Algeriens Präsident Bouteflika warnt vor Chaos durch Proteste

Foto: epa/Mohamed Messara
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ALGIER (dpa) - Der Unmut in Algerien über die erneute Kandidatur des Staatschefs ist groß. Vor allem junge Frauen und Männer ziehen auf die Straße. Doch der 82-Jährige macht keine Anzeichen, dass er einlenken will.

Nach tagelangen Protesten gegen seine erneute Kandidatur hat Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika vor Chaos im Land gewarnt. Versuche, die friedlichen Märsche zu unterwandern, könnten zu Aufruhr und Krisen führen, ließ Bouteflika am Donnerstag in einer schriftlichen Botschaft erklären, die für ihn verlesen wurde. Algerien habe nach der «blutigen nationalen Tragödie» einen hohen Preis gezahlt, um Frieden und Stabilität wiederzuerlangen.

Seit Tagen protestieren in vielen Teilen Algeriens vor allem Studenten gegen eine fünfte Amtszeit des Staatschefs. Der 82-Jährige ist seit 1999 an der Macht und hatte am Sonntag seine Kandidatur für die Abstimmung am 18. April offiziell einreichen lassen. Obwohl er gleichzeitig versprach, keine volle Amtszeit mehr regieren und Reformen vorantreiben zu wollen, gingen die Proteste danach weiter.

Kritiker sehen Bouteflika nicht mehr in der Lage, das Amt auszuüben. Der Präsident sitzt seit einem Schlaganfall im Rollstuhl und hat Probleme zu sprechen. In der Öffentlichkeit zeigt er sich nur noch selten. Derzeit hält er sich zu einer medizinischen Untersuchung in der Schweiz auf. Wann er nach Algerien zurückkehrt, ist unklar.

Im Ausland gebe es viele verbitterte Menschen, die enttäuscht seien, dass Algerien die Wogen des arabischen Frühlings sicher überstanden habe, erklärte Bouteflika. Sie arbeiteten weiter an Intrigen gegen das Land. Wen er damit meinte, ließ er jedoch offen. Bereits Algeriens Ministerpräsident Ahmed Ouyahia hatte nach Beginn der Demonstrationen in Algerien auf Syrien verwiesen, wo sich 2011 Proteste gegen die Regierung zu einem Bürgerkrieg entwickelt hatten.

Algerien hatte in den 1990er Jahren einen blutigen Bürgerkrieg zwischen Regierung und radikalen Islamisten mit mehr als 150.000 Toten erlebt. Bouteflikas Anhänger schreiben es ihm zugute, dass das Land danach wieder zu Stabilität zurückkehrte.

Hunderte Anwälte zogen am Donnerstag vor das Verfassungsgericht in der Hauptstadt Algier und forderten dort eine Annullierung der Kandidatur Bouteflikas. Zudem verlangten sie eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl und die Bildung einer Regierung aus Technokraten. Sie verwiesen darauf, dass die algerische Verfassung bei langer Krankheit die Absetzung eines Präsidenten zulässt.

Bouteflikas Kritiker sehen in ihm nur noch den Strohmann eines Machtgeflechts aus Militärs, Politikern und Geschäftsleuten, die das Land regieren. Als einer der einflussreichsten Strippenzieher gilt sein Bruder Said. Vor allem das Militär ist eine wichtige Säule der Macht. Stabschef Ahmed Gaid Salah hatte in dieser Woche erklärt, die Armee werde die «Zügel» weiter in der Hand behalten, um die errungene Sicherheit zu festigen. Die Opposition ist hingegen zersplittert und konnte sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen.

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