CSU-Politiker Weber will größte Parteienfamilie Europas führen

Ministerpräsident des Freistaats Bayern Markus Soeder bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Foto: epa/Sascha Steinbach
Ministerpräsident des Freistaats Bayern Markus Soeder bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Foto: epa/Sascha Steinbach

BRÜSSEL: Nach einer Umfrage sind mehr als die Hälfte der Menschen in Bayern unzufrieden mit der Arbeit von CSU-Ministerpräsident Markus Söder. Sein Parteifreund Manfred Weber greift nun nach dem Chefposten bei der europäischen Parteienfamilie EVP. Nur eine Zwischenstation?

Der CSU-Politiker und Europaabgeordnete Manfred Weber wird an diesem Dienstag aller Voraussicht nach zum Vorsitzenden der größten europäischen Parteienfamilie EVP gewählt. Der 49-Jährige ist der einzige Kandidat für die Nachfolge des früheren EU-Ratspräsidenten und polnischen Regierungschefs Donald Tusk, der sich wieder ganz auf die nationale Politik konzentrieren will. Wird der Posten auch für Weber nur eine Zwischenstation auf dem Weg zurück in die Heimat Bayern? Im Interview der Deutschen Presse-Agentur steht der Niederbayer vor dem Kongress der Europäischen Volkspartei in Rotterdam an diesem Dienstag und Mittwoch Rede und Antwort.

Frage: Herr Weber, als Vorsitzender der christdemokratischen Abgeordneten im Europaparlament hätten sie im vergangenen Jahr Anspruch auf den Posten des Parlamentspräsidenten erheben können. Sie haben dann aber überraschend angekündigt, EVP-Chef werden zu wollen. War das angesichts der jüngsten Wahlniederlagen von EVP-Mitgliedsparteien im Nachhinein ein Fehler?

Antwort: Ich habe mich bewusst für den Weg als Parteivorsitzender entschieden. Weil ich an die europäische Demokratie glaube und zutiefst überzeugt bin, dass zu dieser europäischen Demokratie auch starke europäische Parteien mit Gestaltungsanspruch gehören. Aus der Europäischen Volkspartei jetzt eine echte europäische Partei zu machen, mit allem, was dazugehört, das reizt mich, das finde ich spannend.

Frage: Nichtsdestotrotz, von den 27 Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten sind derzeit nur noch ein halbes Dutzend Mitglieder der EVP. Was lässt sich da politisch erreichen?

Antwort: Die Wahlniederlagen in Deutschland, den Niederlanden oder Frankreich schmerzen sehr. Aber der Parteitag in Rotterdam wird ein Parteitag des Aufbruchs werden, weil wir deutlich machen werden, dass unsere Partei für die Zukunft Europas wichtig ist. Die EVP ist zwar auf Seite des Rates der Mitgliedstaaten in der Defensive, aber wir stellen die größte Fraktion im Europäischen Parlament und mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sind zwei von drei Präsidenten der EU-Institutionen aus unseren Reihen. Ohne EVP wird heute in Europa keine Politik gemacht. Und dieses Selbstbewusstsein, diese Stärke, die möchten wir zum Ausdruck bringen, wenn es um die konkreten politischen Inhalte geht.

Frage: Wo will die EVP ganz konkret einen Unterschied machen?

Antwort: Wir erleben eine Zeit, in der in unseren Gesellschaften die Spaltung leider das Dominante ist. Wir sehen das in Ländern wie Großbritannien und in den USA, aber auch innerhalb der EU in Ländern wie Frankreich und Polen. Und da ist unser Ansatz als Christdemokraten, Brücken zu bauen, das Miteinander zu suchen. Das ist das, was die Europäische Volkspartei ausmacht, was unsere Gründerväter vorgelebt haben, und das ist dringend notwendiger denn je.

Frage: Der Chef ihrer Heimatpartei CSU, Markus Söder, gilt als angeschlagen. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der «Augsburger Allgemeinen» zeigte sich zuletzt mehr als die Hälfte der Menschen in Bayern unzufrieden mit seiner Arbeit als Ministerpräsident. Ist es denkbar, dass der Posten des EVP-Chefs für Sie nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum CSU-Chef wird?

Antwort: Ich bin mit Haut und Haaren Europapolitiker. Bis zur Europawahl 2024 werde ich meine Kraft darauf verwenden, dass wir bei dieser Wahl die stärkste Fraktion im Europaparlament bleiben und dass gegen uns Europa nicht regiert werden kann. Das ist mein Platz und auf die Aufgabe freue ich mich.

Frage: Das heißt nicht, dass Sie eine Kandidatur ausschließen...

Antwort: Diese Frage stellt sich einfach nicht. Wir haben einen Parteivorsitzenden, der eine überzeugende Arbeit macht, wir gehen gemeinsam die Aufgaben an, die vor uns stehen, und da möchte ich meinen Beitrag leisten. Mit meiner Wahl in dieser Woche unterstreichen wir, dass wir als bayerische Partei auch über Bayern hinaus wirken und Anspruch haben zu gestalten. Wir sind keine Regionalpartei, sondern wir sind auch eine europäische Partei. Das ist ein wichtiges Pfund, eine wichtige Botschaft.

ZUR PERSON: Manfred Weber (49) sitzt seit 2004 im Europaparlament und ist seit 2014 Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP). Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender der CSU. Bei der Europawahl 2019 war Weber Spitzenkandidaten der EVP gewesen und wollte eigentlich Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident nachfolgen. Letztlich gelang es ihm aber weder im EU-Parlament noch bei den Staatschefs im Europäischen Rat eine Mehrheit für seine Wahl hinter sich zu vereinen. In der Folge erklärte er zugunsten der damaligen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) seinen Verzicht auf das Spitzenamt.

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