Haben die Nationalsozialisten den Muttertag erfunden?

Alles gute zum Muttertag... Foto: Pixabay
Alles gute zum Muttertag... Foto: Pixabay

BERLIN: Wenn Deutschlands Kinder am zweiten Sonntag im Mai die Mama beschenken, freuen sich Floristen über einen der umsatzstärksten Tage im Jahr. Aus gutem Grund haben sie den Ehrentag, dessen Wurzeln weit in die Geschichte zurückreichen, in den 1920er Jahren hierzulande etabliert. Ein Gerücht aber hält sich hartnäckig.

BEHAUPTUNG: Der Muttertag ist eine Erfindung der Nationalsozialisten.

BEWERTUNG: Die Nazis erklärten den Tag zwar zum offiziellen Feiertag und missbrauchten ihn zu Propagandazwecken. Erfunden haben sie ihn aber keineswegs.

FAKTEN: Die Verehrung mütterlicher Tugenden geht bis in die Antike zurück. Bei ihren Frühlingsfesten huldigten die alten Griechen zum Beispiel Rhea, der Göttin der Erde und der Fruchtbarkeit. Britische Historiker berichten vom «Mothering Day», dessen Tradition, zunächst «Mutter Kirche» gewidmet, im Mittelalter begann. Später durften an diesem Tag im Frühling vor allem Kinder im Dienste wohlhabender Familien zu ihren Müttern zurückkehren. Als kleines Geschenk brachten sie ihnen unterwegs gepflückte Blumen mit.

Der Muttertag in seiner modernen Form aber entstand in den Vereinigten Staaten, wo die Dichterin und Frauenrechtlerin Julia Ward Howe 1870 angesichts von Krieg und Sklaverei einen «Muttertag des Friedens» forderte - eine Idee, die Jahrzehnte später die Feministin Anna Jarvis wieder aufnahm. Um ihre gestorbene Mutter zu ehren und auf Probleme von Frauen aufmerksam zu machen, forderte sie 1907 einen Festtag für alle Mütter.

Auf Wunsch des Kongresses führte 1914 dann US-Präsident Woodrow Wilson den zweiten Sonntag im Mai als nationalen Ehrentag ein. Bald darauf gelangte die Idee nach Europa - zunächst nach England, Skandinavien und in die Schweiz. In Deutschland gab es den ersten Muttertag am 13. Mai 1923 - initiiert jedoch aus rein kommerziellen Interessen vom «Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber».

Die Nationalsozialisten erklärten den Tag 1934 schließlich zum nationalen Fest, stellten ihn in den Dienst ihrer Propaganda und reduzierten die Rolle der Frau auf ihre Gebärfähigkeit. «Mit jedem Kind, das die Frau der Nation zur Welt bringt, kämpft sie ihren Kampf für die Nation», betonte Adolf Hitler.

Am Muttertag 1939 etwa wurde drei Millionen Frauen das «Ehrenkreuz der deutschen Mutter» verliehen - eine Medaille für besondere Gebärleistungen. Ab dem vierten Kind gab es die Auszeichnung in Bronze, ab dem sechsten in Silber, für acht und mehr Kinder die Variante in Gold.


Die Beziehung zu unseren Müttern
Von: Aliki Nassoufis (dpa)

BERLIN: Sie kann die beste Freundin oder eine erbitterte Gegenspielerin sein - das Verhältnis von Kindern zu ihrer Mutter ist schließlich längst nicht immer harmonisch. Das inspirierte auch schon so manchen Filmemacher. Zu Komödien genauso wie zu düsteren Dramen.

Sie können uns zur Weißglut treiben und sind doch oft eine unserer engsten Vertrauten: unsere Mütter. Egal, wie alt wir selbst sind - die Beziehung zu diesem Elternteil ist eine ganz besondere. Mal ist die Mutter die beste Freundin, mal genügt nur eine einzige Bemerkung von ihr und wir sind zutiefst verletzt. Kein Wunder, dass diese so einzigartige wie komplizierte Verbindung schon so einige Filmemacher inspirierte.

