mit der Ansage an, Flüchtlinge aus der Türkei schaffen zu wollen. Die Umfrage wurde noch vor der Wahl durchgeführt.


Dax im Plus

FRANKFURT/MAIN: Nach dem deutlichen Minus zur Wochenmitte hat der deutsche Aktienmarkt zu einer Erholung angesetzt. Der Dax verringerte am Nachmittag seine Gewinne und notierte zuletzt 0,6 Prozent im Plus bei 15.757,75 Punkten. Der MDax drehte knapp ins Minus auf 26.532,08 Zähler.


Piloten verlangen Tarifangebot von der Lufthansa

FRANKFURT/MAIN: Die Piloten der Lufthansa-Kerngesellschaft haben ihr Unternehmen aufgefordert, ein Tarifangebot vorzulegen. Die eigenen Forderungen lägen seit langem auf dem Tisch, erklärte die Vereinigung Cockpit.


Reno sucht Weg aus der Krise - Insolvenzverfahren eröffnet

HANNOVER: Bei der Schuhhandelskette Reno zeichnet sich gut zwei Monate nach dem Insolvenzantrag ein Weg aus der Krise ab. Voraussichtlich sollen 22 Filialen des Unternehmens zusammen mit den dortigen Arbeitsplätzen vom Konkurrenten Kienast fortgeführt werden, wie der Insolvenzverwalter mitteilte.


Deutschland entgeht Millionenstrafe in Streit über belastetes Wasser

BRÜSSEL: Deutschland entgeht im Streit über nitratbelastetes Wasser einer Millionenstrafe der EU. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte, stellte die Behörde ein Verfahren gegen die Bundesrepublik ein. Zuvor waren in Berlin neue Düngeregeln auf den Weg gebracht worden.


Eurokurs gestiegen - EZB-Referenzkurs: 1,0697

FRANKFURT/MAIN: Der Euro-Kurs ist am Donnerstag gestiegen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0697 (Mittwoch: 1,0683) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9348 (0,9361) Euro.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85823 (0,86405) britische Pfund, 149,25 (149,13) japanische Yen und 0,9732 (0,9724) Schweizer Franken fest.


Intel verhandelt über höhere Finanzhilfen mit der Bundesregierung

MAGDEBURG/BERLIN: US-Chiphersteller Intel verhandelt angesichts steigender Kosten nach eigenen Angaben mit der Bundesregierung über den Umfang von Finanzhilfen. «Wir arbeiten eng mit der deutschen Bundesregierung zusammen, um die bestehende Kostenlücke zu schließen», teilte ein Intel-Sprecher am Donnerstag mit. Seit der Ankündigung, in Magdeburg mehrere Fabriken zur Chip-Herstellung zu bauen, habe sich vieles verändert: «Geopolitische Herausforderungen sind gewachsen, die globale Nachfrage an Halbleitern ist gesunken und gestiegene Baukosten, Energiepreise und die Inflation fordern die Weltwirtschaft heraus.»

Dem Vernehmen nach fordert Intel in den laufenden Gesprächen 10 Milliarden Euro statt der bisher zugesagten 6,8 Milliarden Euro an Finanzhilfen vom Bund. Zuerst hatte das «Handelsblatt» berichtet, dass der US-Konzern mit höheren Kosten für sein Werk rechne.

Im März 2022 hatte Intel bekannt gegeben, dass in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ab 2027 Chips der neuesten Generation produziert werden sollen. In einer ersten Ausbaustufe sollen zwei Halbleiterwerke gebaut werden, mehrere Tausend Arbeitsplätze könnten entstehen. Die Investitionssumme hatte Intel damals mit mindestens 17 Milliarden Euro angegeben.

Diese und nächste Woche soll es weitere Gespräche zwischen Bund und Intel geben. Der Bund will eine Erhöhung der Mittel an bestimmte Bedingungen knüpfen, wie es aus Verhandlungskreisen heißt. Intel hält nach eigenen Angaben an einem Baustart 2024 fest. Derzeit laufen auf dem Gelände in Magdeburg archäologische Untersuchungen und Vorarbeiten für den Bau.


