Mali drängt auf Ende von UN-Einsatz

Berlin für geordneten Abzug

Der Alltag in Bamako,. Foto: epa/Legnan Koula
Der Alltag in Bamako,. Foto: epa/Legnan Koula

BAMAKO/BERLIN: Malis Militärregierung fordert das sofortige Ende der UN-Friedensmission in dem Krisenstaat. Deutschland will jedoch an einem geordneten Abzug bis Juni 2024 festhalten. Der Streit überschattet ein lang erwartetes Verfassungsreferendum.

Deutschland will trotz der Forderung von Malis Militärjunta nach sofortigem Abzug aller 12.000 UN-Blauhelmsoldaten den wohl gefährlichsten Auslandseinsatz der Bundeswehr geordnet beenden. Das Verteidigungsministerium in Berlin verwies am Samstag darauf, dass derzeit Verhandlungen über die Zukunft der UN-Friedensmission in dem westafrikanischen Krisenstaat liefen. Die Bundeswehr ist an dem Einsatz noch mit etwa 1100 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Nach bisherigen Plänen soll damit in knapp einem Jahr Schluss sein.

Zuvor hatte die mit einem Putsch an die Macht gekommene Junta den «unverzüglichen» Abzug aller UN-Blauhelme verlangt. Außenminister Abdoulaye Diop machte die Friedenstruppe der Vereinten Nationen am Freitag (Ortszeit) im UN-Sicherheitsrat in New York dafür verantwortlich, dass die Krise in seiner Heimat kein Ende nehme. Die UN-Mission Minusma läuft bereits seit 2013. Die UN sind bei solchen Missionen auf das Einverständnis des jeweiligen Landes angewiesen. Das derzeitige Mandat läuft Ende des Monats aus.

Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte zu den Forderungen: «Dass die malische Transitionsregierung und Russland die anstehende Verlängerung des UN-Mandats nutzen werden, um politisches Kapital daraus zu schlagen, überrascht uns nicht. Unser Interesse ist weiterhin ein geordneter Abzug.» Deutschland will seine Soldaten nach heutigen Plänen bis zum 31. Mai 2024 abziehen. Die ersten Schritte laufen bereits. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Äußerungen des malischen Außenministers seien zu Kenntnis genommen worden.

Die Junta unter Oberst Assimi Goïta begründete ihre Forderung in der Hauptstadt Bamako damit, dass der UN-Einsatz keinen Sinn mehr ergebe. «Es ist unmöglich, den Frieden zu wahren in einer Situation, in der es keinen Frieden zu wahren gibt», hieß es in einer Mitteilung. Die UN-Mission habe ihr Mandat zur Unterstützung der malischen Autoritäten ins Gegenteil verkehrt. Außenminister Diop sagte, die Blauhelme seien «Teil des Problems» geworden. «Vor diesem Hintergrund fordert die malische Regierung den unverzüglichen Rückzug von Minusma.»

Die Ankündigung überschattete eine lang erwartete Abstimmung über eine neue Verfassung in Mali am Sonntag. Damit soll gut zwei Jahre nach dem jüngsten Putsch in dem Sahelstaat mit 23 Millionen Einwohnern ein demokratischer Übergangsprozess eingeleitet werden, der auch zu Wahlen führt. Beobachter kritisieren, dass verschiedene Passagen des Textes einer Amnestie von Militärputschen und Menschenrechtsverletzungen gleichkämen. Zudem werde die Macht des Präsidenten gegenüber der Regierung gestärkt. Ergebnisse werden am Sonntag noch nicht erwartet.

Die UN-Mission ist in dem Land am Rand der Sahara-Wüste aktiv, seit islamistische Terroristen in Folge der Krise im Nachbarland Libyen und einer Rebellion der nomadischen Tuareg 2012 den Norden überrannt hatten. Die frühere Kolonialmacht Frankreich drängte die teils mit den Terrormilizen IS und Al-Kaida verbündeten Islamisten nur vorübergehend zurück. Nach zwei Militärputschen 2020/21 sucht Mali nun die Zusammenarbeit mit Russland. Die russische Söldnertruppe Wagner hat dort etwa 2000 Mann.

Die Sicherheitslage hat sich seit dem Kurswechsel der Regierung nicht verbessert. Experten beobachten, dass härteres Vorgehen den Islamisten mehr Zulauf verschafft. Die Deutschen sind hauptsächlich nahe der Stadt Gao im Nordosten im Einsatz, wo sich Flüchtlingscamps mit Zehntausenden Menschen befinden. Mali gilt als gefährlichste UN-Friedensmission. Seit 2013 starben etwa 170 Blauhelm-Soldaten.

In Berlin hatte das Verteidigungsministerium bei regierungsinternen Verhandlungen über den weiteren Kurs der Bundeswehr in Mali Tempo machen wollen. Das Auswärtige Amt argumentierte dem Vernehmen nach gegen einen Rückzug aus der UN-Mission. Ende Mai verlängerte der Bundestag das Mandat für die Beteiligung ein letztes Mal, beschloss aber auch ein Abzugsmandat. Mitte April war Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Mali. Die Militärmachthaber sicherten Zusammenarbeit beim Abzug der deutschen Blauhelme zu.

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Carsten Putfarken 19.06.23 15:30
Ich finde auch, schnellstmöglich das Land verlassen. Es brauchen keine Blauhelme mehr zu sterben. Natürlich auch Einstellung aller Zahlungen und finanzieller Beihilfen der EU, UNO usw.. Russland wird da gerne beispringen und so viele Defisen aus RU abziehen, die dann gegen die Ukraine fehlen.
Jürgen Kesselheim 19.06.23 14:10
Michael Krispin 19.06.23 12:30
Afghanistan hat verdeutlicht, was es heisst, überstürzt eine Krisengebiet (Land) zu verlassen! Auf eine Detailerklärung verzichte ich! Deshalb halte ich es für sinnvoll Mali strukturiert und planvoll zu Verlassen!
Michael Krispin 19.06.23 12:30
warum bleiben wenn man unerwünscht ist
Es mag herzlos klingen, den Menschen gegenüber die vor den Kämpfen flüchten.
Afghanistan hat gezeigt dass es selbst nach 20 Jahren nicht gelingt solche Länder zu befrieden. Warum also eigene SoldatInnen gefährden?
Raus da aus diesen Ländern. Lasst Wagner dort Frieden bringen für Russland. Je mehr Russland Geld für solche nie endende Missionen ausgibt bleibt weniger für die eigenen Russen über, die dann bald auch Fragen stellen.