Papst ruft zu Frieden im Nahen Osten auf

​Urbi et Orbi 

Der Papst segnet Urbi et Orbi auf dem Petersplatz. Foto: epa/Vatikanische Medien
Der Papst segnet Urbi et Orbi auf dem Petersplatz. Foto: epa/Vatikanische Medien

ROM: Weihnachten steht in diesem Jahr untet dem Eindruck der Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine. Der Papst mahnt mit Nachdruck zu Frieden. Er findet aber auch drastische Worte zum Thema Abtreibung und gegen die Rüstungsindustrie.

Papst Franziskus hat in seiner Weihnachtsbotschaft mit Nachdruck ein sofortiges Ende des schon zweieinhalb Monate dauernden Gaza-Kriegs angemahnt. Zugleich forderte er am Montag vom Balkon des Petersdoms Israel und Palästinenser auf, mithilfe der internationalen Gemeinschaft endlich eine dauerhafte Lösung für ihren Konflikt zu finden. Das Oberhaupt von etwa 1,3 Milliarden Katholiken bat auch um Frieden für die Ukraine, die seit bald zwei Jahren im Krieg gegen Russland steht.

Der Wunsch nach Frieden war auch zentrale Botschaft in vielen anderen Weihnachtsgebeten auf aller Welt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, sagte: «Misstrauen - einmal gesät - treibt Keile zwischen Menschen, Gruppen und Völker.» Gott hingegen gebe Mut zur Zukunft. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte davor, allzu einfachen Antworten zu folgen oder Schuldzuweisungen zu verbreiten. «Es vergeht kein Tag, an dem uns nicht Bilder von Krieg und Gewalt niederdrücken und verzweifeln lassen», hieß es im Manuskript des Erzbischofs. Auch angesichts anderer Krisen mache sich Verunsicherung breit.

Vor mehreren Zehntausend Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom sagte Franziskus: «Ich flehe darum, dass die Militäroperationen mit ihren entsetzlichen Folgen unschuldiger ziviler Opfer eingestellt werden.» Die islamistische Hamas forderte er auf, alle Geiseln des brutalen Überfalls auf Israel vom 7. Oktober freizulassen. An Israel richtete er die Aufforderung, mehr Hilfstransporte für die Bevölkerung im Gazastreifen zu erlauben. Anschließend spendete er den Segen Urbi et Orbi, also der Stadt und dem Erdkreis. An Heiligabend hatte der Papst bereits vor 7000 Gläubigen im Petersdom eine Christmette abgehalten.

Im Heiligen Land wurde Weihnachten dieses Jahr wegen des Gaza-Kriegs nur sehr still begangen. In Bethlehem im Westjordanland - der Überlieferung nach vor mehr als 2000 Jahren Geburtsort von Jesus Christus - waren nur sehr wenige Touristen unterwegs. Auch an der traditionellen Prozession des Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbatista Pizzaballa, nach Bethlehem nahmen nur sehr wenige Gläubige teil. Christen sind in der Region eine kleine Minderheit. Im Gazastreifen sind es nur etwa 1000 von 2,2 Millionen Einwohnern.

Der Pontifex ging in seiner Rede auch auf andere Konfliktregionen wie Syrien, den Jemen, die koreanische Halbinsel und die Sahelzone ein, aber nur verhältnismäßig knapp. Zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte er: «Mit fest auf das Jesuskind gerichtetem Blick flehe ich um Frieden für die Ukraine. Wir bekunden erneut unsere geistliche und menschliche Nähe zu ihrem gepeinigten Volk.» Franziskus erinnerte daran, dass viele Konflikte auf der Welt gar nicht groß beachtet werden. «Wie viele bewaffnete Massaker ereignen sich in ohrenbetäubender Stille, ohne dass viele davon erfahren!»

Der 87-Jährige, der bereits seit mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze der katholischen Kirche steht, zog dabei auch einen Vergleich mit Abtreibungen. «Wie viele Massaker an Unschuldigen es in der Welt gibt: im Mutterleib; auf den Routen der Verzweifelten, die auf der Suche nach Hoffnung sind; im Leben so vieler Kinder, deren Kindheit vom Krieg zerstört wird.» Franziskus ist als strikter Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen bekannt. Er bezeichnete Abtreibungen auch schon als «Mord».

In seiner Weihnachtsansprache geißelte der Pontifex zudem die Rüstungsindustrie, die aus Kriegen und Konflikten Profit ziehe. «Um «Nein» zum Krieg zu sagen, muss man «Nein» zu den Waffen sagen», sagte Franziskus. «Denn wenn der Mensch, dessen Herz unstet und verwundet ist, Werkzeuge des Todes in Händen hält, wird er sie früher oder später einsetzen.» Der Papst sprach von «Machenschaften des Bösen, die sich dem göttlichen Licht widersetzen, im Schatten der Heuchelei und des Heimlichen». Die Interessen und Gewinne der «Drahtzieher der Kriege» müssten öffentlich gemacht werden.

Den Segen erteilte der Papst auf dem Balkon des Petersdoms im Stehen. Während der Ansprache blieb er sitzen. Dem 87-Jährigen macht bereits seit einiger Zeit die Gesundheit zu schaffen, auch ein Knieleiden.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.