Bundesregierung begrüßt Ende des EU-Verfahrens zum Wasserschutz

BERLIN: Die Bundesregierung hat das Ende eines Verfahrens der EU-Kommission wegen zu hoher Nitratbelastungen im Wasser begrüßt. Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte am Donnerstag: «Dass wir die hohen Strafzahlungen abwenden konnten, ist ein großer Erfolg, zu dem viele beigetragen haben.» Nach Jahren der Unsicherheit für Landwirte würden die Düngeregeln nun zukunftsfest gemacht, was auch Anerkennung in Brüssel finde. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach von einem sehr langen Weg mit schwierigen Verhandlungen.

Die Auseinandersetzung um Wasserbelastungen durch Dünger läuft seit Jahren. Der Europäische Gerichtshof hatte Deutschland bereits im Juni 2018 wegen Verletzung von EU-Recht verurteilt, weil die Regierung über Jahre zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen hatte. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur, dass ein deswegen laufendes Verfahren gegen Deutschland eingestellt wird.

Özdemir sagte, dies sei «ein Etappenziel», das Brüssel gesteckt habe, und nicht das Ende. Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch weitere geplante Änderungen der Düngeregeln auf den Weg gebracht.


EU-Parlament will Menschenrechte in Lieferketten stärker schützen

BRÜSSEL: Unternehmen in der EU sollen nach dem Willen des Europaparlaments künftig strenger darauf achten, dass ihre Produkte im Einklang mit Menschenrechten und Umweltschutz hergestellt werden. Die Mehrheit der Abgeordneten befürwortete das geplante EU-Lieferkettengesetz.


IEA: Energiekrise beschleunigt Ausbau erneuerbarer Energien

PARIS: Angesichts der Energiekrise rechnet die Internationale Energieagentur damit, dass der Ausbau erneuerbarer Stromkapazitäten in diesem Jahr um ein Drittel steigt. Die politische Dynamik, höhere Preise für fossile Brennstoffe und die Sorge um die Energiesicherheit förderten einen verstärkten Einsatz von Solar- und Windkraftanlagen.


Lagarde will Kampf gegen Inflation Zinserhöhungen fortsetzen

HANNOVER: EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Entschlossenheit der Euro-Währungshüter zu weiteren Zinserhöhungen im Kampf gegen die Teuerung betont. «Heute ist die Inflation zu hoch und dürfte es noch zu lange bleiben», sagte Lagarde auf dem Sparkassentag.


Inflation in der Eurozone sinkt stärker als erwartet

LUXEMBURG: Die Inflation in der Eurozone hat im Mai stärker nachgegeben als erwartet. Die Jahresrate fiel von 7,0 Prozent im Vormonat auf 6,1 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Volkswirte hatten mit 6,3 Prozent gerechnet.


Deutsche Bank steuert um: Bezahlkarten aus Recycling-Plastik

FRANKFURT/MAIN: Die Deutsche Bank will künftig nur noch Bezahlkarten aus wiederverwertetem Kunststoff an ihre Kundinnen und Kunden ausgeben. Von Mitte 2023 an werde die Herstellung von Kredit-, Spar- und Girokarten schrittweise auf recyceltes Material umgestellt, teilte Deutschlands größtes Geldhaus am Donnerstag in Frankfurt mit. Bis Ende 2024 sollen dann 99 Prozent aller neu ausgegebenen Karten der Bank auf Basis von recyceltem PVC produziert werden.

Die Bank werde alle Karten der etwa 19 Millionen Kundinnen und Kunden in Deutschland von Deutscher Bank, Postbank und Norisbank entsprechend ersetzen. «Der Austausch findet im regulären Tagesgeschäft statt, also bei Ablauf der Karte beziehungsweise bei Ausstellung einer Ersatzkarte. Die Kunden müssen selbst nicht aktiv werden», hieß es von der Deutschen Bank.

Auch andere Finanzdienstleister experimentieren teils schon länger mit Alternativen zu Bezahlkarten aus Plastik. So gibt es zum Beispiel beim Hamburger Fintech Tomorrow eine Debitkarte aus Holz und die alternative GLS Bank hat die nach Angaben der Bank «weltweit erste Holzbankkarte ganz ohne Plastikkern» im Angebot.