Legendär ist etwa «Herbstsonate» von Ingmar Bergman. Selten wurden die Spannungen zwischen Mutter und Tochter wohl auf so drastische Weise gezeigt wie bei dem schwedischen Regisseur. Die dreifache Oscar-Preisträgerin Ingrid Bergman spielt hier Charlotte, eine erfolgreiche Konzertpianistin, die ihre Tochter Eva (Liv Ullmann) besucht. Die beiden haben sich seit Jahren nicht gesehen und hoffen nun auf eine Annäherung. Doch dann brechen alte Konflikte wieder auf, mit voller Wucht entladen sich die Verletzungen. Dieses beklemmende Drama von 1978 kriecht auch heute beim Zuschauen unter die Haut und lässt einen so schnell nicht wieder los.

Dagegen wirkt «Mamma Mia!» wie ein geradezu idealistischer Gegenentwurf. Schließlich verkörpert Meryl Streep in dem Musical so etwas wie die verständnisvolle, hippieske Traum-Mutter. Das liegt auch an ihrer eigenen wilden Vergangenheit. Immerhin weiß diese Donna nicht so genau, wer von ihren drei ehemaligen Liebhabern - so charmante Männer wie Pierce Brosnan, Colin Firth und Stellan Skarsgård - der Vater ihrer Tochter ist. Diese Sophie (Amanda Seyfried) will nun in dem Aussteigerparadies ihrer Mutter auf einer griechischen Insel heiraten. Überhaupt scheint in dieser Mutter-Tochter-Beziehung so einiges auf den Kopf gestellt: Gegen die lebenslustige Mutter in Latzhose wirkt die brave, heiratswillige Tochter fast schon bieder.

So harmonisch ist es aber wahrscheinlich nur in den wenigsten Beziehungen. In den meisten Fällen liegt die Realität wohl irgendwo zwischen diesen beiden Extremen von «Herbstsonate» und «Mamma Mia!» - und ähnelt in der Dynamik möglicherweise eher «Magnolien aus Stahl». In dem herzzerreißenden Drama macht sich die fürsorgliche Sally Field ständig Sorgen um ihre kranke und selbst eher unbeschwerte Tochter (Julia Roberts). Noch realitätsnaher wirkt «La Boum - Die Fete», wo die junge Sophie Marceau als Teenager wegen Partys und Ausgehverboten immer wieder mit ihrer Mutter aneinandergerät und ihre Grenzen austestet.

Doch wie viele aus eigener Erfahrung sicher ebenfalls bestätigen können: Es sind längst nicht nur Töchter, sondern auch Söhne, die durch ihre Mütter nachhaltig geprägt werden. In Filmen wird dieser besonderen Beziehung gefühlt zwar seltener ein Raum geboten, dennoch gibt es gerade aus den vergangenen Jahren einige bemerkenswerte Werke dazu. Ein Beispiel ist «Lara» mit Tom Schilling und einer herausragenden Corinna Harfouch. In diesem Fall ist Sohn Viktor begnadeter Pianist. Im Mittelpunkt aber steht seine Mutter, die ihre eigenen Träume als Musikerin nicht verwirklichen konnte und dafür nun ihren Sohn antreibt - Regisseur Jan-Ole Gerster gelingt damit ein einfühlsames und vielschichtiges Porträt.

Was aber geht überhaupt im Kopf von Müttern vor? Warum haben gerade Jugendliche so häufig den Eindruck, dass ihre Mütter immer wieder unentspannt und am Herumnörgeln sind? Das ärgert auch Lindsay Lohan in «Freaky Friday - Ein voll verrückter Freitag» als Tochter von Jamie Lee Curtis maßlos. Dann jedoch passiert das zunächst Unerklärliche: Die beiden tauschen ihre Körper und müssen sich plötzlich im Leben der anderen durchschlagen. Die Mutter in der Schule, die Tochter als Therapeutin. Die Komödie von 2003 ist zwar schon die dritte Disney-Adaption dieser Geschichte, doch unterhaltsam ist sie allemal und könnte auch so manchen realen Familienkonflikt entschärfen. Denn manchmal hilft es eben, sich in die Lage der anderen zu versetzen!

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