Kallas weist Kritik an Geschäften ihres Mannes zurück

Estlands Premierministerin Kaja Kallas spricht bei ihrer Ankunft zum NATO-Gipfel in Vilnius zu den Medien. Foto: epa/Filip Singer
Estlands Premierministerin Kaja Kallas spricht bei ihrer Ankunft zum NATO-Gipfel in Vilnius zu den Medien. Foto: epa/Filip Singer

TALLINN: Estlands Regierungschefin Kaja Kallas bleibt wegen den Russland-Geschäften ihres Ehemanns weiter in Bedrängnis. In den führenden Tageszeitungen «Postimees» und «Eesti Päevaleht» wurde der Ministerpräsidentin des baltischen EU- und Nato-Landes am Freitag der Rücktritt nahegelegt. Beide Blätter warfen Kallas vor, nicht ausreichend über die Geschäftsaktivitäten ihres Gatten informiert zu sein und die Gelegenheit verpasst zu haben, gute Erklärungen dazu abzugeben.

In Estland waren zuvor Verbindungen ihres Mannes zu einer Logistikfirma publik geworden, die einen estnischen Kunden in Russland beliefert hat. Kallas wies die Kritik zurück.

Die estnische Regierungschefin war in den vergangenen Tagen wegen Berichten unter Druck geraten, wonach eine Spedition, an der ihr Mann beteiligt ist, nicht sanktionierte Güter nach Russland transportiere. Auch Staatspräsident Alar Karis forderte Kallas zur Aufklärung auf, während Oppositionsvertreter Rücktrittsforderungen erhoben und ein Misstrauensvotum anstreben wollen. Das Parlament lud sie für kommende Woche zur Sitzung eines Sonderausschuss.

Bei der Regierungskonferenz am Donnerstag sagte Kallas, dass sie zu den Geschäftsaktivitäten ihres Mannes und dessen Geschäftspartners in Russland, von denen sie auch erst am Montag erfahren habe, nichts zu verheimlichen habe. Klare Antworten lieferte sie aus Sicht der Medien aber nicht. Kallas «windet sich ein gefangener Fisch im Netz und verstrickt sich leider mit jeder Wendung mehr und mehr», schrieb das Boulevardblatt «Õhtuleht» (Freitag). Auch Parteifreunde äußerten sich kritisch zur Reaktion Kallas' auf den sich auswachsenden Skandal.

Nach Angaben von Kallas hätten weder ihr Gatte noch das Unternehmen irgendwelche Kunden in Russland, sondern einem estnischen Kunden dabei geholfen, seine Aktivitäten im Nachbarland zu beenden - im Einklang mit dem Gesetz und den gegen Russland verhängten Sanktionen. Estnische Medienberichte zeigen, dass die Spedition daraus Profit gezogen hat. «Wir führten unsere Geschäfte ordnungsgemäß und ethisch. Wir erkennen jetzt, dass dies für viele nicht der Fall ist», sagte deren Geschäftsführer am Donnerstagabend dem estnischen Rundfunk.

Hallik gab am Freitag eine Erklärung ab, in der er ankündigte, seine Anteile an der Firma zu verkaufen, aus dem Vorstand auszuscheiden und seinen Vertrag als deren Finanzchef zu beenden. «Ich entschuldige mich für die entstandene Situation und für den Schaden, der dadurch meiner Frau zugefügt wurde. Ich versichere allen, dass meine Frau nichts von meiner geschäftlichen Tätigkeit wusste», teilte er mit.

Kallas gilt in Europa als eine der entschlossensten Unterstützerinnen der Ukraine im Krieg gegen Russland. Seit Kriegsbeginn profiliert sie sich als entschiedene Befürworterin von EU-Sanktionen gegen Moskau und Waffenlieferungen an die Ukraine. Estnische Firmen rief sie auf, einen «moralischen Kompass» für ihre Russland-Geschäfte zu finden.

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