Nochmals eine interessante Gartenpflanze, die man in Kübeln auch auf dem Balkon oder der Terrasse ziehen kann. Normalerweise wächst Baumwolle aber auf Feldern.
Baumwolle als Pflanze habe ich zum allerersten Mal im Botanischen Garten von Zürich gesehen und mir sogleich ein paar solche interessante „Wattebäusche“, die die Samen enthalten, geschnappt und nach Thailand mitgebracht. Das hätte ich nicht unbedingt tun müssen, denn die Bäume, die die begehrten Fasern liefern, sieht man hier allerorten, wenn man einmal den Blick dafür entwickelt hat.
Ein Hibiskus will die Welt erobern…
Es ist allerdings schon ein wenig ein Gefummel, die Baumwollsamen aus den kurzen weißen Fasern herauszuschälen. Die dienen dazu, den Samen zur Flugfähigkeit zu verhelfen. Das (geheime) Bestreben dieses Hibiskus-Gewächses ist es nämlich, sich möglichst weit auszubreiten auf der Welt, sie gewissermaßen zu erobern. Landet ein solcher Faserbausch irgendwo, speichern die Fasern den Regen und liefern so den Samen eine gute Starthilfe: Bald schon wachsen an der Landestelle neue Pflanzen.
Rund um unseren größten Baumwoll-Busch im Garten finden sich zahllose Setzlinge, da sind die Samen im Regen nicht gerade weit gekommen, aber die angestrebte Ausbreitung hat wenigstens kleinräumlich doch hervorragend geklappt.
Samenkapseln entlassen die Baumwolle
Bauwollpflanzen sind relativ anspruchslos, sie brauchen aber viel Wasser. Sie wachsen rasch und fangen an zu blühen, wenn sie etwa 1,50 Meter hoch sind. Die gelbe Blüte mit den roten Tupfern bezaubert den Betrachter im Garten oder als Topfpflanze auf dem Balkon oder der Terrasse. Sind die Blüten hinüber, bilden sich rasch längliche Samenkapseln, die zunächst grün sind. Wenn sie reifen, verholzen sie, werden spröde und öffnen sich, sodass die Fasern wie zahllose Wattebäusche überall oben an der Pflanze hängen, was auch lustig aussieht: „Schneefall in den Tropen?“, fragt man sich. Dann trägt der Wind sie irgendwann hinweg.
Im großflächigen Anbau wird Baumwolle in schädlicher Monokultur gepflanzt, was wegen der dadurch notwendigen Pestizide und dem enormen Wasserverbrauch sehr problematisch ist. Um 1 Kilo Baumwolle zu produzieren werden 8.000 – bis 10.000 Liter Wasser benötigt. Die Pflanzen werden aus Gründen der Produktivität jedes Jahr neu angepflanzt, was im Garten als Zierpflanze nicht nötig ist, da kann dann ein richtiger „Wollbaum“ entstehen.
Noch im Mittelalter waren Baumwollstoffe so teuer wie Seide. Die einzelnen Fasern der Baumwolle sind eben recht kurz und daraus Textilien von Hand zu verfertigen, ist eine Heidenarbeit. Deswegen hat sich Baumwolle erst mit der Industriellen Revolution global durchgesetzt, als Maschinen diese grässliche Arbeit übernehmen konnten. Und heutzutage wird die Baumwolle auch von Maschinen, statt von Sklaven, geerntet…
Als während des Amerikanischen Bürgerkriegs keine billige Baumwolle mehr aus den USA nach Europa kam – die Nordstaaten verhängten einen Lieferstopp, um die Südstaaten wirtschaftlich nachhaltig zu schädigen – wurde der Baumwollanbau in Ägypten forciert. Um die Produktion rasch he-raufzufahren, verschuldete sich Ägypten ganz erheblich. Doch nach dem Ende des Sezessionskriegs, kauften die Europäer wieder die billige Baumwolle aus den USA, und der ägyptische Staat war bankrott.
Irgendwie erinnert mich das an gerade aktuelle Diskussionen…
Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an oder besuchen Sie die Dicovery Garden Webseite oder Facebook. Für unterhaltsame und interessante Gartengeschichten in Bild und Ton besuchen Sie Hans Fritschis YouTube-Kanal – Teilen, Liken & Abonnieren erwünscht!