Nach Schätzungen des Kartenproduzenten Giesecke + Devrient, einem der Partner der Deutschen Bank in dem Projekt, wird sich der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) durch die Herstellung von Karten aus recyceltem Plastik im Vergleich zum üblichen Verfahren um rund 65 Prozent verringern.


Ölpreise erholen sich etwas

SINGAPUR: Die Ölpreise haben sich am Donnerstagmorgen etwas von ihren Abschlägen am Vortag erholt. Im frühen Handel kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 73,03 Dollar. Das waren 43 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 33 Cent auf 68,42 Dollar.

Unterstützung erhielten die Erdölpreise zum einen durch die bessere Stimmung in der chinesischen Industrie. Der Caixin-Indikator, der die Lage in kleineren bis mittleren Unternehmen beschreibt, stieg leicht an. Positiv wurde am Ölmarkt auch gewertet, dass der Kompromiss im US-Schuldenstreit die erste von zwei Kongresskammern passiert hat.

Grundsätzlich bleiben die Rohölpreise aber angeschlagen. Seit Jahresbeginn sind sie um mehr als zehn Prozent gefallen. Ausschlaggebend sind Konjunktursorgen vor allem wegen der starken Zinsanhebungen vieler Notenbanken. Zudem fällt die wirtschaftliche Erholung Chinas nach dem Ende der strikten Corona-Politik bescheiden aus.


Euro behauptet sich über 1,07 US-Dollar

FRANKFURT/MAIN: Der Euro hat am Donnerstag wieder zugelegt und seine Vortagesverluste nahezu wettgemacht. Am späten Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,0731 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0697 Dollar fest.

Impulse lieferten Preisdaten aus der Eurozone. In der Region gab die Inflation im Mai zwar auf 6,1 Prozent nach. Dennoch erwarten Ökonomen weitere Zinserhöhungen, da die Teuerung immer noch ungewöhnlich hoch ist. Auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte die Entschlossenheit der Euro-Währungshüter zu weiteren Zinserhöhungen.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,85823 (0,86405) britische Pfund, 149,25 (149,13) japanische Yen und 0,9732 (0,9724) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold wurde am Nachmittag in London mit 1975 Dollar gehandelt. Das waren 12 Dollar mehr als am Vortag.


Caixin-Index signalisiert bessere Stimmung in Chinas Industrie

PEKING: Nach zuletzt eher tristen Konjunktursignalen aus China hat ein Industrie-Stimmungsindikator einen möglichen Umschwung hin zu Wachstum signalisiert. Der Einkaufsmanagerindex des Wirtschaftsmagazins «Caixin» für das verarbeitende Gewerbe stieg im Mai laut einer Mitteilung vom Donnerstag auf 50,9 Punkte und damit über den Wert von 50 Punkten, was Wachstum impliziert. Volkswirte hatten im Durchschnitt mit einem unveränderten Wert auf dem April-Niveau von 49,5 Zählern gerechnet.

Der «Caixin»-Indikator gibt die Stimmung in eher kleineren und mittleren Unternehmen der Privatwirtschaft wieder. Seine Entwicklung steht derzeit im Kontrast zum offiziellen Stimmungsindikator der Regierung, der die Lage in eher großen und staatlichen Betrieben widerspiegelt: Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) für das herstellende Gewerbe hatte am Vortag mit einem Wert von unter 50 Punkten eine Kontraktion der Wirtschaftstätigkeit signalisiert. Der Index für das Dienstleistungsgewerbe liegt zwar im expansiven Bereich, ist aber gefallen.

Zuletzt hatte es uneinheitliche Signale zur Konjunkturentwicklung Chinas gegeben. Vor allem die Industrie konnte die Hoffnungen auf eine Erholung nach der Corona-Delle bisher nur bedingt erfüllen. Vor allem der Immobilienmarkt macht weiterhin Probleme. Das bekommen auch viele deutsche Unternehmen, etwa aus der Chemiebranche, zu spüren.

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