Finnland wählt - Drei Parteien könnten stärkste Kraft werden

Finnlands Premierministerin Sanna Marin bereitet sich auf die Parlamentswahlen in Tampere vor. Foto: epa/Mauri Ratilainenp
Finnlands Premierministerin Sanna Marin bereitet sich auf die Parlamentswahlen in Tampere vor. Foto: epa/Mauri Ratilainenp

HELSINKI: Wird das künftige Nato-Land im hohen Norden Europas weiterhin von Sanna Marin regiert oder bahnt sich ein Führungswechsel in Helsinki an? Bei der Parlamentswahl in Finnland lagen mehrere Optionen auf dem Tisch. Der Ausgang ist völlig offen.

Kurz vor der offiziellen Aufnahme in die Nato hat Finnland am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Gleich drei Parteien konnten sich in dem EU- und Euroland Chancen darauf ausrechnen, stärkste Kraft zu werden. Die beiden aussichtsreichsten Herausforderer von Ministerpräsidentin Sanna Marin, der Konservative Petteri Orpo und die Rechtspopulistin Riikka Purra, gaben am Wahltag in Turku und in Kirkkonummi ihre Stimmen ab. Marin hatte bereits vor gut einer Woche vorzeitig ihr Kreuz gesetzt - ebenso wie etwa 40 Prozent der 4,5 Millionen wahlberechtigten Finninnen und Finnen.

Auf Basis dieser vorzeitig abgegebenen Stimmen sollte am Sonntagabend unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 20.00 Uhr Ortszeit (19.00 MESZ) ein erster Wahltrend veröffentlicht werden. Beobachter rechneten jedoch damit, dass sich an diesen Zahlen im Laufe des Abends noch einiges ändern könnte. Ein vorläufiges Endergebnis dürfte gegen Mitternacht in der Nacht zum Montag feststehen.

Vorab bahnte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Marins Sozialdemokraten, der konservativen Nationalen Sammlungspartei von Orpo und Purras rechtspopulistischer Partei Die Finnen an. Umfragen sahen die drei vor dem Wahlsonntag dicht beieinander, mit minimalem Vorsprung für die Konservativen. Schon bei der letzten Parlamentswahl 2019 hatte die drei Parteien weniger als ein Prozentpunkt getrennt.

Die Sozialdemokraten hatten die Wahl damals unter Marins Vorgänger Antti Rinne knapp für sich entschieden. Rinne trat aber nach nur knapp einem halben Jahr im Amt im Streit mit dem wichtigsten Koalitionspartner, der Zentrumspartei, zurück. Marin wurde Ende 2019 seine Nachfolgerin. Die 37-Jährige führte Rinnes aus gleich fünf Parteien bestehende Mitte-links-Koalition weiter und wird von vielen Finninnen und Finnen als junge, moderne Anführerin geschätzt. Auch im Ausland ist sie sehr populär. Ihre Gegner werfen ihr dagegen vor, die finnischen Staatsausgaben in die Höhe getrieben zu haben.

Die Konservativen werden von dem routinierten Oppositionschef Petteri Orpo angeführt - der 53-Jährige ist früher unter anderem finnischer Finanzminister gewesen und hat vor allem Wirtschaftsthemen ins Zentrum seiner Wahlkampagne gerückt. Riikka Purra ist seit 2021 Vorsitzende der rechtspopulistischen, nationalkonservativen Finnen-Partei. Die 45-Jährige versucht, die Partei etwas stärker in die politische Mitte zu rücken. Ihr wichtigstes Thema bleibt aber ein strikter Einwanderungskurs, auch EU-Skepsis und eine Aufweichung der finnischen Klimaziele klingen immer wieder durch.

Der Chef oder die Chefin der Partei mit den meisten Stimmen erhält in Finnland traditionell als Erstes die Chance, eine neue Regierung zu bilden. Es wird diesmal mit langen und zähen Koalitionsverhandlungen gerechnet. Mehrere Parteien haben eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen, auch Marin. Für eine Mehrheit dürfte der Wahlsieger auf eine weitere der großen Parteien sowie mindestens eine der mittelgroßen und kleineren Parteien angewiesen sein.

Finnland hatte im Mai 2022 unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam mit Schweden die Aufnahme in die Nato beantragt. Nach der jüngsten Zustimmung der Türkei haben alle 30 Nato-Mitglieder den finnischen Beitritt ratifiziert, womit nur noch Formalien ausstehen, ehe Finnland in den kommenden Tagen offiziell 31. Mitglied der Verteidigungsallianz wird. Im Wahlkampf hatte der Nato-Beitritt jedoch keine Rolle gespielt. Stattdessen ging es vor allem um Inlandsthemen wie den Staatshaushalt.

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